Engelberg: Nicht alle sind engelhaft
09.08.2024 RegionGEOGRAFIE Gleichlautende Orts- und Flurnamen sind im deutschen Sprachraum häufig. So gibt es in der Schweiz gleich mehrere Engelberge. Bei einigen ist der Herkunftsname verbrieft, bei anderen können sogar Namensforscher nur spekulieren.
KATHARINA WITTWER
GEOGRAFIE Gleichlautende Orts- und Flurnamen sind im deutschen Sprachraum häufig. So gibt es in der Schweiz gleich mehrere Engelberge. Bei einigen ist der Herkunftsname verbrieft, bei anderen können sogar Namensforscher nur spekulieren.
KATHARINA WITTWER
Engelberg: Am bekanntesten ist zweifellos das Klosterdorf im Kanton Obwalden (Bild 1). Gemäss einer Entstehungslegende wurden von der Höhe des Berges Hahnen (im Hintergrund) Engelsstimmen vernommen, worauf Mönche vom Kloster Muri AG im Jahr 1120 vor Ort eine Abtei gründeten. Wer ins Kloster eintrat, musste seinen Erbteil an die Gemeinschaft abtreten. Diese Regel – sowie Schenkungen – verhalfen vielen Abteien jener Zeit zu Ländereien und Reichtum.
In einer 1124 von Kaiser Heinrich V. ausgestellten Urkunde wird die damalige Güterausstattung des Klosters Engelberg aufgelistet. Darunter befinden sich auch Besitze im Knonaueramt (Bild 2). Im Jahr 1236 bestätigte Papst Gregor IX. mehrere zum Kloster Engelberg gehörende Besitzungen und Rechte – unter anderem Höfe im luzernischen Egolzwil. Das Quartier mit den Treppenhäusern (Bild 3) und die oberhalb davon gelegenen Höfe heissen nach wie vor Engel- beziehungsweise Ängelberg.
Was wäre ein Kloster ohne Rebberg? In der oben genannten Urkunde Heinrichs des V. sind am Bielersee mehrere Rebberge vermerkt. Nach diversen Handänderungen gehört ein Rebberg (Bild 4) in Wingreis (Gemeinde Twann-Tüscherz) seit 2017 wieder zum obwaldnerischen Besitz. Ein lokaler Winzer keltert den klösterlichen Hauswein. Direkt am See befindet sich das Hotel Engelberg.
Der auf 700 m ü. M. liegende Engelberg in der Gemeinde Dulliken SO ist ein südlicher Ausläufer des Juras, dessen Ketten sich einst aus den Fluten des Jurameers erhoben. Auf dem in frühester Zeit Jungberg, später Endliberg und Endiberg genannten Ausläufer wurden Spuren einer bewohnten Siedlung entdeckt. Der am nördlichen Hang liegende Weiler (Bild 5) trägt noch heute den Namen Engelberg. Um Verwechslungen vorzubeugen, wurde dagegen das Ausflugsrestaurant auf der Krete in Eberg umgetauft.
Das Gehöft im Ortsteil Wolfhausen (Bild 6), Gemeinde Bubikon im Zürcher Oberland, liegt vielmehr in einer Mulde als auf einer Anhöhe. Der Name ist wahrscheinlich auf die Witwe Margaretha Engly (Engeli) zurückzuführen, die den Hof irgendwann zwischen 1650 und 1660 veräusserte.
Oberer und unterer Engelberg
Um herauszufinden, wie und wann der Engelberg bei Sumiswald zu seinem Namen gekommen ist, wären aufwendige Recherchen nötig. Möglicherweise kommt die Bezeichnung von der nahen engen Stelle, durch die der Griesbach zwischen der Schonegg und der Schaufelbühl- bzw. der Neuegg fliesst. Das stattliche Gebäude auf dem oberen Engelberg (Bild 7) diente zwischen den Weltkriegen als Kinderkurhaus. 1943 wurde es in ein Emigrantenlager umgewandelt und nach einem Brand im Jahr 1987 zu einem Wohnhaus. Im unteren Engelberg (ebenfalls Bild 7) wurde einst Bier gebraut und gab es bis vor wenigen Jahrzehnten ein gleichnamiges Restaurant.
Vor exakt 75 Jahren erwarb die Burgergemeinde Laupen von einer Privatperson die Liegenschaft Engelberg (Bild 8) in der Nachbargemeine Bösingen (FR). Gemäss einem Buch über die Burgergemeinde handelt es sich bei der Liegenschaft «um ein mittleres Heimwesen mit rund 20 Jucharten Acker- und Wiesland von recht guter Qualität und sieben Jucharten Wald». Noch heute gehört es der Burgergemeinde. Die Frage nach der Namensherkunft blieb von der Besitzerin unbeantwortet. Angeblich soll der Pächter die Erfahrung gemacht haben, dass jeden Winter mindestens ein Auto mit niederländischem Kennzeichen anreise, in der Annahme, hier – etwas oberhalb der Saane – auf gut 500 m ü. M. die gebuchten Skiferien zu verbringen.
Der Gasthof oder das Restaurant Engelberg in Scharnachtal (Bild 9) erhielt seinen Namen wahrscheinlich von der oberhalb gelegenen Engelap und dem Engel. Im Buch «Reichenbacher Orts- und Flurnamen» schreibt Erich Blatter, das ursprünglich namensgebende Motiv lasse sich kaum mehr ausmachen.
* aus dem Buch «Burgergemeinde Laupen»