Im Einsatz für die christlichen Werte
09.11.2021 Frutigen, KrattigenIn Bern sind Anton Josi und Patrick Stahel von der Evangelischreformierten Kirche zum Sozialdiakonen und Katecheten ausgebildet worden. Die Vorgeschichte der beiden ist noch unterschiedlicher als ihre neuen Aufgaben bereiche.
PETER ROTHACHER
31 Frauen und Männer sind ...
In Bern sind Anton Josi und Patrick Stahel von der Evangelischreformierten Kirche zum Sozialdiakonen und Katecheten ausgebildet worden. Die Vorgeschichte der beiden ist noch unterschiedlicher als ihre neuen Aufgaben bereiche.
PETER ROTHACHER
31 Frauen und Männer sind Ende August im Berner Münster zum sozialdiakonischen und katechetischen Amt beauftragt worden. An der Feier der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn (refbejuso) wurden auch zwei Männer offiziell ins Amt eingesetzt, die in unserer Region wohnhaft sind: Anton Josi aus Frutigen und Patrick Stahel aus Krattigen. Die altersmässig wohl in der Mitte ihres Lebens stehenden Berufsleute stammen aus religiösen Familien unterschiedlicher Prägung. Der «Frutigländer» hat die beiden zu ihrem jeweiligen Werdegang, dem neuen Wirkungskreis und den daraus resultierenden Aufgaben befragt.
Als Sozialdiakon in Münsingen tätig
Anton Josi wurde in Frutigen geboren, und ist auch dort aufgewachsen. Als gelernter Heizungsplaner hat er im Bausektor Fuss gefasst und bis zu einem Gleitschirmunfall eine kleine Firma geführt. «Beim Unfall erlitt ich eine inkomplette Querschnittlähmung. Die Lähmung gewisser Muskelpartien schränkt meine Mobilität ein, ich ermüde relativ rasch und brauche mehr Zeit, um mich zu erholen», berichtet der heute 45-Jährige. Aufgrund der körperlichen Einschränkungen hat er sich für eine Umschulung zum Sozialarbeiter an der Berner Fachhochschule entschieden. Bereits 2017 konnte Josi – der mittlerweile verheiratet und Vater dreier Kinder ist – in der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Münsingen eine Teilzeitstelle als sozialdiakonischer Mitarbeiter antreten. «Ich habe mein Studium mit theologischen Weiterbildungsmodulen bei Refbejuso ergänzt.» Zum Abschluss dieser Ausbildung wurde die Einführung in das kirchliche Amt des Sozialdiakons gefeiert. Im Kirchgemeindegebiet Münsingen sind die kirchlichen Aufgaben auf viele Köpfe verteilt. Neben dem siebenköpfigen Pfarrteam, der Katechetik und der Verwaltung arbeiten im sozialdiakonischen Bereich vier Personen in den Bereichen Kind und Familie, Jugend, Alter und dem Querschnittbereich Soziales. Zudem wird eine Ausbildungsstelle Sozialdiakonie angeboten.
Die Aufgaben sind vielfältig
Der Frutiger ist primär für die kirchliche Sozialberatung zuständig. «Dabei geht es oft nicht nur um Geld. Finanzprobleme sind meistens nur die Spitze des Eisbergs.» Zudem koordiniere er die Freiwilligenarbeit, leite einen monatlichen Männertreff und halte nebst anderem auch vereinzelt gottesdienstliche Feiern ab. Im Vordergrund stehe aber die Einzelfallhilfe, betont er; wobei seine Aufgabe und die angebotenen Hilfeleistungen nicht an die Konfession gebunden seien: «Oftmals stehen Menschen mit Migrationshintergrund und verschiedensten Religions- und Glaubensansichten bei uns an der Tür und bitten um Hilfe und Unterstützung. Gemäss dem kirchlichen Auftrag wird diese niemandem verweigert.» Wobei sie natürlich nicht immer wie von den Hilfesuchenden gewünscht aussehe. «Die Unterstützung geschieht innerhalb eines festgesetzten Rahmens. Dabei spielt das sozialarbeiterische Handwerk eine bedeutende Rolle.»
Josi ist durch seine Biografie und Erfahrung bereits mit einem breiten religiösen Spektrum vertraut. Während der Ausbildung zum Sozialarbeiter und in der Evangelisch-reformierten Theologie ist er zur Erkenntnis gelangt, «dass wir für ein funktionierendes Miteinander vermehrt das Verbindende suchen müssen, und nicht das, was uns voneinander trennt.» Es gehe darum, durch gegenseitiges Interesse Beziehungen zu ermöglichen, Gräben zu überwinden und die Gesellschaft weiterzuentwickeln.
