Wenn Firmen ihr Eigenkapital erhöhen, müssen sie eine sogenannte Emissionsabgabe entrichten. Wird diese Steuer abgeschafft, sinken die Erträge im Bundeshaushalt um durchschnittlich 250 Millionen Franken pro Jahr. Dennoch haben Bundesrat und Parlament genau das vor.

HANS RUDOLF SCHNEIDER
Für das Jahr 2022 rechnet der Bund mit Einnahmen von 78,6 Milliarden Franken. Ein kleiner Teil davon wird von der Emissionsabgabe – auch als Stempelsteuer bezeichnet – stammen. Diese wird fällig, wenn Unternehmen sich neues Eigenkapital organisieren, beispielsweise durch die Ausgabe neuer Aktien oder Genossenschaftsanteile, aber nicht durch die Aufnahme von Krediten. Abzugeben ist ein Prozent auf dem neuen Kapital, wenn es die Freigrenze von einer Million Franken überschreitet. Wenn eine Firma also beispielsweise zwei Millionen Franken Eigenkapital aufstockt, muss auf eine Million davon Steuern gezahlt werden – konkret 10 000 Franken. Das heisst, dass diese Steuereinnahmen vor allem von mittleren und grösseren Unternehmen stammen. Die jeweiligen Beträge sind von Jahr zu Jahr stark schwankend, im Schnitt der letzten 20 Jahre flossen jährlich rund 250 Millionen Franken in die Bundeskasse. Die Erhebung von Stempelabgaben hat in der Schweiz eine lange Tradition. In den Kantonen sind sie seit 1798 bekannt, der Bund erhebt sie seit 1917 – als Folge der Finanznöte im Ersten Weltkrieg. «Stempelabgabe» ist heute ein Sammelbegriff für die Emissionsabgabe auf die Ausgabe von Wertpapieren, die Umsatzabgabe auf den Handel mit Wertpapieren und den Versicherungsstempel auf Versicherungsprämien. Die beiden letzteren Steuern sind von der Abstimmung am 13. Februar nicht betroffen und bleiben in jedem Fall erhalten.

Was für die Abschaffung spricht ...
Die Kritik an der Steuer ist beinahe so alt wie diese selbst und wurde in den letzten Jahren lauter. 2012 wurde die Abgabe beispielsweise auf Obligationen bereits abgeschafft. Dazu kommt: Kaum ein Land kennt eine vergleichbare Abgabe, in Europa sind dies nur Griechenland und Spanien. Kein Wunder, dass bürgerliche und wirtschaftsfreundliche Kreise und Organisationen die ersatzlose Abschaffung fordern – unterstützt vom Bundesrat selbst und vom Parlament. Die Argumente: Unternehmen sollen das gesamte zusätzliche Kapital investieren können, der Wirtschaftsstandort Schweiz würde an Attraktivität gewinnen, neue Arbeitsplätze könnten geschaffen und zusätzliche Steuereinnahmen generiert werden. Diese würden die Verluste in der Kasse wieder ausgleichen. Betroffen waren von der Steuer im Jahr 2020 rund 2300 Unternehmen.

... und was dagegen
Vorteile würde eine Abschaffung vor allem für internationale Grosskonzerne, Banken und Versicherungen bringen. 2020 wäre über die Hälfte der finanziellen Entlastung auf nur 55 Konzerne entfallen, argumentiert das Referendumskomitee. Dieses hat sich aus SP, Grünen, EVP und Gewerkschaften formiert. Seit Jahrzehnten würden regelmässig Unternehmen steuerlich entlastet, hingegen Löhne, Renten und Konsum immer stärker belastet. Die Abschaffung der Stempelabgabe sei nur ein weiterer Teil dieser bürgerlichen Strategie. Befürchtet wird, dass zum Ausgleich beispielsweise die Mehrwertsteuer erhöht oder das Geld in der Bildung eingespart werde. Der Vorschlag des Referendumskomitees: Wenn der Bund schon auf dieses Geld verzichten könne, könnte es doch gleich für Intensivpflegeplätze, Photovoltaikanlagen oder für familienergänzende Kinderbetreuung investiert werden.

Ob der Zeitpunkt für die Abschaffung dieser Einnahmequelle passt, wird am 13. Februar an der Urne entschieden.

Weitere Informationen zu dieser Abstimmungsvorlage finden Sie in unserer Link-Übersicht unter www.frutiglaender.ch/web-links.html

Der Bund will auf Einnahmen verzichten

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