Der Wolf schleicht sich auf die Theaterbühne
22.11.2022 KulturEine idyllische Alp, ein jahrzehntealtes Geheimnis, Betrug und Erpressung sowie eine Prise Liebe – das sind die Zutaten für einen gelungenen Theaterabend. Die Frutigtaler Spiellüt führen das Volksstück «Dr Wolfspfad» von Monika Odermatt ...
Eine idyllische Alp, ein jahrzehntealtes Geheimnis, Betrug und Erpressung sowie eine Prise Liebe – das sind die Zutaten für einen gelungenen Theaterabend. Die Frutigtaler Spiellüt führen das Volksstück «Dr Wolfspfad» von Monika Odermatt auf.
SONJA STEUDLER
Die Idylle wäre perfekt auf der Lämmere-Alp. Der erfahrene Schafhirt Kobi (Manfred Schenk) und die junge Schafhirtin Luzia (Sandra Ortu) verstehen sich bestens und arbeiten Hand in Hand zum Schutz der zahlreichen Schafe. Doch das schöne Bild trügt, die Schafherde wird unruhig und auch Luzias Herdenschutzhunde schlagen vermehrt Alarm. Und tatsächlich werden auch gerissene Schafe entdeckt.
Ob da wohl ein Wolf umherschleicht? Dies zumindest meinen die Schafhalter Anna (Monika Däpp) und Louis (Jürg Bühler) zu wissen und wollen dem Störenfried eigenhändig den Garaus machen. Doch würde da der Richtige in die Falle tappen? Und warum reagiert Älpler Kobi so unwirsch, als sie ihn dafür um Hilfe bitten, und jagt sie gar von der Alp? Und wäre die Lösung des Wolfsproblems nicht eigentlich Sache des schneidigen jungen Jägers Peter (Pascal von Känel), der einen geheimnisvollen Auftrag vom Wildhüter erhält?
Entscheidende Vollmondnacht
Noch verworrener wird die Geschichte, als die fleissige Kräutersammlerin und Klosterfrau Schwester Elisabeth bemerkt, dass es immer weniger Heilkräuter gibt auf der Alp. Schwester Elisabeth erzählt Kobi von ihrer Feststellung und der sonst so gutmütige Schafhirt reagiert erneut sehr unwirsch.
Steckt hinter seinem Verhalten ein altes Geheimnis? Oder hängt am Ende doch wieder alles irgendwie mit den Ereignissen der Neuzeit und den Wolfsrissen zusammen? Vielleicht wird alles klarer nach der Vollmondnacht, in der sich der Wolf zeigen soll. Regisseur André Luginbühl durfte für das neuste Stück – mittlerweile das 31. der Frutigtaler Spiellüt und das 19. unter seiner Regie – zu einem grossen Teil auf bewährte Laienschauspieler zurückgreifen. Mehrere Rollen konnten mit Leuten besetzt werden, die schon mehrfach für dieses Ensemble auf der Bühne standen. Laut Luginbühls Aussagen kamen aber auch die Neulinge sehr schnell mit ihren Rollen zurecht und dementsprechend leicht fiel es, das Stück einzustudieren.
Rund 23 Proben in gut drei Monaten waren dafür nötig. Es hat sich gelohnt, Luginbühls Leute überzeugen in ihren Rollen und wissen mit Textsicherheit und – wo angebracht – auch dem nötigen Spielwitz zu überzeugen.
Der jüngste Akteur ist 13-jährig
Ein wenig nervös sei er doch, meint Joshua Luginbühl, der jüngste Schauspieler und Sohn von Regisseur André Luginbühl, der das erste Mal bei einem so grossen Stück auf der Bühne steht. «Eigentlich konnte ich den Text recht schnell auswendig, aber irgendwie habe ich mich nicht getraut, das Theaterbüchlein wegzulegen», erzählt der 13-jährige Schüler. Irgendwann habe man ihm das Büchlein dann einfach weggenommen. Auf die Frage, ob seine Lehrer von seinem Engagement und den vielen Proben bis in den späteren Abend gewusst hätten, meint Joshua nur breit grinsend: Nein, denen hätte er – mit Ausnahme der Schulleiterin – nichts erzählt. Jetzt wüssten sie es aber sicher, aus dem Programmheft oder der Zeitung.
Ein Bühnenjubiläum
Ein gutes Stück seiner Nervosität nimmt Joshua aber sicher der Umstand, dass er beim ersten Einsatz von seiner Tante Marianne Wenger begleitet wird, im «Wolfspfad» sein Grosi Rosa. Mit Marianne Wenger hat der Neuling eine sehr erfahrene Volksschauspielerin an seiner Seite. Sie darf dieses Jahr ein Bühnenjubiläum feiern. Mit dem neusten Stück steht Wenger bereits das 25. Mal für die Frutigtaler Spiellüt auf der Bühne. Überhaupt war sie beim Theaterverein Gründungsmitglied und in den wenigen Jahren, in denen sie nicht auf der Bühne zu sehen war, wirkte sie im Hintergrund mit. Verleidet ist ihr die Theaterspielerei dennoch bis heute nicht. Dies spürt man auch bei ihrem Auftritt.
Kein Politikum
Sehr wichtig ist Regisseur André Luginbühl noch zu erwähnen, dass die Wahl des Stückes keinesfalls einen politischen Hintergrund hat. Auch soll für keine Seite Partei ergriffen werden. Handlung, Ort und Personen wurden von der Autorin Monika Odermatt frei erfunden und stellen keinen Bezug zu unserer Region dar.
«Dr Wolfspfad» ist also kein politisches Stück, sondern vielmehr ein unterhaltsames Theater mit aktuellem Bezug.
Weitere Aufführungen: Mittwoch, 23. November, Kirchgemeindesaal Reichenbach; Freitag, 25. November, Turnhalle Kandergrund; Dienstag, 29. November, Lötschbergsaal, Spiez. Beginn jeweils 20 Uhr. Nähere Infos zu den jeweiligen Vorverkaufsstellen finden Sie unter www.frutiglaender.ch im Bereich Web-Links.