Die Liebe holte ihn ins Land
Patrick Stahel wohnt zusammen mit seiner Frau seit April 2021 in Krattigen. Geboren wurde er 1974 im Erzgebirge der ehemaligen DDR. Nach der Schulzeit hat er eine Ausbildung zum Elektroinstallateur mit Fachhochschulreife absolviert und sich zudem in der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) engagiert. «Da einige Leute glaubten, ich hätte das Zeug zum Pfarrer, bestritt ich 1995 nach einigem Zögern das einjährige Vorpraktikum dazu. Durch die Bezirkskonferenz habe ich danach die Empfehlung zum Studium der Theologie erhalten.» In Reutlingen dauerte dieses – inklusive eines Zwischenjahrs im Königreich Tonga – bis 2003. Nach einer dreijährigen Anstellung auf Probe wurde Patrick Stahel zum Pfarrer der EmK ordiniert. «In dieser Funktion habe ich mich in Deutschland während insgesamt 12 Jahren hauptsächlich den Schwerpunkten Jugendarbeit und Krisenintervention für junge Menschen gewidmet. Eine schöne Zeit, in der ich aber auch tragische Situationen erlebte, die mir nahegingen.» Die Schweiz hat der heute 47-Jährige bereits während der Ausbildungszeit dank regelmässiger Besuche in Bern kennengelernt. Da machte er auch mit einer Schweizerin Bekanntschaft. Als er diese – sie war mittlerweile geschieden und Mutter zweier erwachsener Töchter – später wieder traf, verliebten sich die beiden. «Ich kündigte 2015 meinen Job in Deutschland, wir haben geheiratet, ich zog in die Schweiz und widmete mich in der Folge während zwei Jahren in Herzogenbuchsee primär der vierköpfigen Familie.»
Vom Pfarrer zum Katecheten
Nach diversen erfolglosen Spontanbewerbungen hat sich Patrick Stahel in Bern über RefModula zum Katecheten ausbilden lassen. Dieses Studium im Äquivalenzverfahren hat er 2020 abgeschlossen, wobei die Beauftragung wegen Corona erst im vergangenen August gefeiert werden durfte. Bereits 2018 konnte der ehemalige Pfarrer jedoch eine 30-Prozent-Anstellung in der Jugendarbeit von Grenchen antreten.
«Bei der Kirchgemeinde Grenchen-Bettlach habe ich seither ein sehr vielfältiges Arbeitsfeld aufbauen dürfen. Vor allem bei der Neuschaffung einer Arbeit für Jugendliche und Teens. Dazu unterrichte ich zwei 7. Klassen und eine 8. Klasse im Religionsunterricht der Schule.» Zusammen mit einem Pfarrer gestaltet er im Weiteren den Konfirmationsunterricht und die Konfirmationen. Er leitet ein Lager für Kinder und ist auch im Leitungsteam eines Lagers für Teens tätig. «Zudem habe ich einen grossen Teil der grafischen Gestaltung der Printmedien der Kirchgemeinde übernommen. Mit der Beauftragung zur technischen Umsetzung von deren wöchentlicher Videoarbeit in der Corona-Zeit konnte ich mein Pensum auf gegen 100 Prozent aufstocken», bilanziert Stahel. Das Gemeinschaftsgefühl sei über alle Generationen hinweg eine ganz wichtige Sache. «Aber ganz speziell bei den Jugendlichen.»
Deklaration der Ämter
Dem katechetischen Amt ist die Verantwortung übergeben für
• die öffentliche Verkündigung der Frohen Botschaft an Kinder, Jugendliche und Familien in religionspädagogischem Handeln und in gottesdienstlichen Feiern,
• die Befähigung der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu eigenem Denken und solidarischem Handeln vor dem Hintergrund christlicher Werte,
• die Befähigung der Kinder, Jugendlichen und Familien, aus dem Glauben heraus Verantwortung für ihr Leben und den Aufbau der Gemeinde zu übernehmen,
• die spirituelle Begleitung der anvertrauten Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, • die geistliche Leitung in katechetischen Belangen.
Dem sozialdiakonischen Amt ist die Verantwortung übergeben für
• die öffentliche Verkündigung der Frohen Botschaft für eine soziale und gerechte Gesellschaft,
• die Solidarität mit den Benachteiligten hier und weltweit und die materielle Unterstützung in Notlagen, damit sein Dienst ein Zeichen der Liebe Gottes für die Menschen sei,
• soziale und kulturelle Begegnungsmöglichkeiten für ein Zusammenleben unterschiedlicher Menschen in Würde und Respekt,
• Begleitung und Beratung,
• die geistliche Leitung in sozialdiakonischen Belangen.
REFBEJUSO / PRR