KANTON Soll Kulturland eingezont werden, muss es einigermassen gut mit Bus oder Bahn erreichbar sein. Aus Sicht einiger Grossräte sind die Anforderungen zu streng und hemmen die Entwicklung in Berggemeinden.
BIANCA HÜSING
Ländliche Gemeinden stecken ...
KANTON Soll Kulturland eingezont werden, muss es einigermassen gut mit Bus oder Bahn erreichbar sein. Aus Sicht einiger Grossräte sind die Anforderungen zu streng und hemmen die Entwicklung in Berggemeinden.
BIANCA HÜSING
Ländliche Gemeinden stecken punkto Mobilität und Entwicklung in einer Art Teufelskreis: Oft sind sie zu klein und bieten zu wenige Arbeitsplätze, als dass eine hohe ÖV-Taktung wirtschaftlich zu rechtfertigen wäre. Um allerdings wachsen zu können, müssen sie einigermassen gut mit dem öffentlichen Verkehr erschlossen sein. Dies gilt umso mehr, seit der Kanton Bern in Reaktion auf die Kulturland-Initiative sein Baugesetz und die dazugehörige Verordnung geändert hat. Für die Einzonung landwirtschaftlicher Nutzflächen gelten seither strengere Kriterien – etwa eine besonders hohe Nutzungsdichte und eine gute ÖV-Erschliessung. Soll zum Beispiel eine Arbeitszone von mehr als 0,5 Hektaren ausgeschieden werden, muss das entsprechende Gebiet mindestens die «Erschliessungsgüteklasse D» besitzen, sprich: Es müsste alle 31 bis 60 Minuten ein Bus oder eine Bahn in der Nähe halten.* In Berggemeinden sieht die Realität jedoch oft anders aus: Entweder ist die Taktung niedriger oder die nächste Haltestelle zu weit entfernt.
Aus Sicht des Grossrats Thomas Knutti (SVP) werden den Gemeinden und dem Gewerbe damit «massive Einschränkungen» auferlegt. Weil so gut wie keine Oberländer Gemeinde die ÖV-Erschliessungsanforderungen erfülle, würde die Region wichtiger Entwicklungsmöglichkeiten beraubt. Gemeinsam mit anderen Parlamentariern aus dem rechtsbürgerlichen Lager – darunter auch Jakob Schwarz (EDU) – fordert Knutti vom Regierungsrat, die Erschliessungsgütevorgaben in der Bauverordnung anzupassen.
Der Regierungsrat sieht ebenfalls Nachbesserungsbedarf
Die Kantonsregierung betont indes, dass es für Gemeinden im Hügel- und Berggebiet schon heute möglich sei, von den Anforderungen abzuweichen. Tatsächlich ist dies explizit in der kantonalen Bauverordnung festgehalten. Insgesamt 59 Gemeinden werden diesem Raumtyp zugeordnet, so auch Kandergrund. Die übrigen Frutigländer Gemeinden fallen nicht in diese Kategorie und können ergo nicht von einer Ausnahmeregelung profitieren.
Dass es noch Klärungs- respektive Nachbesserungsbedarf gibt, räumt der Regierungsrat in seiner Antwort auf die Motionäre ein. «Das Bedürfnis nach einer noch differenzierteren Beurteilung von Einzonungen besteht in vielen Regionen und Gemeinden, steht jedoch im Interessenkonflikt mit dem wichtigen Schutz des Kulturlands.» Der Prozess zur Überprüfung der ÖV-Erschliessungsanforderungen sei bereits «aufgegleist». So empfiehlt der Regierungsrat die Motion denn auch zur Annahme.
*Die Erschliessungsgüte richtet sich nach der Art des Verkehrsmittels, der Taktung und der Entfernung der Haltestelle. Eine entsprechende Tabelle finden Sie unter www.frutiglaender.ch im Bereich Web-Links.