Mit Zauberstab und Stethoskop
11.02.2022 Adelboden, GesundheitSeit Anfang Januar behandelt der Kinderarzt Dr. Hans-Ulrich (Uli) Bender in der Arztpraxis Adeldoc kleine und grössere PatientInnen. Er erzählt, warum er gerne mit den Kindern zaubert und was ihn an seiner Arbeit fasziniert.
RETO KOLLER
Im T-Shirt statt im obligaten ...
Seit Anfang Januar behandelt der Kinderarzt Dr. Hans-Ulrich (Uli) Bender in der Arztpraxis Adeldoc kleine und grössere PatientInnen. Er erzählt, warum er gerne mit den Kindern zaubert und was ihn an seiner Arbeit fasziniert.
RETO KOLLER
Im T-Shirt statt im obligaten weissen Kittel sitzt Kinderarzt Dr. Uli Bender in seinem Behandlungszimmer in der Adelbodner Arztpraxis Adeldoc. Links von ihm liegen ein Zauberstab und ein «Seifebläterli», im Hintergrund warten Würfel, Spielzeugautos und andere Spielsachen auf kleine Patientinnen und Patienten – Dinge, die man eher in einem Spielzeugladen als in einer Arztpraxis vermuten würde.
«Kinder sind keine kleinen Erwachsenen»
Bender hat seine eigenen Methoden, wenn es gilt, Kinder von seinem Tun abzulenken: «Sie sollen sich wohlfühlen, wenn ich sie mit Zauberstab, Zauberspruch und ‹Zaubertäfeli› überrasche», meint der Mediziner. «Ich mag es, mit Kindern herumzualbern und sie so ganz nebenbei zu untersuchen oder ihnen eine Impfung zu verabreichen. Das lenkt sie ab und nimmt ihnen die Angst vor der ungewohnten Umgebung.» Kinder seien keine kleinen Erwachsenen, sie bräuchten mehr Zeit für die Untersuchung, erklärt der vierfache Familienvater. Ob er das Zaubern im Laufe seiner Ausbildung zum Kinderarzt gelernt habe, verneint er und lacht. «Das ist abhängig von persönlichen Vorlieben!» Bender erzählt, wie er mit schwierigen und lebenseinschränkenden Diagnosen bei Kindern umgeht: «Ehrlichkeit, Offenheit und vor allem gutes Zuhören sind äusserst wichtig. In der Palliativmedizin gilt der Spruch ‹Es hat einen Grund, warum der Mensch zwei Ohren, aber nur einen Mund hat.› Wenn ich ein Kind nicht richtig über seine Krankheit informiere, entwickelt es ein eigenes Phantasiegebäude.» Die Zusatzausbildung erleichtert es Bender, bei anspruchsvollen Gesprächen mit seinen Patienten und ihren Eltern die richtigen Worte zu finden.
«Ich sehe mich als Impflotsen für die Eltern»
In den zurzeit aktuellen Fragen rund um Impfungen von Kindern hat der Deutsche eine klare Haltung: «Ich sehe mich als Lotsen in diesen Fragen und gebe meine Empfehlungen ab. Letztlich entscheiden aber immer die Eltern.» Im Umgang mit Corona stellt er den Schweizer Behörden ein gutes Zeugnis aus: «Man ist hier besonnen mit der Situation umgegangen. Die Verantwortlichen haben das ‹soziale Existenzminimum› von Kindern besser berücksichtigt als in vielen anderen Ländern.» Es sei ihm allerdings bewusst, dass es in der eher kleinen Schweiz womöglich einfacher sei, verhältnismässige Entscheidungen zu treffen als in Ländern mit einer vielfach grösseren Bevölkerung. Auch die Corona-Berichterstattung nimmt Bender in der Schweiz als eher nüchtern und unaufgeregt war.
Spagat zwischen Universitätsspital und Landpraxis
Bender arbeitet zwei bis drei Tage pro Woche in der Hausarztpraxis von Dr. Reto König. Er mag die abwechslungsreiche Tätigkeit im Lohnerdorf. Sie erstreckt sich von alltäglichen Vorsorgeuntersuchungen und Infektionskrankheiten bis hin zur Unfallmedizin.
Während der restlichen Zeit ist er als Oberarzt für palliative Kinderheilkunde im Berner Inselspital tätig. Zu seiner Eingliederung in die Praxis von Reto König kam es dank seiner persönlichen Bekanntschaft mit dem Adelbodner Dorfarzt. Bender ergriff die Gelegenheit und wählte Frutigen als Wohnort. Kein Zufall: Seine Frau stammt aus Kandergrund. Der Kinderarzt schätzt den Blick des Generalisten und mag die Kombination zwischen der hochspezialisierten Arbeit im Inselspital und der breit angelegten Tätigkeit in der Praxis. «Beides ergänzt einander. Es ist ein Vorteil, auch mal auf dem kurzen Dienstweg eine Expertenmeinung in der Insel abholen zu können.» Das tut der gebürtige Deutsche auf «Schwizerdütsch», er hat sich den Dialekt im Laufe seiner Tätigkeit angeeignet: «Es macht mir Spass, Sprachen zu lernen und ich bin sicher, dass es die Verständigung mit meiner Umgebung erleichtert», meint er und streut ab und zu Wörter im Kandertaler Dialekt ein.
Ausbildung und berufliche Tätigkeiten
Der 52-jährige Kinderarzt Hans-Ulrich (Uli) Bender verbrachte nach dem Medizinstudium und einem Forschungsaufenthalt in den USA ab 2006 mehrere Jahre in der Schweiz. Im Berner Inselspital sammelte er Erfahrungen in der Kinderchirurgie und absolvierte dort den grössten Teil seiner Facharztausbildung. Es folgte eine Spezialisierung in Kinderkrebsheilkunde und Hämatologie, und ab 2011 absolvierte Bender in München Weiterbildungen in Kinderpalliativmedizin. Nach der Tätigkeit als Oberarzt an einer Münchner Universitäts-Kinderklinik und als praktischer Kinderarzt in einer Praxis in Oberbayern kehrte er mit seiner aus Kandergrund stammenden Frau und den vier Buben Ende 2021 nach Frutigen zurück, wo die Familie lebt.
RK