JAHRESRÜCKBLICK 2021 – TEIL 2
31.12.2021 RegionJULI
In politischer Hinsicht gestaltet sich der Sommer im Frutigland gewohnt ruhig. Für erhöhten Puls sorgen jedoch die erhöhten Pegel: Die üppigen Niederschläge lassen Flüsse und Seen anschwellen, es herrscht Hochwassergefahr. Anders als ...
JULI
In politischer Hinsicht gestaltet sich der Sommer im Frutigland gewohnt ruhig. Für erhöhten Puls sorgen jedoch die erhöhten Pegel: Die üppigen Niederschläge lassen Flüsse und Seen anschwellen, es herrscht Hochwassergefahr. Anders als zahlreiche Gebiete Mittel- und Westeuropas kommt die Region jedoch mit einem blauen Auge davon. Das bestätigen wenig später auch die Schadenssummen der Gebäudeversicherung Bern. Nicht ums Element Wasser, sondern ums Feuer drehen sich die Ereignisse derweil in Kanderbrück. Dort eröffnet nämlich das Zündholzmuseum. Auch der Stoff des neuen Mitholz-Films, der bald in den Kinos der Region anläuft, ist explosiv. Die Dokumentation arbeitet die Katastrophe beim Munitionslager auf. Der Film mit lokalen Protagonisten bewegt die Gemüter und stösst auf grosses Interesse.
Sportlich läuft im Juli einiges. Beim Oberländischen Schwingfest treten die Frutigländer auf dem Brünig formstark auf und erkämpfen sich insgesamt sechs Kränze. Äusserst denksportlich präsentiert sich derweil ein junger Adelbodner: Raphael Zumbrunn gewinnt an der internationalen Physik-Olympiade die Bronzemedaille. Hoch hinaus gehts auch draussen im Lohnerdorf. Einmal mehr verwandelt sich der Weg zwischen Mineralquelle und Sillerenbühl in eine Rennstrecke. Der Sieger des Vogellisi-Laufs 2021 ist ein Altbekannter: Der Lokalmatador Jonathan Schmid legt die 853 Höhenmeter in 56 Minuten und 24 Sekunden zurück. Natürlich sind im Tal auch gemütliche Bergaufstiege möglich. Im Kiental etwa befördert die Ramslauenenbahn unter neuer Führung wieder Gäste nach oben. Dies, nachdem die Bahn wegen Konkurs über ein Jahr stillgestanden ist.
AUGUST
Meilenstein in Aeschi: Die Kita Kinderzimmer GmbH verkündet einen weiteren Expansionsschritt. Neben den beiden Standorten in Frutigen und Reichenbach soll im November im ehemaligen Kindergarten Aeschi ein Betreuungsangebot entstehen. Mittlerweile ist die neue Kita in Betrieb und bietet Platz für 16 Kinder.
Ein motivierender Startschuss fällt auch in der Fussballwelt. Die beiden FCs aus Reichenbach und Frutigen können wieder Ernstkämpfe vor Zuschauern austragen. Entsprechend gross ist die Vorfreude auf die Saison. Schüsse fallen auch während eines Banküberfalls bei der Reithalle in Frutigen. Die Inszenierung gehört zum facettenreichen Rahmenprogramm des Country & Western Festivals (Bild). Das Westerndorf und die zahlreichen Bands ziehen rund 500 BesucherInnen an. Verstummt sind die Waffen hingegen in Faltschen und im Rohrbach. Gleich zwei Schützenvereine mit langer Tradition werden aufgelöst. Die Gründe sind nebst finanziellen Engpässen vor allem der fehlende Nachwuchs.
Kaum über mangelnden Zulauf beklagen können sich die Grundbesitzer beim Oeschinensee. Im Gegenteil: Wildcampieren erfreut sich dort zunehmender Beliebtheit, was für die Verantwortlichen zum Ärgernis wird. Die Alpschaft Oeschinenholz erlässt deshalb ein richterliches Verbot, das es erlaubt, Wildcampern hohe Bussen aufzuerlegen. Auch das Befahren der Notstrasse, nebst der Gondelbahn die einzige Verbindung nach oben, ist fortan untersagt. Die Grundeigentümer begründen das Fahrverbot mit Sicherheitsbedenken. Dennoch stösst es auf heftigen Widerstand, insgesamt gehen beim Regionalgericht Oberland rund 40 Einsprachen dagegen ein. Die Regelung tritt dennoch in Kraft, gilt aber nicht für die Einsprecher. Die Grundeigentümer signalisieren zwar Gesprächsbereitschaft. Bislang kam es aber noch zu keiner Einigung.
