Ein Grammy-Gewinner zum Anfassen
17.08.2021 Frutigen, KulturVon Freitag bis Sonntag fand das Country-Festival 2021 statt, und für den Headliner Jim Lauderdale war es wie ein Heimkommen. Der US-Amerikaner sah den Niesen, und sofort gingen seine Gedanken zurück in die 1980er-Jahre, als er zum ersten Mal in Frutigen war. Lauderdale zeigte sich von seiner persönlichen Seite, und entsprechend wurde er gefeiert. Bands wie Tuff Enuff, Frets Unlimited, Knopf, Rosewood, Buddy Dee & The Ghostriders, Come Online und Georg Hug rundeten das Bühnenprogramm ab.
MICHAEL SCHINNERLING
Jim Lauderdale ist eindeutig ein Fan der Region und ihrer Bewohner. «Diese wunderbaren Berge, der schöne Niesen, den ich liebe, und die tollen Menschen – darauf freute ich mich», so der US-Amerikaner. «Die Leute hier sind noch herzlich, geerdet und wunderbar.» Schon am Freitagabend mischte sich der Sänger unter die Besucher. Schaute hier vorbei, suchte dort das Gespräch und zeigte, wie nahbar ein zweifacher Grammy-Gewinner aus der Country-Musik-Szene sein kann.
Eröffnet wurde das dreitägige Country-Festival von Frets Unlimited. «Wir spielen abwechslungsreiche amerikanische Folk-Musik, klassischen und modernen Bluegrass mit Old-Time-Elementen sowie Folksongs», so Bandleader Silvio Beltrametti. Mit Stücken wie «Marbletown», «Annabelle» oder «Molly» wusste die Startformation das Puplikum zu überzeugen. «Uns allen ist Bluegrass-Musik sehr wichtig. Auch wenn es nicht zu unserer Tradition gehört, ist es trotzdem Tradition geworden», fand Beltrametti.
Lauderdale sah und hörte die Band und war hellauf begeistert. Die letzten fünf Stücke spielten die Thuner Band und Lauderdale gemeinsam. Die Freude bei den Besuchern war gross.
Buddy Dee war «back in town»
Wenn Buddy Dee & The Ghostriders auf der Bühne sind, ergibt sich mitunter eine fast explosive Stimmung: Es knallt musikalisch und die Füsse gehen automatisch im Takt mit. Mit eigenen Songs wie «Daydreamin», «Back in Town» oder «Wild & Crazy» liess es der Entertainer Buddy Dee mit seinen Jungs richtig krachen. Er begeisterte mit Country, Hillbilly und Rock’n’Roll. Seine 39 Jahre Bühnenerfahrung waren zu hören und zu spüren. «Entertainment wird bei mir grossgeschrieben. Und wenn ich mit meiner Musik dazu beitragen kann, dass die Leute ihre Sorgen und Nöte für einen Moment vergessen können, ist mein Ziel erreicht», so Buddy.
Zu Tränen gerührt
Lauderdale stand in seinem lila Anzug auf der Bühne und lächelte ins Publikum. Die Brüder Marc, Paul und Serge Bonvin unterstützten den Amerikaner bei seinem Auftritt. Bei Songs wie «The King Of Broken Hearts», «Divide & Conquer» begeisterten sie das Publikum.
Überhaupt war es ein emotionaler Abend, den Lauderdale Aschi Maurer widmete. Es war eine Art Liebeserklärung an seinen erstes Gastspiel am Singer & Songwriter Festival in Frutigen, das von Aschi Maurer († 2017) geprägt worden war. Die berührenden Worte an die vor Ort anwesende Familie Maurer rührten einige Besucher zu Tränen.
Songs zum Wachwerden
Mit Tuff Enuff kamen allseits bekannte Gäste nach Frutigen. Schon letztes Jahr spielten sich die Zürcher mit ihrer charmanten Art in die Herzen der Besucher. «Da wir erst sehr spät auf die Bühne kommen, haben wir ein Set zum Muntermachen zusammengestellt, sodass alle wieder hellwach werden», kündigte die Band an. «Wir wünschen uns, dass das Publikum auch nach 23 Uhr voll dabei ist und mitmacht. Das wäre schön!» Als die Herren dann «Eine nähme mer no» sangen, waren auch die letzten Gäste wieder wach und sangen mit. «Es war schön, dass die Leute bis zum Schluss geblieben sind. Wir boten ja auch optisch etwas» erklärte Peter Burkhardt schmunzelnd.
Auch Rosewood, so etwas wie der zweite Headliner, hatten sich speziell auf das Frutiger Publikum vorbereitet. «Wir haben Spass an dem, was wir machen, bereiten uns allerdings wie die Sportprofis auf jeden Auftritt vor», liess die Band wissen. «Unsere Setlist haben wir genau auf Frutigen zugeschnitten.» Die Mühe lohnte sich: Mit Titeln wie «Ride», «A Day by the Lake» oder «Life is Good» konnten sie das Publikum überzeugen. «Wir waren froh, wieder auf der Bühne zu stehen», so das Fazit von Rosewood.
Wenn der Priester dem Rabbi das Auto wäscht ...
Lukas Zaugg, Pfarrer in der Pfimi Frutigen, hielt einen Kurzgottesdienst. «Worüber ich sprechen soll, musste ich nicht lange überlegen», so Zaugg. «Was uns alle hier verbindet, ist die Freude an der Musik.» Und so erzählte er die Geschichte vom Rabbi und dem Priester, die nebeneinander wohnten. «Ich könnte ja nett sein und dem Rabbi das Auto waschen», überlegte der Priester. Gesagt, getan. Wenig später blickte der Priester zufällig aus dem Fenster. Er sah den Rabbi bei seinem eigenen Auto – mit einer riesigen Heckenschere hantierte er an dessen Auspuff herum. Entrüstet rannte er nach draussen. «He, stopp – was machst du da?» Der Rabbi entgegnete: Weil du die Frechheit hattest, mein Auto zu taufen, werde ich deines jetzt beschneiden.» Es sei immer gut, das Verbindende zu suchen, so das Fazit von Pfarrer Zaugg – «damit es uns nicht geht wie dem Priester und dem Rabbi».
Im Anschluss spielte die Band «Come Online». Mit Gospel und Country, angelehnt an den christlichen Glauben, regten die Musiker dazu an, über sich und ihre Umwelt nachzudenken: «Es gibt immer eine Lösung – und die heisst Gott.» Denn Gott sei jemand, der einen begleitet und einem hilft, so die Musiker.
Den Abschluss bildete Knopf und Band. «Es war schön, hatte es noch Leute im Zelt, die uns zuhörten», so der Interlakner. «Für uns war es ein schöner Auftritt, und wir sind mehr als zufrieden.»