Um die Personalengpässe im Bauwesen zu beheben, will das Frutigland zusammenspannen. Die Regionale Bauverwaltung soll 2025 ihre Arbeit aufnehmen. Beim Projekt involviert sind alle Gemeinden des Tals – mit einer Ausnahme.

JULIAN ZAHND
Seit Jahren gestaltet sich die Suche nach geeignetem Bauverwaltungspersonal in der Gegend schwierig. Aktuell benötigt Frutigen eine Nachfolge für Simon Bircher, Bereichsleiter Tiefbau, Verkehr und Wasserbau. Eine erste Vorstellungsrunde war erfolglos, wie die Gemeinde mitteilt. Nun muss die Stelle erneut ausgeschrieben werden. Wie knapp das Angebot an Personal ist, zeigt der Fall Bircher exemplarisch. Der Adelbodner wechselt in seine Heimatgemeinde. Die Konkurrenz spielt offensichtlich auch zwischen Nachbarn, was die regionale Problematik bloss verlagert: Während die Stelle in der einen Gemeinde des Tals besetzt werden kann, ist sie nun als Folge davon in der anderen vakant.

Die Gemeinden haben das Problem mittlerweile erkannt. Bereits seit letztem Jahr ist man im Austausch, nun stellt eine neu gegründete Arbeitsgruppe ihre Pläne vor. Das Ziel: eine Regionale Bauverwaltung, die Anfang 2025 die Arbeit aufnehmen kann.

Teilauslagerung statt Zentralisierung
Weil die Gemeindeautonomie in der Gegend ein hohes Gut ist, geht die Arbeitsgruppe entsprechend behutsam vor. Von einer Zentralisierung spricht niemand. Vielmehr sollen zunächst lediglich die Baubewilligungsverfahren sowie die Aufgaben der Baupolizei an eine regionale Stelle ausgelagert werden. Die finale Entscheidungskompetenz über Baugesuche soll aber nach wie vor bei den einzelnen Gemeinden liegen.

Markus Gempeler, Präsident der Arbeitsgruppe, beschreibt den geplanten neuen Ablauf wie folgt: «Die Gemeinden werden das Baugesuch wie bis anhin entgegennehmen und einer ersten Vorprüfung unterziehen. Für weitere Abklärungen wie etwa die Zonenkonformität und für den Austausch mit den kantonalen Ämtern wäre dann die Regionale Bauverwaltung zuständig.» Dieses Gremium, so Gempeler, werde der zuständigen Gemeinde schliesslich einen Antrag stellen, den diese final bewilligen müsse. Die Gemeinde selbst behält dadurch einen gewissen Spielraum bei der Auslegung der Reglemente. Gempeler räumt aber ein: «Dieser Spielraum ist recht klein.»

Ausgelagert werden sollen in einem ersten Schritt nur die Baubewilligungsverfahren sowie die Aufgaben der Baupolizei. Die Gemeinden hätten somit nach wie vor eigenes Bauverwaltungspersonal, wären aber nicht mehr für die ganzen Verfahren verantwortlich. Angedacht ist eine Regionale Bauverwaltung in der Grösse von knapp 600 Stellenprozenten. In entsprechendem Umfang würden die involvierten Gemeinden entlastet.

Keine Einsparungen, aber andere Vorteile
Diese Zahlen verdeutlichen: Mit Einsparungen rechnet die Arbeitsgruppe nicht. Die Vorteile des neuen Gremiums sind gemäss Gempeler denn auch anderswo zu finden: «Durch die Grösse wird die Bauverwaltung für Fachspezialisten attraktiver.» Künftig könne zudem im Team gearbeitet werden. Gegenseitige Beratung werde möglich, was die Qualität steigere. Ein Vorteil dürfte zudem sein, dass sich die Verantwortung dadurch auf mehrere Schultern verteilt, was die Einzelpersonen entlastet. Obwohl sie die Gesetze, die sie anwenden, nicht selbst machen, werden Bauverwalter im heutigen System nach negativen Entscheiden immer wieder zur Zielscheibe.

Als weiteren Vorteil nennt Gempeler den neuen Arbeitsort. Dieser ist zwar noch nicht festgelegt, in der engeren Auswahl stehen aber mit Reichenbach und Frutigen Standorte, die auch von ausserhalb verhältnismässig gut erreichbar sind.

Ein dynamisches Gebilde
Nach den ersten Gesprächen ist klar: Das Interesse an einer Zusammenarbeit ist im Tal gross. Sechs von sieben Frutigländer Gemeinden wollen das Projekt weiterverfolgen. Die Ausnahme bildet Aeschi, das vorerst den Alleingang vorzieht. Man sei personell kurz- und mittelfristig gut aufgestellt, sagt Gemeindeschreiber Lukas Berger. «Eine Teilauslagerung des Aufgabenbereiches würde zudem dazu führen, dass wir unseren Posten des Bauverwalters künftig nicht mehr als Vollzeitstelle ausschreiben könnten. Womöglich würde das die Attraktivität schmälern.»

Die Absage Aeschis gefährde das Projekt nicht, sagt Markus Gempeler. Und er betont, dass es der Gemeinde jederzeit möglich sei, in die Regionale Bauverwaltung einzusteigen. Die Offenheit reicht noch weiter: «Unsere Probleme kennt man ja im gesamten Oberland und wir wären einem Wachstum über die Talgrenzen hinaus sicher nicht abgeneigt», so Gempeler. Auch der Aufgabenbereich könnte dynamisch wachsen und in einem weiteren Schritt Tätigkeiten in den Bereichen Raumplanung, Tiefbau oder Werkhofaufgaben umfassen.

Zunächst gilt es nun aber, das Projekt in seiner ersten Form zu konkretisieren und die definitive Sitzgemeinde festzulegen. Gempeler rechnet diesbezüglich mit einem Entscheid bis Ende Mai.

Vorbild Herzogenbuchsee

Bei der Projektplanung orientierte sich die Frutigländer Arbeitsgruppe am Modell Herzogenbuchsee. Seit zwei Jahren kümmert sich dort das «Kompetenzzentrum Bau Oberaargau-West» um Baubewilligungsund Baupolizeiverfahren. Vor allem die kleinen Gemeinden würden von der Professionalisierung profitieren, sagt Gemeindeverwalter Rolf Habegger. Auch sonst zieht er ein durchwegs positives Fazit.

JUZ

Ein Schritt Richtung gemeinsame Bauverwaltung

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