Wie viel Raum braucht das Wasser?
08.06.2021 Kandersteg, PolitikWährend die Finanzen an der Gemeindeversammlung unbestritten waren, gaben die neu ausgeschiedenen Gewässerräume zu reden – und die Kritik daran fiel heftig aus.
PETER ROTHACHER
Für die Gemeindeversammlung von Kandersteg, die letzten Freitag stattgefunden hat, ...
Während die Finanzen an der Gemeindeversammlung unbestritten waren, gaben die neu ausgeschiedenen Gewässerräume zu reden – und die Kritik daran fiel heftig aus.
PETER ROTHACHER
Für die Gemeindeversammlung von Kandersteg, die letzten Freitag stattgefunden hat, waren 69 Anmeldungen eingegangen. «Wohl wetterbedingt sind nun bloss 55 Stimmberechtigte anwesend», stellte Gemeindepräsidentin Barbara Jost zur Begrüssung fest, um dann sogleich dem Finanzchef Reinhard Höllstin für die weiteren Zahlen das Wort zu erteilen.
Bei der Erläuterung der Jahresrechnung 2020 sprach dieser von einem «recht erfreulichen» Ergebnis. «Der allgemeine Haushalt schliesst nach Einlagen von 1711 Franken in die finanzpolitische Reserve und 50 000 Franken in die Vorfinanzierung Infrastrukturen erneut mit einer schwarzen Null ab.» Das Minus von gut 11 000 Franken im Gesamthaushalt entspreche bloss der Hälfte des budgetierten Aufwandüberschusses. Für unvorhergesehene Turbulenzen im Finanzbereich habe im vergangenen Jahr unter anderem das Gefahrenpotenzial beim Spitzen Stein gesorgt. Die aus eigenen Mitteln finanzierten Nettoinvestitionen werden mit rund 900 000 Franken ausgewiesen.
Im Revisorenbericht wurde die Jahresrechnung mit Aktiven und Passiven von 14,9 Millionen Franken zur Genehmigung empfohlen. Diskussionslos und ohne Gegenstimmen billigten die Anwesenden (6,33 Prozent der Stimmberechtigten) die Rechnung und nahmen die in der Gemeinderatskompetenz liegenden Nachkredite von knapp 1,3 Millionen Franken zur Kenntnis.
In Etappen abgestimmt
Über die Teilrevision der Ortsplanung orientierte Gemeinderätin Franziska Ryter: «Wir bringen bei dieser komplexen Vorlage die einzelnen Teile separat zur Abstimmung und starten mit dem Baureglement.» Nachdem sämtliche geänderten Artikel präsentiert worden waren, wurde das Reglement genehmigt. Auch der Zonenplan Siedlung war unbestritten. Das Gelände, auf dem früher Baracken der Armeeapotheke standen und das derzeit als Parkplatz dient, wird somit zur Gewerbezone.
Nicht so einfach lief es dann bei den Zonenplänen Gewässerräume Teil Dorf, Teil Oeschinen, Teil Ueschinen und Teil Gastern. Das Kandersteger Gewässernetz ist insgesamt 211 Kilometer lang. Bereits dicht überbaute Gebiete entlang von Gewässern – wie etwa im Ortszentrum – können allerdings als solche deklariert und ausgeschieden werden. Die ansonsten neu als Korridor festgelegten Gewässerräume sollen die natürliche Funktion der Gewässer, den Hochwasserschutz und die Gewässernutzung gewährleisten. Dazu eingegangene Einsprachen sind vom Gemeinderat als «gegenstandslos» oder «abzuweisen» klassiert worden. «Wenn ihr unserem Antrag zustimmt, prüft das Amt für Gemeinden und Raumordnung die Rechtmässigkeit des Ganzen», wurde auf eine entsprechende Frage aus den Reihen der Anwesenden erklärt.
Lob und Tadel
Während mehrere Votanten das Mitwirken des Gemeinderats beim Erarbeiten der Gewässerräume würdigten, erntete das Planungsbüro Kritik. Dabei fielen Bezeichnungen wie «haarsträubend» und «total enttäuschend». Für Landwirtschaft und Tourismus gehe es teilweise um einschneidende Massnahmen. Man habe die Planer vor Ort vermisst, und diese seien zu wenig auf die Anliegen der Arbeitsgruppe eingegangen. Ausserdem sei die mit dem Kanton verlangte Sitzung kurzfristig abgesagt worden. «Wenn der Gemeinderat selber Messungen am Gewässer vornehmen muss, stimmt doch etwas nicht», wurde moniert.
Man müsse die Gesetzgebung zwar umsetzen, den Spielraum aber nutzen, betonte ein Sprecher. «Bei allfälligen Gewässerräumen im Wald sind beispielsweise Probleme in Bezug auf Bike-Trails, Langlaufloipen und Wanderwege vorprogrammiert.» Aus der Versammlung wurde der Antrag gestellt, generell auf die Ausscheidung von Gewässerräumen im Wald – der genügend geschützt sei – zu verzichten. Mit 30 zu 15 Stimmen fand dieser Antrag Zustimmung. Der Zonenplan Teil Dorf wurde mit 33 Ja- zu 10 Nein-Stimmen genehmigt. Anschliessend wurden auch die anderen Gewässerraumpläne akzeptiert.
Voten zu aktuellen Themen
Über das Rutschgebiet beim Spitzen Stein orientierte Gemeinderat Sebastian Bichsel die Anwesenden: «Im vergangenen Winter, der sehr viel Schnee gebracht hat, wurden nur tiefe Bewegungsraten registriert. Am 28. Januar 2021 hat aber eine Lawine zwei der Überwachungsinstrumente beschädigt. Diese werden, wenn das Wetter mitmacht, in den kommenden Tagen durch neue ersetzt.» Das Sperrgebiet bleibe zwar weiterhin noch bestehen, könne jedoch am Südufer des Oeschinensee angepasst werden. «Aktuell wird die Zweitmeinung zu den Sekundär- und Tertiärprozessen bezüglich Murgang und Hochwasser erstellt.»