JAHRESRÜCKBLICK 2021 – TEIL 1
28.12.2021 RegionJANUAR
Auch im neuen Jahr bleibt Corona das alles beherrschende Thema. Der Region beschert die Pandemie ungewollt einen historischen Moment: Zum ersten Mal findet der Adelbodner Weltcup ohne den berühmten «Hexenkessel» statt, die stimmungsvolle ...
JANUAR
Auch im neuen Jahr bleibt Corona das alles beherrschende Thema. Der Region beschert die Pandemie ungewollt einen historischen Moment: Zum ersten Mal findet der Adelbodner Weltcup ohne den berühmten «Hexenkessel» statt, die stimmungsvolle Zuschauertribüne. Im Zielhang ist es so still, dass man die Fahrer fluchen oder jubeln hören kann. Sogar die Langlaufloipe mit Blick auf den Zielhang bleibt ausnahmsweise nutzbar (siehe Foto). Trotz der ungewöhnlichen Umstände zieht Geschäftsführer Christian Haueter eine positive Bilanz und meint: «Die Veranstaltung 2021 wird als Homeoffice-Rennen in die Geschichte eingehen.» Nicht so glücklich sind die Organisatoren des Lauberhornrennens. Dieses wird wegen hoher Fallzahlen in Wengen abgesagt.
Zur gleichen Zeit keimt Hoffnung punkto Pandemiebekämpfung: Am 11. Januar öffnen fünf von acht Impfzentren im Kanton Bern, unter ihnen auch jenes der Spitäler fmi AG in Interlaken. Über 75-Jährige bekommen ihren ersten Pieks – und ihre erste mRNA-Impfung überhaupt.
Zum Jahresbeginn ist die Enttäuschung vieler KandergrunderInnen über die Causa Mitholz noch immer gross. 60 EinwohnerInnen schreiben einen offenen Brief an Bundesrätin Viola Amherd und fordern ein transparenteres Vorgehen seitens des VBS sowie eine kürzere Evakuierungsdauer. Von seinen Plänen will das VBS zwar nicht abrücken, doch setzt es fortan vermehrt auf Dialog. Ab Juni fungiert Grossrat Matthias Matti als «Teilprojektleiter Unterstützung Bevölkerung» und sucht nach fairen Lösungen für jene, die ihr Heim zurücklassen müssen.
FEBRUAR
Auch im Kiental gibt es Differenzen. Nachdem knapp 3000 Personen eine Petition gegen die Erweiterung des Naturschutzgebiets Tschingel unterzeichnet haben, bittet die Gemeinde zum Gespräch. Im Beisein der kantonalen Fachstellen formulieren die Kritiker ihre Wünsche und machen sich dafür stark, dass weiterhin touristische Nutzungen wie Langlaufen oder Eisklettern möglich sein sollen. Die Aussprache wird zwar von allen Seiten für sehr gut befunden. Doch erledigt ist das Thema damit noch nicht. Im Dezember wird sich der Grosse Rat mit klarer Mehrheit gegen eine Erweiterung des Naturschutzgebiets aussprechen. Dass der Regierungsrat dieser Forderung nachgehen kann, ist indes unwahrscheinlich.
Langlauf ist auch in Kandersteg ein grosses Thema. Dieses Jahr hätte der populäre Volkslauf zum 50. Mal stattfinden sollen. Aufgrund der Pandemie zeigt sich das OK jedoch flexibel und kreativ und ruft die Nordic Day Challenge ins Leben. Bei diesem individuellen Event kann sich jeder Langläufer mittels eines Zeitmesser-Chips selbst herausfordern. Der 14-jährige Elia Studer macht begeistert mit und teilt seine Erfahrungen mit den «Frutigländer»-Lesern.
Persönliche Erfolge gibts auch für den Frutiger Nationalrat Jürg Grossen und den Adelbodner Koch Björn Inniger (Foto). Ersterer wird für zwei weitere Jahre in seinem Amt als Präsident der glp Schweiz bestätigt. Letzterer erhält seinen ersten Guide-Michelin-Stern – und das Frutigland seinen ersten Sternekoch.
