Ein Trend, der in die Beine geht
23.07.2021 Tourismus, GesellschaftDas Wandern ist mit Abstand die beliebteste Sportart der Schweizer und boomte schon längst vor Corona. Was Wanderer motiviert und welche Ziele sie bevorzugen, zeigt eine neue Studie. Auch das Verhältnis zu Bikern wird darin kurz beleuchtet.
BIANCA HÜSING
Seit Jahren ...
Das Wandern ist mit Abstand die beliebteste Sportart der Schweizer und boomte schon längst vor Corona. Was Wanderer motiviert und welche Ziele sie bevorzugen, zeigt eine neue Studie. Auch das Verhältnis zu Bikern wird darin kurz beleuchtet.
BIANCA HÜSING
Seit Jahren wird der Skilanglauf als neue Trendsportart gehandelt. Tatsächlich ist der Anteil langlaufender Schweizer zwischen 2014 und 2019 um 30 Prozent gestiegen. Doch im Vergleich zu anderen Sportarten ist der Langlauf noch immer eher ein Randphänomen. 2019 gaben nur 5,3 Prozent der Schweizer an, dieser Aktivität nachzugehen. Am beliebtesten sind hierzulande nach wie vor Wandern, Radfahren, Schwimmen und Skifahren, wobei Letzteres ganz leicht an Beliebtheit eingebüsst hat. Wenn wirklich eine Sportart als «Trend» oder «boomend» bezeichnet werden kann, dann ist es das Wandern. 57 Prozent der Schweizer gingen 2019 wandern / bergwandern – was ebenfalls einer satten Zunahme um gut 30 Prozent entspricht.
Diese Erkenntnisse aus der Studie «Sport Schweiz 2020» nahmen das Bundesamt für Strassen (ASTRA) und der Verein Schweizer Wanderwege zum Anlass, eine Erhebung speziell fürs Wandern durchführen zu lassen – zu den bevorzugten Routentypen, den grössten Störfaktoren, aber auch zur Wertschöpfung von Wanderern.
Bei Tageswanderungen hat Luzern die Oberhand
Was die beliebtesten Ziele der Schweizer betrifft, so hängt die Antwort stark davon ab, ob das Wandern mit einer Übernachtung verbunden wird. Für reine Tageswanderungen steht Luzern mit 17,4 Prozent an der Spitze, gefolgt von der Ostschweiz (14,4 Prozent) und dem Genferseegebiet (8,7 Prozent). Das Berner Oberland wird nur von 6,5 Prozent der Wanderer für Tagesausflüge angesteuert.
Für Wanderungen mit Übernachtungen (siehe Grafik) ist das Berner Oberland hingegen sehr beliebt und steht mit 19,2 Prozent auf Platz 2 hinter dem Wallis (23,5 Prozent). Als Unterkünfte werden mit Abstand am häufigsten Hotels gewählt. Erst bei mehrtägigen Wanderungen gewinnen auch SAC-Hütten an Bedeutung. Insgesamt wird die Anzahl der bezahlten Logiernächte durch Wanderer auf 4,4 bis 6,3 Millionen geschätzt. Pro Tag gibt ein Wanderer durchschnittlich 60 Franken aus. Ausländische Wandertouristen sind mit 90 Franken etwas spendabler. Beide Gruppen generieren zusammen schätzungsweise 3,6 Milliarden Franken Umsatz.
Alpin wandern die wenigsten
Nicht jeder Schweizer wandert besonders oft oder besonders lange. So gibt es viele, die zwar über 50-mal pro Jahr losgehen, aber höchstens zwei Stunden unterwegs sind. Andere unternehmen seltene, dafür jedoch lange Touren. Im Mittel kommt die Studie auf 15 Wanderungen zu je drei Stunden pro Person und Jahr. 80 Prozent der Befragten wandern auch im Winter.
Dass es sich dabei nicht um blosses Spazierengehen handelt, zeigt die bevorzugte Art der Routen. 86 Prozent aller Wanderer sind auf den gelb markierten Wegen mit geringem Schwierigkeitsgrad unterwegs. Die weiss-rot-weissen Bergwanderwege sind mit 83 Prozent fast ebenso begehrt. An die Alpinwanderwege (blau-weiss-blau) wagen sich indes nur 32 Prozent.
Lärm, Abfall und Velos
Die Schweizer wandern hauptsächlich ihrer Gesundheit und der Natur zuliebe, suchen aber auch Entspannung. Herumliegender Abfall oder lauter Verkehr nervt die Befragten daher mit Abstand am meisten – auch wenn sie beides selten vorfinden. Relativ oft kreuzen dagegen Biker die Wege der Wanderer: 34 Prozent geben an, häufig oder sehr häufig auf Radfahrer oder Mountainbiker zu treffen. Gestört fühlen sich davon insgesamt 37 Prozent, wobei dieser Anteil mit dem Alter der Befragten deutlich zunimmt. Mehr als die Hälfte der über 59-jährigen Wanderer nervt sich an Zweirädern. Frei erfunden ist dieser vielfach diskutierte Konflikt also offensichtlich nicht.
Die Studien «Sport Schweiz 2020» und «Wandern in der Schweiz 2020» finden Sie online unter www.frutiglaender.ch/web-links.html
Wer wandert?
Der durchschnittliche Wanderer ist deutschsprachig, weiblich und 50 Jahre alt. Mit 53 Prozent ist der Frauenanteil an der Trendsportart allerdings nur geringfügig höher. Am beliebtesten ist Wandern bei 60- bis 74-Jährigen, doch der grösste Zuwachs lässt sich bei den 15- bis 26-Jährigen beobachten. Insgesamt spricht die Studie von einer «Lifetimesportart», die man praktisch in jedem Alter ausübt – und über kulturelle «Grenzen» hinweg. In allen drei Sprachregionen der Schweiz geht über die Hälfte der Bevölkerung wandern, in der Deutschschweiz sind es allerdings noch etwas mehr als in der Romandie oder in der italienischen Schweiz.
Zwischen Stadt- und Landbevölkerung gibt es nur einen kleinen Unterschied: Beide Gruppen wandern gern, Landbewohner jedoch noch etwas lieber. Anders sieht es bei der Nationalität aus. Von den Einwohnern mit Schweizer Pass wandern 60 Prozent, von jenen mit ausländischem Pass 42. Auch das Einkommen und der Schulabschluss spielen eine Rolle. Je mehr die Befragten verdienten und je höher ihr Bildungsgrad war, desto eher zählten sie sich zu den Wandernden.
HÜS