Motiviert und gleichzeitig überfordert
28.06.2022 RegionDIGITALISIERUNG Bernische Gemeinden bauen ihre digitalen Angebote aus, etwa mit der Möglichkeit einer elektronischen Umzugsmeldung. Gleichzeitig bekennen viele Gemeindeverwaltungen, mit der Digitalisierung überfordert zu sein. Eine Zusammenarbeit auf diesem Gebiet findet bisher jedoch ...
DIGITALISIERUNG Bernische Gemeinden bauen ihre digitalen Angebote aus, etwa mit der Möglichkeit einer elektronischen Umzugsmeldung. Gleichzeitig bekennen viele Gemeindeverwaltungen, mit der Digitalisierung überfordert zu sein. Eine Zusammenarbeit auf diesem Gebiet findet bisher jedoch eher selten statt.
Gemeinden sollen Umzugsmeldungen künftig auch digital anbieten. Dafür wird das Gesetz über Niederlassung und Aufenthalt der Schweizerinnen und Schweizer geändert. Bürger hätten künftig also die Wahl, ob sie die entsprechende Anund Abmeldung digital oder persönlich vornehmen. Auch ausländische Personen mit bestimmtem Aufenthaltsstatus und Wohnsitz in der Schweiz sollen von der neuen Dienstleistung profitieren können.
Positive Erfahrungen mit dem eUmzug
Bisher war der digitale Umzug nur als freiwillige Dienstleistung der Gemeinden zulässig, gestützt auf eine befristete Versuchsverordnung. Eine Evaluation bei den beteiligten Gemeinden Mitte 2020 ergab ein positives Bild: Sie beurteilen die administrativen Abläufe als weitgehend problemlos. Gleichzeitig stiess das Angebot auf reges Interesse bei der Bevölkerung. Aufgrund dieser Erfahrungen will der Regierungsrat die Gemeinden nun zum Angebot verpflichten.
Eine Drittmeldepflicht wird möglich
SchweizerInnen sollen bei der Anmeldung zur Niederlassung künftig keinen Heimatschein mehr vorweisen und bei der Gemeinde hinterlegen müssen. Seit Herbst 2021 können die Gemeinden Personenstandsdaten direkt über das vom Bund betriebene zentrale Personeninformationssystem abfragen. Damit verfügen sie über alle Informationen, die auch im Heimatschein aufgeführt sind.
Die Gemeinden sollen zudem ermächtigt werden, eine Drittmeldepflicht für Vermietende, Liegenschaftsverwaltungen und Logisgebende einzuführen. Beschliesst eine Gemeinde die Drittmeldepflicht, müssen Personen, die Unterkunft gewähren oder eine Wohnung vermieten bzw. verwalten, ihnen Meldung über Zu-, Um- und Wegzug erstatten. Diese Anpassung entspricht einem Anliegen der Gemeinden. Sie erhoffen sich davon eine Erleichterung bei der bundesrechtlich vorgeschriebenen Erhebung der Gebäude- und Wohnungsnummern. Der Regierungsrat erachtet den damit verbundenen Aufwand für Dritte angesichts des Nutzens für die Gemeinden als verhältnismässig.
Der Regierungsrat hat die Direktion für Inneres und Justiz ermächtigt, zur Änderung des Gesetzes und der Verordnung über Niederlassung und Aufenthalt der Schweizer ein Vernehmlassungsverfahren durchzuführen. Die Vernehmlassung dauert bis zum 30. September 2022.
Gemeinden sehen bei sich selbst Defizite
Auch wenn die elektronische Umzugsmeldung auf Interesse stösst: Insgesamt stellen sich die Gemeinden mit Blick auf die Digitalisierung ein schlechtes Zeugnis aus. Gemäss einer repräsentativen Online-Umfrage, an der 760 und damit rund ein Drittel aller Gemeinden in der Schweiz teilnahmen, sind die kommunalen Verwaltungen zwar motiviert und sehen im technologischen Wandel vor allem Chancen. Gleichzeitig sehen sich 58 Prozent der teilnehmenden Gemeinden bei der Digitalisierung jedoch als Nachzügler – nur 2 Prozent bezeichnen sich selbst als Vorreiter. Jene Gemeinden, die eine zentrale Stelle oder Person als Digitalisierungsverantwortliche bestimmt haben, bezeichnen sich deutlich häufiger als Vorreiter in diesem Bereich. Auch wer bereits über eine Digitalstrategie verfügt, bewertet den eigenen Entwicklungsstand positiver. Beides dürfte jedoch eher auf grössere Verwaltungen zutreffen.
Kooperation wenig gefragt
Bei der Bewältigung der digitalen Herausforderungen bereiten den Gemeindeverantwortlichen vor allem die Ressourcen Sorgen. Aus ihrer Sicht mangelt es vor allem an Personal, an finanziellen Mitteln und den Kompetenzen, um die Digitalisierung meistern zu können.
Die Mängel durch Kooperation wettzumachen, ist für die meisten jedoch kein Thema. Mit 29 Prozent ist der Anteil jener Gemeinden, die mit anderen Kommunen zusammenarbeiten, weiterhin sehr tief. Eine Rolle könnte hierbei spielen, dass immer mehr Kantone mit ihren Gemeinden die Errichtung gemeinsamer Portale angehen, über die dann Verwaltungsdienstleistungen angeboten werden. Eine Kooperation auf Gemeindeebene erübrigt sich in solchen Fällen.
PRESSEDIENST REGIERUNGSRAT KANTON BERN / SCHWEIZERISCHER GEMEINDEVERBAND / MARK POLLMEIER
Die Gemeinde-Befragung zur Digitalisierung der Schweizer Gemeinden wurde vom Verein Myni Gmeind zusammen mit dem Schweizerischen Gemeindeverband sowie dem Meinungsforschungsinstitut TransferPlus durchgeführt.