Ein intensives Jahr für das LWK
23.05.2023 KanderstegEin neues Kraftwerk, eine Firmenübernahme und die verrückt spielenden Strompreise beschäftigten die Verantwortlichen des Licht- und Wasserwerks im letzten Jahr.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Gut 30 Prozent oder 1,5 GWh Strom muss das Licht- und Wasserwerk ...
Ein neues Kraftwerk, eine Firmenübernahme und die verrückt spielenden Strompreise beschäftigten die Verantwortlichen des Licht- und Wasserwerks im letzten Jahr.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Gut 30 Prozent oder 1,5 GWh Strom muss das Licht- und Wasserwerk Kandersteg (LWK) jeweils einkaufen, um die Versorgung ganzjährig sicherstellen zu können. Da ist es kein Wunder, dass seitdem die Strompreise an der Börse genau verfolgt werden. LWK-Geschäftsführer Reto König erklärte an der Generalversammlung am letzten Mittwoch, dass die Zeit der jahrelangen «Sorglosverträge» sicher vorbei sei und man den Fremdstrom nun tranchenweise einkaufe. «Oft haben wir nur Stunden oder sogar nur Minuten, um bei Angeboten zuzuschlagen.»
Angebot und Nachfrage bestimmen bekanntlich die Preise, und diese spielten im letzten Jahr teilweise verrückt und erreichten niemals erahnte Höhen. Heute ist die Situation durch neue Bezugsquellen stabiler geworden. Trotzdem sind die Preise noch immer rund doppelt so hoch wie noch vor zwei Jahren. König ist aber zuversichtlich, dass die Tarife für die lokalen Kunden vorerst nicht erhöht werden müssen.
Stolz auf das «Jahrhundertbauwerk»
Die Einkaufs- und die Verkaufstarife spiegeln sich auch im Budget 2023 wider, das im Vergleich zum abgelaufenen Jahr deutlich höhere Zahlen ausweist. 2022 wurde ein Nettoerlös (inklusive Wasser) von 4 Millionen Franken verbucht, für 2023 sind 5,8 Millionen Franken budgetiert. Der Aufwand steigt aber ebenfalls von 1,9 auf 3 Millionen Franken. Der Betriebsgewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen belief sich 2022 auf gut eine halbe Million Franken. Nicht gross verändern wird sich der Gewinn: 2022 waren es 195 000 Franken, für das laufende Jahr werden 188 000 Franken prognostiziert.
Die Stromproduktion war mit gut 5,1 GWh tiefer als normal, da das Zilfuri-Kraftwerk abgerissen und für 8,7 Millionen Franken neu gebaut wurde. Das «Jahrhundertbauwerk», so die Worte von Präsident Peter Stoller, lieferte ab Dezember wieder Energie ins Netz – zwanzig Prozent mehr als vorher das alte Werk. Vize-Verwaltungsratspräsident Andreas Stettler präsentierte dazu einen Rückblick auf die Bauzeit in eindrücklichen Bildern – Bauen an steilen Hängen hat seine Tücken.
Mit 10 GWh lieferte das der BKW und dem LKW gehörende Kraftwerk Alpbach eine unterdurchschnittliche Strommenge. Strommangel habe es in Kandersteg aber nie gegeben, auch die Wasserversorgung sei immer zuverlässig gewesen und wird künftig durch teils neu erstellte Leitungen ausserhalb des Gefahrenperimeters «Spitzer Stein» noch sicherer.
Jetzt auch noch Wärme
Die geschäftliche Basis des LWK wird breiter: Ein neues Standbein bildet die Naturwärme AG. Der Fernwärmeverbund im Dorfzentrum gehört neu dem LWK (der «Frutigländer» berichtete). Der Präsident betonte, dass man sich im Verwaltungsrat und der Geschäftsführung viele Gedanken gemacht habe, bevor man eine Offerte einreichte. Ziel sei es, nur in Geschäfte zu investieren, die auch in Zukunft rentabel zu betreiben seien. VR-Präsident Stoller: «Wir kamen zum Schluss, dass das hier der Fall sein wird.» Aktuell werden 40 Liegenschaften mit Wärme aus Holzschnitzeln versorgt.
Langjähriger Präsident bestätigt
Nach dem intensiven 2022 hofft man auf ein ruhigeres Jahr, da es für das kleine LWK-Team mit dem Unterhalt der Strom-, Wasser- und Wärmenetze durchaus genug Arbeit gibt. Um die strategischen Pläne werden sich die wiedergewählten Verwaltungsratsmitglieder Andreas Stettler (Vize-VRP), Doris Kallen, Hans Rösti, Emanuel Aellig sowie Gemeindevertreter René Maeder kümmern. Anstelle des nach neun Jahren abtretenden Daniel Bettschen wurde Urs Grossen neu gewählt. Als Bankfachmann bringt er Erfahrungen im Finanzbereich ein. Nach zwölf Jahren als Verwaltungsratspräsident wurde Peter Stoller mit viel Lob für sein Engagement für eine fünfte Amtsperiode bestätigt.
Kann die Energiewende gelingen?
Als Gastreferent an der 120. Generalversammlung trat der in Kandersteg wohnhafte Andreas Züttel auf, der öfter auch als Energiepapst bezeichnet wird. Er stellte gleich zu Beginn klar, was er von diesem Titel hält. Mit Glauben habe seine Arbeit nichts zu tun – «ich bin Wissenschaftler». Züttel ist Professor für physikalische Chemie an der École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) in Sitten und leitet dort das gemeinsame Energieforschungslabor der Eidgenössischem Materialprüfungsanstalt (EMPA) und der EPFL.
Die Energiewende – sein Vortragsthema – sei möglich, zumindest technisch. Gemeint ist damit eine weitgehende Elektrifizierung der Schweiz und die Abkehr von begrenzt verfügbaren fossilen Treib- und Brennstoffen. Mit Photovoltaikanlagen auf allen Dächern, mit der intensiven Nutzung von Wind- und Wasserkraft, aber auch durch den Zukauf von erneuerbaren Energien aus Weltgegenden, die für die Produktion von Wasserstoff geeignet seien, sei der Ersatz in Zukunft realistisch. «Das Problem ist weniger die Produktion, sondern die Speicherung von Sommerenergie für die Winterzeit», machte Züttel klar. Der Bau von mehreren Staumauern in der Grösse der Grande Dixence und/ oder von riesigen unterirdischen Wasserstoffspeichern sei ein schwieriges Unterfangen (der «Frutigländer» berichtete, das Interview lesen Sie hier). Diese wären aber für ein stabiles System unabdingbar. Nicht zu vergessen ist zudem der erforderliche Wille zu Veränderungen im Energiesystem. «Noch bleiben uns dafür einige Jahre Zeit», so der Professor.
HSF