Ein kleiner (Un-)Ratgeber
26.07.2024 GesellschaftUMWELT Warum dürfen Deoroller in den Altglascontainer und Gläser nicht? Sind alle Kassenbons tabu für die Papiersammlung? Und was ist eigentlich so schlimm an Kaffeesatz im Abfluss?
BIANCA HÜSING
Regeln sind eine schöne Sache: Sie geben ...
UMWELT Warum dürfen Deoroller in den Altglascontainer und Gläser nicht? Sind alle Kassenbons tabu für die Papiersammlung? Und was ist eigentlich so schlimm an Kaffeesatz im Abfluss?
BIANCA HÜSING
Regeln sind eine schöne Sache: Sie geben Orientierung und ersparen einem das lange Grübeln über Richtig und Falsch. Leider ist die Realität selten so klar und strukturiert, wie es Regeln sind – schon gar nicht in der Welt des Abfalls. Im Prinzip wissen wir ja alle, wie das mit der Mülltrennung funktioniert: Papier gebündelt an die Strasse, Grünzeug ins grüne Eimerchen, Flaschen zur Sammelstelle und Plastik in den Kunststoffsack. Der grosse Rest landet entweder im Hauskehricht oder auf dem Entsorgungshof. Aber eben: Die Realität hat immer ein paar Überraschungen auf Lager, zum Beispiel Teebeutel oder Olivenölflaschen. Im Extremfall bestehen die aus mehr als drei Abfallkategorien. Wohin also damit? Auch andere Gegenstände stellen uns vor Rätsel: Sind Haare organisch genug für den Kompost? Zählen Hochglanzmagazine noch als Papier? Und was ist eigentlich mit diesen Fenstercouverts? Der «Frutigländer» gibt Rat im Umgang mit dem Unrat.
Keine Chance den «Fettbergen»
Fangen wir direkt mit einem Alltagsärgernis der ekligeren Sorte an: Haare.
Wenn in der Dusche das Wasser stehenbleibt, ist es mal wieder Zeit für einen beherzten Griff ins Abflussgitter, bei dem Sie einen schmierigen Haar-Seifen-Komplex erbeuten werden.
Praktischerweise steht die WC-Schüssel gleich nebenan, doch Halt: Hier gehören die Haare auf keinen Fall hin! Selbst ein kleines Büschel kann sich auf dem Weg durch die Kanalisation verfangen und in Kombination mit Ölen und Feuchttüchern zu einem undurchdringlichen Klumpen anwachsen. In Grossbritannien gibt es einen netten Fachausdruck dafür: «Fatberg». Weil die Londoner offenbar alles mögliche in ihre WCs werfen, müssen im Untergrund der Stadt regelmässig gigantische «Fatbergs» entfernt werden. Der bisherige Rekordhalter war 250 Meter lang und wog 130 Tonnen.
Deshalb gilt die simple Faustregel: Ins WC gehört nur, was zuvor durch Ihren Körper gegangen ist (und normales Klopapier). Haare entsorgen Sie am Besten im Hausabfall. Sie sind zwar organisch, in Kombination mit Pflegeprodukten aber nicht für die grüne Tonne geeignet.
Um den Biomüll rankt sich ohnehin die eine oder andere Legende. Manch ein Mitmensch behauptet, Eierschalen hätten darin nichts zu suchen, da sie Salmonellen übertragen könnten. Diese Theorie ist aber inzwischen überholt und die Eierschale für die grüne Tonne rehabilitiert. Selbst bunte Eierschalen dürfen darin entsorgt werden, sofern sie mit Lebensmittel- oder Biofarben bemalt sind. Das gleiche gilt für die Steine von Kernobst, obwohl es auch hier anderslautende Gerüchte gibt. Tee ist ebenfalls erlaubt, allerdings nur solo. Teebeutel gehören in den Hauskehricht. Wer’s besonders gut meint, schneidet sie auf und kippt den Tee in die Biotonne.
Hier ist übrigens auch Kaffeesatz gut aufgehoben – ganz im Gegensatz zum Abfluss, wo er zusammen mit anderen Lebensmitteln erhebliche Schäden anrichten kann (siehe oben).
Schädlich sind übrigens auch invasive Neophyten, weshalb sie nicht zum Grüngut, sondern in den Kehrichtsack gehören. Weniger klar ist die Sache bei den Biosäcken. Wegen ihrer langsamen Zersetzung sind sie hochumstritten. Die Stadt Bern erlaubt sie, während die AVAG ihre KundInnen bittet, darauf zu verzichten.
Fenstercouvert hui, Pizzakarton pfui
Eine Wissenschaft für sich sind Papier und Pappe. Zwar zählt die AVAG haarklein auf, was in die jeweilige Sammlung kommt und was nicht. Weil aber kein Mensch diese Liste auswendig lernt, stehen wir im Alltag oft ratlos mit einer Pizzaschachtel in der Hand herum.
Um es gleich vorwegzunehmen: Er hat in der Kartonsammlung nichts verloren.
