Der revidierten Motorfahrzeugsteuer ging es wie dem Medienpaket: Sie wurde sehr klar abgelehnt. In einzelnen Gemeinden lag der Nein-Stimmen-Anteil bei 80 Prozent und mehr. Bloss: Warum?

MARK POLLMEIER
Mit umweltpolitischen Vorlagen ist es offenbar wie mit den guten Vorsätzen zum neuen Jahr: Irgendwie ist man guten Willens, aber wenn es dann konkret wird, beginnt das grosse Schwächeln.

Noch im letzten September hatte die Berner Stimmbevölkerung dem neuen Klimaschutz-Artikel in der Kantonsverfassung mit 63,8 Prozent zugestimmt. Warum auch nicht? Die paar Buchstaben kosteten nichts und taten keinem weh. Doch kaum sollten den Worten nun Taten folgen, legte eine Mehrheit wieder ein Nein in die Urne: Die Revision der Motorfahrzeugsteuer lehnten 53 Prozent der Stimmbürger ab. Den Bewohnern der Region kann man immerhin zugutehalten, dass sie dabei ihrer Linie treu blieben. Im Verwaltungskreis Frutigen-Niedersimmental war im letzten Herbst schon der Klimaschutz-Artikel abgelehnt worden. Dementsprechend sagten am Sonntag 68,1 Prozent der Stimmbürger Nein zur revidierten Motorfahrzeugsteuer. Die Spitzenreiterin ist auch in diesem Fall die Gemeinde Kandergrund, die es auf satte 90 Prozent Nein-Stimmen brachte.

Vor allem Sportwagen und SUV betroffen
Das überaus klare Votum überrascht, denn die Steuervorlage war regelrecht weichgespült: Den allermeisten Autofahrern hätte sie nicht wehgetan. Der eine oder andere Besitzer eines Mittelklassewagens hätte vielleicht ein wenig mehr Motorfahrzeugsteuer zahlen müssen, wäre jedoch im Gegenzug bei der Einkommenssteuer entlastet worden. Bemerkbar gemacht hätte sich das neue Steuerkonzept vor allem bei PS-starken Fahrzeugen mit hohem CO2-Ausstoss – also etwa bei Sportwagen und übermotorisierten SUV.

Dass dies vor allem die Landbevölkerung getroffen hätte, stimmt nur bedingt. Laut Statistik unterscheiden sich Landregionen und städtische Gebiete punkto Fuhrpark nicht so sehr, wie die Abstimmungsdebatte glauben machen wollte. Denn ob notwendig oder nicht: Auch in der Vorstadt leistet man sich offenbar gerne ein kräftiges Vehikel mit Allradantrieb. Für landwirtschaftliche Motorfahrzeuge und Lieferwagen waren zudem tiefere Steueransätze geplant.

Die unterschiedliche Bedeutung des Autos
Dass die Vorlage im Berner Oberland derart klar abgelehnt wurde, hat also mehr mit einem Lebensgefühl zu tun als mit der tatsächlich zu erwartenden Belastung. Man will sich zwischen Gadmen und Gstaad nicht vorschreiben lassen, welches Fahrzeug man zu kaufen hat. Hinzu kommt, dass das Auto auf dem Land auch für die persönliche Freiheit und das Sicherheitsgefühl eine ganz andere Bedeutung hat als in Biel oder Bern. Während sich in der Stadt auch nach Mitternacht noch ein Tram finden lässt, ist man in Gegenden mit weniger gut ausgebautem öV aufgeschmissen.

Vor diesem Hintergrund ist die Ablehnung des revidierten Gesetzes verständlich. Gleichzeitig lässt das Abstimmungsergebnis erahnen, welch zähe Debatten dem Kanton (und dem ganzen Land) noch bevorstehen. Wenn schon eine vergleichsweise moderate Massnahme auf derartigen Widerstand stösst – was soll erst passieren, wenn wirklich einmal grössere Einschnitte nötig werden?

Ein neuer Anlauf?
Erst einmal bleibt nun alles, wie es ist. Das scheint auf den ersten Blick verkraftbar, denn die Vorlage hatte in steuerlicher wie in umweltpolitischer Hinsicht eher symbolische Bedeutung. Doch das dahinterstehende Anliegen, der Klimaschutz, wird Politik und Gesellschaft auch weiterhin beschäftigen. Schon haben einige Parteien angedeutet, wie sie sich einen neuen Anlauf vorstellen. Die Berner Sozialdemokraten wollen die Verkehrswende mit einem Ausbau des öV herbeiführen und den CO2-Ausstoss auf diesem Weg senken. Ähnlich argumentieren die Grünen Kanton Bern. Vertreter der FDP sinnieren derweil öffentlich über einen neuen Anlauf zum ökologischen Umbau der Motofahrzeugsteuer – die allerdings ohne Steuererhöhung auskommen soll.

Das wiederum dürfte ganz im Sinne der SVP sein, die sich einmal mehr gegen die aktuelle Vorlage engagiert hatte. In einer Medienmitteilung verbreitete die Volkspartei ihre Erwartung, «nun endlich zu akzeptieren, dass die Bernerinnen und Berner höhere Motorfahrzeugsteuern ablehnen». Drei Volksentscheide zu dieser Frage würden eine deutliche Sprache sprechen, so die SVP.

Abstimmung – Aus Prinzip dagegen

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