MÄRZ
Ob Sterneküche oder nicht: Für Restaurantbetreiber gibt es aktuell eher wenig zu feiern. Noch immer befinden sie sich im Shutdown. Gegen den Protest von GastroSuisse beschliesst der Bundesrat, die Massnahme auch über Ostern aufrechtzuerhalten. Erst später im April dürfen die Terrassen wieder geöffnet werden. Bis dahin können Beizer immerhin einen Mittagstisch für Büezer anbieten. Im Tal machen einige von dieser Möglichkeit Gebrauch. Auch die Frutigländer Schulen müssen sich umorientieren und ihre Mittagstische teils verlegen. So speisen die Krattiger Schüler zeitweise im Gemeindesaal, um später wieder ins (ansonsten leere) Restaurant zurückzukehren.
Für die Schwinger gibt es einen Lichtblick – jedenfalls für manche. Seit Mitte März dürfen 120 ausgewählte AthletInnen wieder mit Körperkontakt trainieren, darunter auch Thomas Inniger und Curdin Orlik. Die Jüngeren durften bereits früher wieder ins Sägemehl. Für sie steht mit dem Jungschwingertag in Thun ein erstes Saisonhighlight auf dem Programm – eine Gelegenheit, die 46 Kids aus dem Tal gern ergreifen, unter ihnen die Jungschwinger aus Reichenbach (Foto oben).
Trotz Corona blickt die Niesenbahn AG relativ zufrieden auf das Jahr 2020 zurück. Man sei mit einem «blauen Auge» davon gekommen. Weil der Winter im Vergleich zum Vorjahr schneereich war, ziehen die kleinen Skigebiete Faltschen, Aeschiallmend und Oeschinen eine durchaus positive Bilanz.
Freuen kann sich Enya Mürner vom SK Frutigen (kleines Bild). An den Schweizer Biathlonmeisterschaften in Realp erkämpft sie sich die Goldmedaille in der Kategorie Jugend.
April
Ein guter Monat für den Breitensport: Endlich dürfen auch Nichtprofis wieder gemeinsam trainieren. Die Geräteriege des TV Frutigen nimmt ihr Hallentraining ebenfalls im April auf. Die Wiedersehensfreude unter den TeilnehmerInnen ist gross. Auch Chöre und Musikgesellschaften dürfen wieder in grösseren Gruppen proben, dies allerdings mit deutlichem Abstand. Im Kiental blüht derweil das kulturelle Leben auf: Das Alpentheater (Foto oben) spielt wieder vor (reduziertem) Publikum und feiert die Premiere zweier Eigenproduktionen.
Mehrere touristische Unternehmen ziehen Bilanz – mit unterschiedlichem Tenor. So blicken etwa die Bergbahnen Adelboden AG und die Hallenbad Aeschi AG auf eine eher schwierige Zeit zurück, während das Kandersteger Langlaufzentrum sich über «den besten Winter aller Zeiten» freut. Auch in der Beherbergungsbranche wirkte sich die Pandemie unterschiedlich aus. In Gruppenunterkünften war so gut wie nichts los, Hotels und Ferienwohnungen waren hingegen teils gut besucht. Campingplätze konnten sich über besonders regen Zulauf freuen.
Noch keinen Abschluss gibt es beim Thema 5G in der Kirchgemeinde Aeschi-Krattigen. Nach heftigem Widerstand gegen die geplante Mobilfunkanlage kündigt der Kirchgemeinderat seinen Vertrag mit Sunrise. Weil das Unternehmen die einseitige Kündigung jedoch nicht akzeptiert, landet der Fall im kommenden Jahr vor Gericht.