Take-away-Verpackungen sind voller Speisereste und Fette und müssen deshalb im Hauskehricht entsorgt werden.
Eierkartons sind dagegen gut in der Kartonsammlung aufgehoben – es sei denn, Ihnen ist darin ein Ei zerplatzt.
Allgemein gilt: Papier und Pappe sollten möglichst ohne Fremdkörper sein. Entfernen Sie deshalb Klebeband und Metallklammern von Ihren Paketen – die Recycler werden es Ihnen danken. Bis zu einem gewissen Grad können deren Anlagen aber durchaus mit Störstoffen umgehen. Es ist zum Beispiel völlig okay, Couverts mit Plastikfenstern ins Altpapier zu werfen. Das gilt auch für Magazine, obwohl sie mit Heftklammern zusammengetackert und mit Lacken überzogen sind. Beides wird in den Anlagen herausgefiltert. Die Einschweissfolie sollten Sie trotzdem abreissen und im Hauskehricht entsorgen.
Klare No-Gos sind Nasen- oder Haushaltstücher, Etiketten, Geschenkpapier oder Getränkekartons. Grenzfälle sind dagegen Kassenzettel: Die weissen gehören wegen ihrer chemischen Zusammensetzung in den Hauskehricht, die blauen dürfen ins Altpapier.
Merkwürdige Mischformen
Wo wir schon bei den Grenzfällen sind: Produktehersteller machen es uns oft schwer, ein sauberes Entsorgungsgewissen zu haben. Deoroller sind zum Beispiel merkwürdige Mischformen aus Glas und Plastik. Dürfen sie trotzdem ins Altglas? Ja. Den Deckel sollten Sie zwar – wie bei allen anderen Glasflaschen auch – unbedingt vorher abschrauben. Weil das Entfernen des Plastikrollers aber so gut wie unmöglich ist, verlangt das auch niemand.
Ähnlich dürfte es sich mit dem Plastikausguss verhalten, der in manchen Olivenölflaschen steckt. Wichtig ist nur, dass Sie das Öl vorher aufbrauchen oder entsorgen – und zwar auf keinen Fall in den Abfluss oder ins WC, sondern gut verpackt in den Hauskehricht. Alternativ können Sie damit Ihre Lack- oder Glattlederschuhe aufpolieren. Für grössere Mengen kommt nur der Entsorgungshof infrage. Generell gilt: Altglas sollte vorher gereinigt werden. Und entgegen landläufiger Alltagsmythen ist es sehr wohl wichtig, die Farben zu trennen, damit hinterher neue Flaschen daraus entstehen können. Die einzig «tolerante» Farbkategorie bei Altglas ist Grün. Hier können auch blaue Flaschen entsorgt werden. Weiss- und Braunglas sind dagegen Diven und dulden keine Fremdfarben. Gänzlich tabu sind übrigens Trinkgläser oder Vasen. Wegen ihres erhöhten Bleigehalts gehören sie in den Bauschutt.
Plastik ist nicht gleich Plastik
Olivenöl gibt’s freilich nicht nur in Glas-, sondern auch in Plastikflaschen. Sind sie dann ein Fall für die PET-Sammlung? Nein! Dorthin dürfen ausschliesslich Getränkeflaschen mit dem PET-Recyclinglogo. Alle anderen Plastikbehälter eignen sich nicht für die Wiederherstellung von Getränkeflaschen und werden deshalb separat gesammelt: Milch-, Rahm-, Kosmetik-, Waschmittel- und Ölflaschen können Sie bei den meisten grossen Detailhändlern abgeben. Für Joghurtbecher oder andere Verpackungen – zum Beispiel Eierbehälter aus Kunststoff oder Folien aller Art – bleiben entweder der Hauskehricht oder die «Bring Plastic Back»-Sammelsäcke der AVAG. Während Letztere noch relativ neu sind, hat sich das PET-Modell längst durchgesetzt. Mit einer Recyclingquote von über 90 Prozent ist die Schweiz Spitzenreiterin.
Giftig und wertvoll: E-Schrott
Ganz anders sieht es beim Elektroschrott aus. Ladekabel, Kopfhörer, Handys, batteriebetriebenes Spielzeug oder E-Zigaretten: All das landet häufig im Hauskehricht, obwohl es zwingend separat entsorgt werden müsste.
In diesen Geräten stecken nicht nur wertvolle Roh-, sondern auch weniger wertvolle Giftststoffe. Diese können recycelt oder herausgefiltert werden – sofern sie in der richtigen Anlage landen.
Die Schweiz macht’s den Verbrauchern eigentlich leicht: Läden, die ähnliche Gegenstände verkaufen, müssen Elektroschrott entgegennehmen. Zudem gibt es diverse Sammelstellen, zu denen man ihn bringen kann. Zur Orientierung gibt’s die «Recycling Map», die für jede Abfallart in jeder Gemeinde die entsprechenden Abgabestellen ausspuckt.
Die erwähnte Map sowie weitere nützliche Links mit Hinweisen zur Abfalltrennung finden Sie unter www.frutiglaender.ch in der Rubrik Web-Links.