Von der Schiefertafel zur Robotik
08.08.2025 Bildung|SchuleSeit sechs Jahren ist Martin Wenger im Kandertal als Spezialist Medien und Informatik unterwegs. In seiner Rolle als Informatikdienstleister für die Frutigländer Lehrpersonen prägte er den Informatikunterricht im Tal stark mit und kennt die technischen Freuden und Leiden ...
Seit sechs Jahren ist Martin Wenger im Kandertal als Spezialist Medien und Informatik unterwegs. In seiner Rolle als Informatikdienstleister für die Frutigländer Lehrpersonen prägte er den Informatikunterricht im Tal stark mit und kennt die technischen Freuden und Leiden der Schulinformatik. Aber jetzt ist für ihn Schluss mit Bits und Bytes: Martin Wenger übergab Ende Juli seine Funktion an seinen Nachfolger Matthias Schär.
Die Gemeinden Frutigen, Kandergrund und Kandersteg kennen seit 2019 in ihren Schulhäusern den Spezialisten Medien und Informatik (SMI).
Die Allroundertätigkeit wurde damals neu geschaffen, um die Lehrpersonen beim Informatikunterricht zu unterstützen. Der «Frutigländer» traf Martin Wenger am 29. Juli 2025 im Schulhaus Widi in Frutigen, an seinem fast letzten Arbeitstag, und befragte ihn zu seinem Austritt.
Er kommt ins Schwärmen: «Ich kenne jede Lehrerin und jeden Lehrer der drei Gemeinden. Diese persönlichen Kontakte werden mir fehlen».
Digitalisierung als Taktgeber
«Meine Aufgaben als SMI orientierten sich an den Informatikbedürfnissen der Schulklassen und am Lehrplan», erzählt Martin Wenger. Heute stellt der First Level Support für den Lehrkörper eine wesentliche Aufgabe dar.
Der pädagogische Aspekt liegt deshalb auch für den Informatik-Dienst im Fokus: Wie können zum Beispiel Medien und Informatik in den Unterricht eingebaut werden? «In regelmässigen Workshops mit den Lehrkräften werden beispielsweise Hard- und Software, Robotik, Automation, 3D-Druck und Datenschutz besprochen», erläutert Martin Wenger. Die digitale Entwicklung schreitet rasch voran, die Schulen müssen am Ball bleiben. Das SMI-Angebot ist im Frutigland etabliert, wird an den Schulen geschätzt und regelmässig in Anspruch genommen.
Informatik als Wegbegleiter seiner Lehrertätigkeit
Martin Wenger war immer ein leidenschaftlicher Mehrklassenlehrer. Er schätzte das Unterrichten verschiedener Klassenjahrgänge in einem einzigen Schulzimmer, so wie man es in ländlicheren Regionen noch antrifft. Informatikmässig blieb seit seinem Berufseinstieg im Jahr 1979 kein Stein mehr auf dem anderen. Er durchlief die Entwicklung von der Schiefertafel zur Robotik mit. Den ersten schulmässigen Informatikkontakt knüpfte er 1985 mit dem Kauf eines PC’s, einem Commodore 128. Ein Informatikbudget war damals undenkbar, er bezahlte den Rechner selbst und setzte diesen im Klassenzimmer für einfache Französischprogramme ein. Sein greiser Commodore ist ihm leider vor kurzer Zeit abgebrannt – nichts ist für die Ewigkeit.
1986 stieg Martin Wenger in die Microsoftwelt ein, das Betriebssystem MS-DOS und Windows waren angesagt. So kam er mit der grafischen Benutzeroberfläche in Kontakt.
Seine SchülerInnen sammelten erste Erfahrungen mit einem Text- und Kalkulationsprogramm. Für Martin Wenger war das der eigentliche Startschuss hin zum informatikgestützten Unterricht an den Schulen und den IT-Herausforderungen für die Lehrerschaft. 1991 kamen das World Wide Web und die ersten Internetabfragen per Telefonleitung und Modemeinwahl. Die Einwahltöne und der Umstand, dass damit die Leitung zum Telefonieren blockiert war, ist vielen sicherlich noch bekannt.
