KANTON Erstmals seit 2012 muss der Kanton ein Defizit und einen Finanzierungsfehlbetrag hinnehmen. Trotzdem fällt die Jahresrechnung 2021 besser aus als budgetiert.

Bei einem Aufwand von gut 12 Milliarden Franken schliesst die Erfolgsrechnung des Kantons Bern mit einem Minus von 63 Millionen Franken ab. Der Voranschlag für das Jahr 2021 rechnete mit einem Defizit von 549 Millionen. Die Nettoinvestitionen konnten nicht vollständig aus eigenen Mitteln finanziert werden. Der Finanzierungsfehlbetrag beläuft sich auf 115 Millionen Franken, budgetiert war ein negativer Finanzierungssaldo von 604 Millionen.

Trotz des negativen Ergebnisses fällt die Jahresrechnung 2021 aus Sicht der Regierung deutlich besser aus als gedacht. Dies sei insbesondere auf höhere Gewinnausschüttungen der Schweizerischen Nationalbank (+240 Millionen Franken), tiefere Staatsbeiträge (–123 Millionen) sowie höhere Steuererträge (+109 Millionen) zurückzuführen. Doch auch tiefere Personal- und Sachaufwendungen hätten ihren Teil beigetragen.

Starke Belastung durch Corona
Die Ausgaben zur Bewältigung der Pandemie belaufen sich in der Jahresrechnung 2021 auf netto 118 Millionen Franken. Damit liegen die Ausgaben zwar deutlich unter den budgetierten Werten (172 Millionen), führen aber wie im Vorjahr zu einer starken Belastung des Finanzhaushaltes. Hinzu kommen die nicht abschätzbaren Ertragsausfälle.

Zu Buche schlagen dabei insbesondere die Ausgaben für Wirtschaftshilfen und Härtefälle (55 Millionen Franken), die Umsetzung der Impfstrategie (48 Millionen), den Ausbau der Testangebote und des Kontaktmanagements (19 Millionen) sowie für die Defizitabgeltung im Bereich des öV (19 Millionen). Auf der anderen Seite wurde die Jahresrechnung durch die Auflösung einer im Vorjahr gebildeten Rückstellung zur Kompensation von Ertragsausfällen der Listenspitäler und -geburtshäuser entlastet (–34 Millionen).

Mehr investiert als geplant
Im Jahr 2021 wurden Nettoinvestitionen in Höhe von 412 Millionen Franken (Vorjahr: 391 Millionen) getätigt. Budgetiert waren 401 Millionen. Zu Mehrausgaben führten insbesondere die Umsetzung von Neu-, Ausbau- und Umgestaltungsprojekten (19 Millionen) sowie zusätzliche Belagssanierungs- und Instandsetzungsprojekte (8 Millionen) im Bereich der Infrastrukturen. Zudem wurden Darlehen im Bereich des Gesundheitswesens von insgesamt 19 Millionen (netto) gewährt, die im Budget nicht vorgesehen waren. Demgegenüber führt die Verschiebung des Baurechts in das Jahr 2022 beim Campus Biel in der Höhe von 34 Millionen Franken zu Minderausgaben.

Die konsequente Ausschöpfung des Budgets im Investitionsbereich ist aus Sicht des Regierungsrates einerseits erfreulich. Andererseits verdeutliche diese den erheblichen Mittelbedarf aufgrund der in den nächsten Jahren geplanten, grossen Hoch- und Tiefbauprojekte. Umso wichtiger seien die in jüngerer Vergangenheit zur Bewältigung dieses Bedarfs ergriffenen Massnahmen (Verwendung nicht mehr benötigter Fondsmittel, Durchführung von Investitionspriorisierungen, Vorschläge der Finanzkommission zur Anpassung der verfassungsrechtlichen Schuldenbremsen).

Unsichere Lage wegen Ukraine-Kriegs
Mit dem Abklingen der Pandemie und der Aufhebung der meisten Massnahmen haben sich die finanzpolitischen Perspektiven laut Regierungsrat insgesamt aufgehellt – nicht zuletzt auch aufgrund der positiveren Entwicklung der Steuererträge, des höheren Gewinnausschüttungspotenzials der SNB sowie der prognostizierten Mehrerträge aus dem Nationalen Finanzausgleich. Allerdings werde diese positive Entwicklung durch den Krieg in der Ukraine und seine möglichen Folgen für die Weltwirtschaft gleich wieder in Frage gestellt. Zum heutigen Zeitpunkt sei nicht abschätzbar, wie sich die militärischen Auseinandersetzungen auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirken werden.

Unabhängig davon seien auch in Zukunft namhafte Mehrausgaben zu erwarten (etwa in der Gesundheitsversorgung oder im Bildungsbereich aufgrund des demografischen Wandels), die sich negativ auf die finanzielle Entwicklung des Kantons auswirken werden.

PRESSEDIENST REGIERUNGSRAT DES KANTONS BERN

Die Hauptabweichungen der Erfolgsrechnung im Vergleich zum Voranschlag. Der oben genannte gesamtstaatliche Korrekturfaktor stellt eine Besonderheit im bernischen Finanzhaushalt dar. Er soll dazu dienen, die Abweichungen zwischen Rechnung und Vorschlag minimieren zu können. Als der Korrekturfaktor im Jahr 2011 eingeführt wurde, hielt die Kantonsregierung fest: «Nach Ansicht des Regierungsrates liegt es in der Natur der Sache, dass bei einer dezentralen Planung eines 10-Milliarden-Haushalts in über 60 rechnungsführenden Organisationseinheiten aufgrund des Vorsichtsprinzips unweigerlich Reserven gebildet werden.» Der gesamtstaatliche Korrekturfaktor ist also eine Art Puffer, der von vornherein eine mögliche ungünstige Entwicklung der Kantonsfinanzen berücksichtigt und Nachjustierungen ermöglicht. Einen solchen Faktor zur Budgetkorrektur kennt sonst nur der Kanton Zürich. Dort wird er allerdings nicht in der laufenden Rechnung, sondern in der Investitionsrechnung berücksichtigt («zentrale Korrektur Investitionen»).

GRAFIK: FINANZDIREKTION KANTON BERN

Kleineres Minus als erwartet

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