Tabakreklame, die Kinder und Jugendliche erreichen kann, ist künftig verboten. Das Verdikt an der Urne ist mit 56,6 Prozent Ja-Stimmen klar – und das Volk übersteuert Bundesrat und Parlament auch hier.

HANS RUDOLF SCHNEIDER
Die im Abstimmungskampf benutzten (Sprach-)Bilder waren einprägsam: «Kinder ohne Tabak» auf der einen Seite der Plakatwand, «Heute Tabak! – Morgen Cervelat?» auf der anderen. Während die Initianten der Vorlage auf die Gesundheit abzielten und Jugendliche vom Rauchen abhalten wollten, befürchteten die Gegner, dass es mit der staatlichen Bevormundung nach der Zigarette weitergehen würde bis zur offenbar potenziell ebenfalls ungesunden Nationalwurst.

Wie es sich in den letzten Umfragen vor dem Abstimmungswochenende abgezeichnet hatte, gewichtete das Stimmvolk die Gesundheit schliesslich deutlich höher. Das Werbeverbot für Tabak wird mit einer Zustimmung von 56,6 Prozent und dem Ständemehr verschärft. Im Verwaltungsbezirk Frutigen-Niedersimmental betrug der Ja-Stimmen-Anteil 53,2 Prozent. Abgelehnt wurde die Vorlage in Kandersteg (51,9 Prozent Nein), Reichenbach (51,7 Prozent) und überaus deutlich in Kandergrund (68,4 Prozent).

Umsetzung mit Hindernissen
Das Nein dieser Gemeinden bedeutet jedoch nicht, dass sie gegen den besseren Schutz von Jugendlichen gewesen wären. Denn unabhängig von der sonntäglichen Abstimmung wird das Tabakproduktegesetz in Kraft treten. Dieses wurde als indirekter Gegenvorschlag zur Initiative von Bundesrat und Parlamentsmehrheit ausgearbeitet. Neu wird zum Schutz der Jugendlichen der schweizweite Tabakverkauf erst ab 18 Jahren erlaubt, zudem wird die Werbung auf Plakaten und in Kinos verboten. Tabakkonzerne dürfen keine Zigaretten mehr gratis abgeben oder internationale Veranstaltungen in der Schweiz sponsern. Diese Massnahmen gingen aber insbesondere den Gesundheitsorganisationen zu wenig weit – und offensichtlich auch den StimmbürgerInnen. Nun ist der Bundesrat wieder am Zug, das Resultat vom Sonntag umzusetzen und das Produktegesetz betreffend Werbung anzupassen.

Erlaubt ist demnach künftig nur Werbung, die sich an Erwachsene richtet oder sich an Orten befindet, zu denen Minderjährige keinen Zugang haben. Die Umsetzung dürfte nicht ganz einfach werden, wie die Gegner bereits antönten: Es gebe kaum Orte, an denen sich Jugendliche nicht aufhalten, und kaum Medien, die nicht auch von Jugendlichen eingesehen werden können. Schwierig dürfte die Durchsetzung auf internationalen Social-Media-Plattformen sein. Die Befürchtung bleibt vorerst im Raum, dass in der Praxis ein vollständiges Werbeverbot für Tabak – in der Schweiz ein legales Produkt – nötig wird.

Klar ist nach der Abstimmung, dass Rauchen respektive die Tabakindustrie in der Bevölkerung im Gegensatz zum Bundeshaus keine starke Lobby mehr hat. Die Werbung als Einnahmequelle für die Medien, den Kulturbereich, Kioske oder Tankstellenshops und die 11 000 direkten und indirekten Arbeitsplätze spielen eine untergeordnete Rolle, wenn es um die Gesundheit geht.

Abstimmung – Die Werbung wird eingeschränkt

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