Aus der Ferne mit viel Wärme
16.12.2022 FrutigenUKRAINE Was mit einer kleinen Idee begann, ist inzwischen zu einem effizienten Programm herangewachsen: Flüchtlinge in Frutigen helfen ihren Landsleuten in der Ukraine. Aktuell wird alles gebraucht, was Energie spendet und wärmt. Dafür haben sich Olga Konovalenko, Fabienne ...
UKRAINE Was mit einer kleinen Idee begann, ist inzwischen zu einem effizienten Programm herangewachsen: Flüchtlinge in Frutigen helfen ihren Landsleuten in der Ukraine. Aktuell wird alles gebraucht, was Energie spendet und wärmt. Dafür haben sich Olga Konovalenko, Fabienne Wagner, Olena Popovich, Nataliia Hradanovych, Rob Wetton und Alexandra Bolotina zusammengetan.
MICHAEL SCHINNERLING
Bei der Ukrainerin Nataliia Hradanovych zu Hause hängen viele selbstgemalte Bilder. Auf einem ist ein Bündel Weizen zu sehen, das zu einem Kreis geformt ist. «Dies ist das Symbol dafür, wie wir helfen wollen, zu unserer Familie und Gemeinschaft stehen und nicht aufgeben», erklärt Hradanovych.
Vor sechs Wochen war es noch eine Idee, etwas im Kleinen zu organisieren und von Frutigen aus zu helfen. Dadurch kam jedoch ein Stein ins Rollen. Es hat sich eine kleine Gruppe Hilfswilliger gebildet, in der jeder das macht, was er oder sie am besten kann: Olga Konovalenko fungiert als Koordinations- und Bezugsperson in Frutigen, Fabienne Wagner ist zuständig für die Administration und die Beschaffung der Hilfsgüter, Rob Wetton ist ehrenamtlicher Berater, Olena Popovich betreut die Sozialen Medien, Nataliia Hradanovych kümmert sich um Logistik und Formalitäten. Kontaktperson in Charkiw (zweitgrösste Stadt der Ukraine) ist Alexandra Bolotina, die für die Verteilung der Hilfsgüter zuständig ist. Gemeinsam haben nun alle eine Solidaritätswelle ausgelöst, mit der sie in diesem Ausmass nicht gerechnet haben.
Es wurde viel geschrieben
Wagner schrieb in der ganzen Schweiz Firmen an und bat um Hilfsmaterial. «Wir brauchen aktuell Warnwesten, Powerbanks, Decken, Batterien (AA und AAA) für die vielen gespendeten Lampen, Notkocher, Fertiggerichte (Suppen / Eintöpfe), die mit heissem Wasser zubereitet werden können, Kondensmilch, Honig, Schokolade und alles, was wärmt», so Wagner. Sie selbst arbeitet für eine Heizungsfirma und möchte, dass auch andere es warm haben. «Brandaktuell erreichte mich die Nachricht, dass Kaffee dringend benötigt wird als Instant-Getränk», fügt sie an. Einiges an Material wird momentan bei Hradanovych in der Garage und im Keller zwischengelagert. «Eigentlich sollte alles schon unterwegs sein, es kam aber zu Verzögerungen mit den Zollpapieren und weiteren Dokumenten. Wir fahren durch Deutschland und Polen, bis wir nach fast 3000 km in Charkiw sind. Um wieder zurückfahren zu können, müssen alle Papiere exakt stimmen», so Hradanovych. Damit es beim nächsten Mal schneller geht, haben sie bereits die übernächste Lieferung beantragt.
Im Deutschkurs lernten sie sich kennen
Wagner unterrichtete nebenberuflich / ehrenamtlich all diese Frauen in Deutsch. «Dabei freundeten wir uns an, und so entstand das Ganze. Rob ist mein australischer Nachbar, von dem die Idee mit den warmen Messages stammt.» Damit ist gemeint, dass jedes Hilfsgut mit einer warmen Botschaft versehen wird. «Damit danken sie ihren Landsleuten und machen ihnen Mut, durchzuhalten», erläutert Wagner. «‹Zusammen› ist Olgas Lieblingswort, es gibt ihr ein heimeliges Gefühl – und unsere Aktion zeigt, dass es nur zusammen geht.» Das Team ist überwältigt von der Menge an Hilfsgütern, die bisher zusammengekommen ist. Am Dienstag haben Nataliia und ihr Mann sechs Stationen innerhalb der Schweiz abgefahren, um palettenweise Waren aufzuladen – beispielsweise in Neuhausen am Rheinfall, Zürich und im Kanton Aargau.
Vor Ort verteilt
In Charkiw wartet Bolotina, die vor Ort die Hilfsgüter verteilt. Dass die Ukrainer trotz des Kriegs sehr kreativ sind, zeigt eine Anekdote: Da die Stadt nicht weihnachtlich dekoriert werden kann, wurde ganz einfach unterirdisch bei den U-Bahn-Stationen alles weihnachtlich geschmückt.
Der Gedanke, nicht genug für ihre Landsleute zu tun, beschäftigt die ukrainischen Helfer. Dabei versuchen sie gemeinsam mit ihren Freunden und Helfern in der Schweiz alles Mögliche, um das Leid vor Ort zu mindern. Momentan läuft die Kampagne #zusammenwärmer auf Hochtouren, damit der Winter erträglicher wird.
Mehr über das Hilfsprojekt erfahren Sie unter www.frutiglaender.ch im Bereich Web-Links.