«Das Präsidium der SVP-Frauen Kanton Bern war eine glückliche Fügung»
06.05.2025 Porträt, KanderstegSeit Februar ist Daria Winkelmann-Rösti Präsidentin der SVP-Frauen Kanton Bern. Der «Frutigländer» traf die Kanderstegerin, die heute mit ihrer Familie im Seeland lebt, zum Gespräch über die Lust an der Debatte und die Tücken der ...
Seit Februar ist Daria Winkelmann-Rösti Präsidentin der SVP-Frauen Kanton Bern. Der «Frutigländer» traf die Kanderstegerin, die heute mit ihrer Familie im Seeland lebt, zum Gespräch über die Lust an der Debatte und die Tücken der Geduld.
BETTINA GUGGER
Daria Winkelmann-Rösti ist der beste Beweis dafür, dass Politik Spass macht. Wenn sie über ihre politischen Anliegen spricht, leuchten ihre Augen. Politik heisst für sie, etwas zu bewegen. Seit Februar leitet sie die SVP-Frauen Kanton Bern. Damit folgt sie auf alt Grossrätin Christine Gerber. «Ich bin sehr gut gestartet im neuen Amt. Wir konnten im Vorstand bereits einen tollen Teamspirit entwickeln.»
Durch die neue Aufgabe gewinne sie auch spannende Einblicke in die Geschäftsleitung und den Parteivorstand der SVP. Sie sei dort gut aufgenommen worden und habe bereits eine Stimme, so Winkelmann-Rösti. Durch das Amt könne sie unabhängig von einem Mandat im Parlament die Politik mitgestalten.
Seit mehreren Jahren ist sie in der Politik aktiv. Als Kommunikationsverantwortliche im Vorstand des Wahlkreises SVP Biel-Seeland begleitet sie politische Karrieren und Kampagnen. «Das Präsidium der SVP-Frauen Kanton Bern war eine glückliche Fügung.» Der Vorstand konstituierte sich neu und unter der Leitung von Vizepräsidentin Liliane Hugenin wurde Winkelmann-Rösti als neue Präsidentin vorgeschlagen.
Auch wenn sie aus einer Politikerfamilie stamme, sei ihr Politik nicht einfach nur in die Wiege gelegt worden, meint Daria Winkelmann-Rösti, Tochter von alt Grossrat Hans Rösti und Nichte von Bundesrat Albert Rösti. «Als mein Vater angefragt wurde, für den Grossrat zu kandidieren, realisierte ich, was man gemeinsam erreichen kann», so die Kanderstegerin über ihre früheste Erinnerung an Politik. Und nein, es nerve sie überhaupt nicht, ständig auf ihren Onkel angesprochen zu werden. «Durch ihn konnte ich sehr viel lernen. Das Verhältnis ist durch seine Wahl zum Bundesrat in der Familie nicht anders geworden. Albert ist immer noch der gleiche wie vorher.» Das zeichne die Familie auch aus. «Ich werde schon lange nicht mehr als ‹Nichte von› oder ‹Tochter von› wahrgenommen. Wenn es heute der Fall ist, bin ich stolz, ein Familienmitglied von Röstis zu sein.»
Organisch gewachsene Karriere
Daria Winkelmann-Röstis politische Karriere entwächst ihrem Engagement in Verbänden wie Swissherdbook, der sich um die Interessen der RindviehzüchterInnen kümmert, oder aus der Tätigkeit als Mandatsleiterin beim Gewerbeverband Berner KMU. Seit 2025 hat die gelernte Kauffrau, die einst auf der Gemeindeverwaltung in Aeschi ihre Lehre absolvierte, die Geschäftsführung der Landwirtschaftlichen Organisation Seeland und die Leitung von Pro Agricultura Seeland inne. Sie ist aber auch Vizepräsidentin der SVP Aarberg und seit kurzem Präsidentin der SVP Grosses Moos. Dazwischen liegen verschiedene Funktionen bei der Raiffeisenbank und ein DAS (Diploma of Advanced Studies) in «Bank Management» sowie zwei CAS-Abschlüsse (Certificate of Advanced Studies) an der Hochschule Luzern, «Vertriebsmanagement» und «Führung im Banking».
2009 kam sie von einem Sprachaufenthalt aus Kanada zurück und fand im Seeland eine Miniaturentsprechung Kanadas. Zusammen mit ihrem Mann baute sie in Siselen ein Haus, wo das Paar heute mit seinen drei Kindern (sechs-, vier- und einjährig) lebt. «Die Natur hat mich sehr geprägt», meint Winkelmann-Rösti, die sich als «Bärgler-Meitschi» bezeichnet, das auch die Weite lieben gelernt hat. Oft besucht sie mit ihren Kindern die Familie in Kandersteg. Regelmässig zieht es sie dort an ihren Lieblingsort, ins Ueschinental.
Die Freude an der Politik, die sie von zu Hause mitbekommen hat, will Winkelmann-Rösti anderen Frauen weitergeben. Sie will ihre Geschlechtsgenossinnen dazu motivieren, sich zu vernetzen und sich einzubringen. «Politik ist für mich etwas, das im Kleinen anfängt und wachsen muss», so Winkelmann-Rösti, auch wenn der politische Weg ein langer sei. Das habe sie vom Vater mitbekommen. Als Sekretärin der SVP Frutigen, als Führungsperson und als Mutter von drei Kindern habe sie gelernt, Geduld aufzubringen, auch wenn das bis heute nicht ihre Stärke sei.