SEPTEMBER
Erneut steht der Spätsommer zehn Tage lang im Zeichen der Klassik. Das Swiss Chamber Music Festival hat heuer ein besonders reichhaltiges Programm am Start, das von diversen Konzerten über Klangwege bis hin zu Workshops reicht. Die Organisatoren sind jedoch gefordert: Noch während des Festivals müssen die Corona-Schutzmassnahmen verschärft werden. Das wirkt sich auch auf die Zuschauerzahlen aus, die etwas tiefer sind als im Vorjahr. Auch der Blausee startet im September eine üppige Konzertreihe. Einer der Höhepunkte ist dabei der Auftritt der Luzerner Band Hecht.
Grund zum Feiern haben mehrere Institutionen im Tal, diverse Jubiläen stehen an. Die Kinderheimat Tabor in Aeschi wird 100-jährig. Derweil können sich sowohl die Wandfluh AG als auch der EHC Kandersteg zum 75. Geburtstag gratulieren. Beglückwünschen darf man auch Michael Schranz (Bild) aus Adelboden. Der Anlagenelektriker gewinnt an den europäischen Berufsmeisterschaften EuroSkills in Graz die Goldmedaille.
Eine Schlappe erleidet hingegen der Gemeinderat in Reichenbach. Sein Plan, ein Stück der Griesalpstrasse entlang des Tschingelsees wegen zunehmender Hochwassergefahr zu verlegen, scheitert an der Urne überraschend deutlich. Das Votum ist auch als Kritik an der geplanten Erweiterung des dortigen Naturschutzgebietes zu verstehen. Laut Gegnern verunmöglicht diese eine Geschiebeentnahme mit Baggern, wodurch sich das Hochwasserrisiko ebenfalls verringern würde. Der Gemeinderat sieht den regelmässigen Abtransport des Materials, für den zahlreiche Lastwagenfahrten nötig wären, jedoch nicht als gangbaren Weg und stellt einen runden Tisch in Aussicht.
OKTOBER
Im Achtelfinal des Schweizer Cups empfängt der EHC Adelboden den EHC Arosa. Die beiden Clubs verbindet einiges, hatten in den 1970er-Jahren doch die ersten Adelbodner im Bündnerland ihre Karrieren so richtig lanciert. Die Gastgeber halten sich lange im Spiel, verlieren gegen den besser klassierten Gegner schliesslich aber mit 4:7.
Über sich hinaus wächst hingegen Frutigen. In diesem Monat knackt die Gemeinde die Marke von 7000 Einwohnern. Auch politisch bewegt sich in der Gemeinde einiges. Zum einen stellt der Gemeinderat wegen der wachsenden Schulden eine Steuererhöhung in Aussicht. Der Schritt ist gerade bei den Parteien höchst umstritten – und nach wie vor nicht beschlossen. Denn die Gemeindeversammlung, an der über das Geschäft hätte abgestimmt werden sollen, muss im Dezember coronabedingt abgesagt werden. Die Bevölkerung wird sich am 13. Februar 2022 an der Urne äussern können. Einen wichtigen Schritt weiter ist die Ortsdurchfahrt. Die letzte Einsprache ist vom Tisch, der Sanierung der Kantonsstrasse sollte damit nichts mehr im Wege stehen. Gemäss dem Willen der Gemeinde soll auf der Strecke Tempo 50 beibehalten werden.
Richtig bunt wird es am Ende des Monats. Die sogenannten Leewellen zeichnen vielseitige Muster in den Himmel, die sich im Morgenrot in wahre Kunstwerke verwandeln (Bild).