Andere Projekte schreiten weiter voran, zum Beispiel der Neubau der Werkhöfe in Frutigen (siehe Foto) und Adelboden. In Kandergrund sollen 16 neue Wohnungen entstehen, die auch für von der Räumung des Munitionslagers Betroffene interessant sein könnten.
Mai
In der noch jungen Tourismusorganisation Adelboden-Lenk-Kandersteg (TALK) kommt es zum Eklat. Nachdem Aktionäre und Gemeinden eine Neustrukturierung der Organisation gefordert haben, gibt Geschäftsführer Urs Pfenninger seine Kündigung bekannt. Der komplette Verwaltungsrat stellt sich nicht mehr zur Wiederwahl. Im August wird der neue Verwaltungsrat gewählt – mit dem Adelbodner Hotelier René Müller an der Spitze. Noch befindet sich das Gremium in der Findungsphase und arbeitet daran, Zuständigkeiten und Strukturen innerhalb der TALK AG zu überarbeiten.
Der Kandersteger Hausarzt und die Gemeinde treiben derweil die Impfkampagne voran und machen mit einer besonderen Aktion von sich reden: einem Impf-Wochenende im Gemeindesaal. Über 20 Stunden stehen das Praxisteam und viele Helfer-Innen auf den Beinen, um 368 Bürger- Innen gegen Covid-19 zu immunisieren. Zudem zieht der Impftruck des Kantons Bern durchs Tal und macht unter anderem halt auf dem Reichenbacher Märitplatz. Schnell sind die 500 verfügbaren Termine ausgebucht.
Schnelligkeit ist auch auf den Frutiger Fussballplätzen gefragt – beim Jugendlaufevent «Dr schnällscht Chandertaler» (Foto). Statt das 50. Jubiläum zu feiern, entscheiden sich die Organisatoren für eine coronakonform abgespeckte, «neunundvierzigeinhalbte» Ausgabe mit Livestream statt Publikum. Trotzdem geben die über 200 Kids alles und rasen über den Rasen. Auch beim Feldschiessen ist die Beteiligung trotz Corona erfreulich, besonders in Adelboden. Das Maximum von 72 Punkten erreicht Lorenz Studer vom SV Frutigen.
Juni
Zum Sommerstart wirds im Frutigland politisch. Fast überall finden Gemein deversammlungen statt. In Kandersteg geben vor allem die Gewässerräume zu reden, während die Kandergrunder eine Erhöhung der Kurtaxen zur Finanzierung des Gratis-ÖV beschliessen. Die Obmannwahl in Frutigen wird hingegen an der Urne entschieden. Mit einer klaren Mehrheit von 74 Prozent der Stimmen setzt sich Hans Schmid (kleines Foto) gegen den politischen Newcomer Urs Peter Künzi durch und bleibt somit für weitere vier Jahre Gemeinderatspräsident.
Abstimmen können auch die Mitglieder der Gesamtschwellenkorporation Reichenbach – und zwar über grosse Summen. Für insgesamt 9 Millionen Franken sollen Hochwasserschutzverbauungen am Riche- und am Erlibach realisiert werden. Die 39 anwesenden Liegenschaftsbesitzer nehmen die Anträge diskussionslos an und investieren damit in eine sicherere Zukunft.
In die Vergangenheit reist hingegen die Primarschule Krattigen (Foto). Mit Schiefertafeln, Griffeln und Zählrahmen können die Kinder nachempfinden, wie ihre Vorfahren den Unterricht erlebten. Zur Projektwoche unter dem Motto «Schule gestern – heute – morgen» werden sogar zwei strenge «Schulmeister» eingeladen, verkörpert von Hannes Gasser und Bruno Chapuis vom Schulmuseum Bern.
Neue Zeiten brechen beim Nationalen Nordischen Skizentrum Kandersteg (NNSK) an. Nach insgesamt 15 Jahren Engagement für die Nordic Arena und vier Jahren als Verwaltungsratspräsident übergibt Kari Bieri das Zepter an den Nationalrat Lars Guggisberg.