Herzensangelegenheit Familienpolitik
Als Familienfrau liegt ihr besonders die Familienpolitik am Herzen. Sie plädiert für Eigenverantwortung und Chancengleichheit, wobei sie nichts von einkommensabhängigen Kinderabzügen hält. «Es sollen für alle die gleichen Grundlagen gelten», findet Winkelmann-Rösti. Dabei will sie an der Unterstützung von armen Familien nicht rütteln.
Ein Dorn im Auge ist ihr die Integrative Schule gemäss Lehrplan 21. Die Sonderförderungen innerhalb einer Klasse seien von den Lehrpersonen schlicht nicht zu stemmen, ohne dass die Qualität des Unterrichts leide. Da brauche es einen Richtungswechsel, damit die Spannbreite von Bildungsniveaus nicht noch grösser werde.
Winkelmann-Rösti setzt sich dafür ein, dass auch Schulen in kleinen Gemeinden erhalten bleiben, um junge Familien anzuziehen. Und schliesslich könne man das Niveau des Unterrichts auf der Sekundarstufe in der Agglomeration, wo teilweise 50 Prozent der Kinder und Jugendlichen einen Migrationshintergrund und oft Defizite in der Unterrichtssprache haben, nicht mit dem Unterricht in einer kleinen Gemeinde vergleichen, wo Schwächere gezielt gefördert werden können. Damit spricht sie eine unbequeme Realität aus, auf die das Schweizer Bildungssystem noch keine Antwort hat. Heute kann in der Schweiz jeder vierte Schulabgänger nur ungenügend lesen.
Herausforderungen der Landwirtschaft
Aus einer Bauernfamilie stammend, ist Winkelmann-Rösti mit den Herausforderungen der Landwirtschaft gross geworden. Sie möchte die Stärken der Landwirtschaft hervorheben, ein Bewusstsein dafür schaffen, was LandwirtInnen hierzulande leisten, und im Direktkontakt ein Verständnis für die Preispolitik schaffen. «Wir müssen künftig wohl mit weniger Ressourcen auskommen», ist Winkelmann-Rösti überzeugt.
Gerade das Wasser sei eines der grössten Themen der nächsten Jahre. Das WEF beschreibt in seinem «Global Risk Report» bereits 2018 den Umgang mit Wasser als grösste globale Herausforderung. Für Winkelmann-Rösti ist klar, dass im Zuge von schwierigen Produktionsbedingungen durch weniger Wasser und durch die Reduktion von Pflanzenschutzmitteln die Produkte künftig teurer werden müssen.
Im Herbst wird der Nationalrat über den Vorstoss von Philipp Bregy diskutieren, der fordert, dass Pflanzenschutzmittel, die in der EU zugelassen sind, auch in der Schweiz ohne weitere Prüfung zum Einsatz kommen dürfen. Winkelmann-Rösti plädiert für einen Mittelweg. Ohne Pflanzenschutzmittel gehe es nicht. Die Schweizer Landwirtschaft sei darauf angewiesen. «Es macht wenig Sinn, gewisse Pflanzenschutzmittel zu verbieten, um dann wiederum landwirtschaftliche Erzeugnisse wie Zuckerrüben aus dem nahen Ausland, wo diese Pflanzenschutzmittel zum Einsatz kommen, zu importieren.» Aber sie mahnt auch zur Vorsicht. Die Schweiz müsse sicherstellen, dass das Grundwasser nicht belastet werde. Im Seeland kämpft der Wasserversorger SGW mit – aufgrund von Pflanzenschutzmitteln – verschmutztem Grundwasser, das eine neue Filteranlage erfordert. Auf dem Gerichtsweg will der SWG erreichen, dass die Zulassungsstelle als Verursacher dafür die Haftung übernimmt, wie der «Tages-Anzeiger» im Februar berichtete.
Blick auf die nächsten Wahlen
Für die kommenden kantonalen Wahlen im nächsten Jahr will die SVP Kanton Bern ihre bürgerliche Mehrheit im Parlament sowie im Regierungsrat stärken und die Anzahl Sitze leicht erhöhen, um markantere Entscheide herbeiführen zu können. «Dadurch gibt es möglicherweise extremere Entscheide und Vorstösse, aber um weiterzukommen, ist das wichtig.» Als Präsidentin der SVP-Frauen Kanton Bern will sie in der SVP-Fraktion den Frauenanteil erhöhen und Frauen, die in ihren Gemeinden einen super Job machen, zu einer Kandidatur ermutigen. Winkelmann-Rösti ist allerdings keine Anhängerin einer Frauenquote und betont auch, dass das politische Engagement im schweizerischen Milizsystem für Frauen mit einer jungen Familie eine Herkulesaufgabe sei. Da gelte es ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass nicht immer der richtige Zeitpunkt für eine Kandidatur sei.
Sie selbst schliesst nicht aus, künftig selbst für den Grossrat zu kandidieren, allerdings nicht zum heutigen Zeitpunkt aufgrund ihrer familiären Situation.«Ich möchte die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass es jungen Familien gut geht», fasst Winkelmann-Rösti abschliessend ihr politisches Programm zusammen. Und wie entspannt die viel beschäftigte Powerfrau? «Am liebsten treffe ich mich mit Freundinnen, um auf neue Ideen zu kommen. Ich bin nicht der Typ, der alleine sein muss, um mich zu erholen», lacht Winkelmann-Rösti.