NOVEMBER
Wahlen, Wahlen, Wahlen – gleich in drei Gemeinden kann die Bevölkerung eine neue Exekutive ernennen. In Frutigen bewerben sich 34 Kandidierende für acht Sitze. Die grosse Gewinnerin ist die SP, die dem Liberalen Frutigen einen Sitz abnimmt und neu im Gemeinderat vertreten ist. Die restlichen Parteien SVP, EDU und EVP behalten ihre Sitzstärke bei. Während in Frutigen an der Urne gewählt wird, entscheidet in Adelboden und Kandersteg die Gemeindeversammlung. Grössere Überraschungen bleiben aus, die Bisherigen werden bestätigt. Neu sitzen in Kandersteg Willy Minnig und Heinz Steiner im Rat, in Adelboden heissen die Neuen Peter Künzi, Simon Fuhrer und Thomas Zimmermann. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern sich im Lohnerdorf die beiden Kandidaten fürs Gemeindepräsidium. Am Ende erhält Roger Galli 62 Stimmen mehr als sein Konkurrent Marcel Zimmermann.
Während Reichenbach wegen der steigenden Fallzahlen auf den Herbstmärit verzichtet, führen sowohl Adelboden als auch Frutigen ihre Märkte im Oktober durch. Im November findet der Anlass auch in Aeschi statt. Gedränge herrscht hier jedoch nicht, auch stehen im Dorf etwas weniger Marktstände als auch schon.
Auch die Zahl der Skilifte im Tal reduziert sich. Während einer dreijährigen Gnadenfrist ist es dem neuen Förderverein IG Skilift nicht gelungen, den Bügellift Spittelmatte auf Sunnbüel (Bild) zu retten. Der Betrieb blieb defizitär, weshalb man sich nun auf die Stilllegung der Anlage geeinigt hat. Zusätzliches Geld braucht auch die Gemeinde Krattigen. An der Gemeindeversammlung beantragt der Rat deshalb eine Steuererhöhung von einem halben Steuerzehntel. Dies, weil die beiden Jahre zuvor bereits eine negative Rechnung resultiert hat und der Gemeinderat nicht weiter am Eigenkapital zehren möchte. Der Antrag wird von der Bevölkerung gutgeheissen.
Schlechte Neuigkeiten aus Kandergrund: Die Trumag Aufbereitungstechnik AG muss im nächsten Jahr ihre Tore schliessen, dem Entscheid sind mehrere defizitäre Jahre vorausgegangen. Betroffen sind 14 Arbeitsplätze. Im Steinbruch etwas weiter oben im Tal bemüht sich die dort ansässige Firma Vigier um Schadensbegrenzung. An einer Informationsveranstaltung präsentiert das Unternehmen die Ergebnisse einer internen Untersuchung rund um das Fischsterben am Blausee. Das Unternehmen sieht sich weitgehend entlastet, Justiz und Politik beschäftigen sich aber weiter mit dem Fall.
DEZEMBER
Zum Monatsbeginn schneit es in den Bergen kräftig, das gefallene Weiss ermöglicht den Skigebieten einen mustergültigen Saisonstart. Heiss geht es derweil in Adelboden zu. Der neue Dorfplatz, die Eröffnung des Apart Hotels sowie der Startschuss zur digitalen Dorfstrasse geben Anlass zum Feiern. Die Pandemie tut der ausgelassenen Stimmung keinen Abbruch (Bild). Ebenfalls in Feierlaune präsentieren sich die Krattiger Schützen. Sie blicken auf ein erfolgreiches Jahr zurück. Zu den Highlights gehört das Eidgenössische Schützenfest, wo im Vereinswettkampf der neunte Rang resultierte.
Weniger Jubelstimmung kommt im Gemeindesaal Kandersteg auf, als die Gemeinde über die aktuelle Situation beim Spitzen Stein informiert. Die Risikolage bleibt unverändert, nach wie vor muss mit einem Felsabbruch gerechnet werden. Direktbetroffene der Planungszone hingegen erfahren teilweise Erfreuliches. So ist die überarbeitete Fassung etwas weniger restriktiv und bietet mehr Entwicklungsspielraum als jene aus dem Vorjahr, die damals heftige Kritik ausgelöst hatte.
JUZ