Diskussion um den Dorfkern
12.10.2021 Frutigen, PolitikWie gross soll die Kernzone im Dorf künftig sein? Und wo sollen welche Nutzungen erlaubt oder sogar vorgeschrieben werden? Auf die Vorschläge des Gemeinderats zu diesem Thema sind einige Stellungnahmen eingegangen – und der BLS wird mehr Zeit eingeräumt.
HANS RUDOLF ...
Wie gross soll die Kernzone im Dorf künftig sein? Und wo sollen welche Nutzungen erlaubt oder sogar vorgeschrieben werden? Auf die Vorschläge des Gemeinderats zu diesem Thema sind einige Stellungnahmen eingegangen – und der BLS wird mehr Zeit eingeräumt.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Es gebe noch nicht viel zu sagen, meint Gemeinderatspräsident Hans Schmid auf die Frage, wie es vorangehe mit den Planungsinstrumenten für den Frutiger Dorfkern. Die Ideen des Gemeinderats zur Modernisierung der teils 30-jährigen Vorschriften lagen bis vor gut einem Monat öffentlich zur Einsicht und Stellungnahme auf. An einem Informationsabend wurden erwartungsgemäss mehrheitlich kritische Punkte angesprochen. Es war klar, dass einige Arbeit auf die Planungskommission unter Schmids Leitung zukommen würde. «Es hat etliche Eingaben gegeben. Diese studieren wir nun genauer», zieht er eine Bilanz nach den ersten Sitzungen.
Die Rolle der Neat
Die Gemeinde schlägt vor, die Kernzone zu verkleinern und zum Beispiel die Obere Bahnhofstrasse von einigen Vorgaben wie der Geschäftspflicht im Erdgeschoss auszunehmen. Im Gegenzug will man Zonen mit Planungspflicht (ZPP) schaffen, um ganze Quartiere besser aufeinander abstimmen zu können. Diese drei ZPP sind vis-à-vis des heutigen Bahnhofs, der Lische / Thönenmatte und rund um die ehemalige Landi bis zum Leimbach und der Oberen Bahnhofstrasse vorgesehen. Mehrfach ist dabei die BLS involviert. «Das Bahnunternehmen hat um eine Fristverlängerung gebeten, um seine eigenen Projekte noch weiterplanen zu können. Es geht unter anderem um die Liegenschaften rund um den historischen Bahnhof», sagt der Gemeinderatspräsident. Zudem hänge die Planung auch davon ab, wie es nach dem Ausbau des Lötschberg-Basistunnels auf dem Bahnareal aussehen soll und könnte. Der BLS wurde nun Zeit bis Ende Jahr zugestanden, um detaillierter Stellung zu den Frutiger Vorschlägen zu nehmen. Dadurch werde die Weiterbearbeitung zeitlich verzögert.
Knackpunkt Strassenabstand
Wie am Infoabend bereits aufs Tapet gebracht wurde, stehen viele einzelne Aspekte zur Diskussion. Hans Schmid: «Beschäftigen werden uns im Dorfkern vor allem die Abstände.» Wie weit von der Strasse dürfen künftig Wohnungen entstehen, und von wo aus misst man diesen Abstand überhaupt? Wo dürfen Ladenlokale im Erdgeschoss unter Einhaltung der Lärmgrenzwerte in Wohnungen umgebaut werden? Kann die Baulinie – der Abstand der Hausfassaden von der Strasse – vereinheitlicht werden, wenn neu gebaut wird? Und wo bleiben Ladenlokale weiterhin verpflichtend? Heute sind sie in der Kernzone vorgeschrieben. Es gibt Vorschläge, die Ausdehnung dieser Zone (vom Märitplatz bis zum Leimbach und ins Widi) noch weiter, als vom Gemeinderat vorgeschlagen, zu verkleinern. Auf all diese Fragen, Anregungen und Forderungen werden jetzt konkrete Antworten erwartet. Es wird einen Kompromiss geben, so viel ist klar. Zu unterschiedlich sind die Interessen von Liegenschaftsbesitzern, Wohnungsmietern und Geschäftsleuten, wenn es ums Detail geht.
Der Entscheid wird an der Urne gefällt
Alle Eingaben werden von der Planungskommission mit Unterstützung von externen Beratern ausgewertet. Dann gehen die Unterlagen zur Vorprüfung an den Kanton, anschliessend folgt die öffentliche Auflage. Letzten Endes – nach allfälligen Einspracheverhandlungen – wird das Stimmvolk über dieses Projekt an der Urne entscheiden können. Das könnte etwa im Sommer oder Herbst 2022 passieren.
Schmid macht deutlich, dass das Vorhaben keine raschen und grossen Veränderungen im Dorfbild bringt, aber längerfristig doch mehr Möglichkeiten als die heutigen teils veralteten Vorgaben bieten wird.
Was steckt dahinter?
Die grundsätzlichen Ziele der Gemeinde gemäss Projektbeschreibung: Die verschiedenen, teils überlappenden Planungsinstrumente sollen vereinfacht werden. Wo möglich, sollen die Inhalte der Überbauungsordnung Kern und des Richtplans Kern in den Zonenplan und das Baureglement überführt werden. Das Dorfleben mit Gewerbe, Detailhandelsgeschäften und Restaurationsbetrieben soll gestärkt werden, das Wohnen im Ortszentrum aber attraktiv bleiben. Die Gemeinde will mögliche Entwicklungsgebiete besser erkennen und sicherstellen, dass «gute» Projekte im Gesamtinteresse von Frutigen – auch gegen Einzelinteressen – realisiert respektive «schlechte» Projekte verhindert werden können. Die Planungsbehörde soll dabei mitwirken dürfen und können. Weitere Themen sind die verdichtete Bauweise in der Kernzone und die Erhaltung oder Schaffung attraktiver Strassenräume.
HSF