Nicht anders im Schulhaus Winklen. Martin Wenger erinnert sich: «Der Informatikunterricht und das Interesse der SchülerInnen stieg rasch. Die Erziehungsdirektion des Kantons Bern erstellte erste Unterrichtsvorgaben, es folgten IT-Fortbildungskurse für LehrerInnen.» Ab 2015 erfolgten durch die Gemeinden erste Schul-Hardwarebeschaffungen im grösseren Stil. 2002 gab es für die Frutiger Schulen erstmals einen sogenannten ICT-Verantwortlichen, der sich um die Informationstechnologie kümmerte.
Spezialist Medien und Informatik in neuen Händen
2019 machte Martin Wenger seine Informatikleidenschaft mit der Funktion des SMI zur Haupttätigkeit. Er bezeichnet sich als «Informatiktüftler», tauchte mit Begeisterung tief in die Materie ein und machte oftmals den Abend zum Tag, bei entsprechendem Kaffeekonsum. «Ein Phänomen von InformatikerInnen», meint der Tüftler lachend.
In seiner sechsjährigen Arbeit als SMI zentralisierte Wenger beispielsweise das Informatikmaterial der verschiedenen Schulen, ein umfangreiches Vorhaben. Robotik, 3D-Drucker, Plotter, Rechner und die entsprechenden Programme sind hier die Stichworte.
Auf den 31. Juli 2025 ging Martin Wenger nun in die wohlverdiente Pension und übergab per 1. August 2025 seinem Nachfolger Matthias Schär die SMI-Funktionen. Matthias Schär wird nebst dieser Tätigkeit noch zu zehn Prozent weiterhin als Lehrperson arbeiten. Neu werden auch die Schulen der Gemeinde Reichenbach von ihm betreut. Der Wissenstransfer von Wenger zu Schär erfolgte bereits seit einem halben Jahr. Das gesamte Informatikmaterial wurde von ihnen ins alte Widi-Schulhaus umgezogen.
Es gab eine Hard- und Softwareeinführung, die Pendenzenliste wurde erstellt. «Mir ist es wichtig, meine AnsprechpartnerInnen rasch persönlich kennenzulernen», sagt Matthias Schär.
Ein weiteres Anliegen ist ihm der Ausbau des First Level Support. Auch will er dazu beitragen, dass die SchülerInnen kreativ in die digitale Welt eintauchen können.
Die neuen Technologien dazu sind vorhanden, erfordern aber einen verantwortungsvollen Umgang, beispielsweise in Bezug auf die künstliche Intelligenz. Das Thema Bits und Bytes bleibt spannend an den Frutigländer Schulen – für alle Beteiligten.
GERHARD KAPPHAN
ZUR PERSON
Martin Wenger ist 67-jährig und mit Ruth verheiratet. Sie haben drei erwachsene Töchter und wohnen in Frutigen. Seine Kindheit und Jugendjahre verbrachte Martin Wenger in Interlaken. Nach seinem Abschluss 1979 am Lehrerseminar trat er seine erste Stelle an der Schule in der Gemeinde Röthenbach im Emmental an. 1981 traf er im Nachbarschulhaus seine künftige Frau Ruth, sie arbeitete dort ebenfalls als Lehrerin.
1991 zog die Familie Wenger nach Frutigen um. Im Schulhaus Winklen arbeitete Martin Wenger als Lehrer bis 2019 und übernahm danach die neu geschaffene Funktion als Spezialist Medien und Informatik für die Gemeinden Frutigen, Kandergrund und Kandersteg. Nach 46-jähriger Tätigkeit wurde er nun Ende Juli 2025 pensioniert. Martin Wenger bleibt aktiv, beim Fotografieren, beim Tennis spielen, beim Velo und Ski fahren. Zudem schlägt sein Herz weiterhin für die Informatik und er ist als freier Mitarbeiter für die Zeitung «Frutigländer» unterwegs.