«Es muss einfach schmecken!»
22.12.2023 AdelbodenWasser ist nicht einfach Wasser. Welches sich zu den beliebten Festtagsgerichten eignet, kann Eugen Maurer (55) beantworten. Er ist Verkaufsleiter der Mineralquellen Adelboden AG – und Wasser-Sommelier.
Eugen Maurer, was empfehlen Sie zu den beliebten ...
Wasser ist nicht einfach Wasser. Welches sich zu den beliebten Festtagsgerichten eignet, kann Eugen Maurer (55) beantworten. Er ist Verkaufsleiter der Mineralquellen Adelboden AG – und Wasser-Sommelier.
Eugen Maurer, was empfehlen Sie zu den beliebten Festtagsessen wie Filet im Teig oder Fondue bourguignonne?
Ich finde, man sollte verschiedene Wasser anbieten. Zu einer leichten Vorspeise ein stilles Wasser mit wenig Mineralien. Wird dazu Weisswein getrunken, empfehle ich ein Mineralwasser mit Kohlensäure, um den spritzigen ersten Eindruck des Weins zu verstärken oder zu wiederholen. Zu den Hauptgängen mit Rotwein passt ein kräftigeres Wasser mit mittlerem oder hohem Mineraliengehalt. Und zum Dessert ein Wasser mit hohem Natrium-, also Salzgehalt, das die Süsse hervorhebt.
Das sind nicht nur persönliche Vorlieben, Sie können dies auch mit Ihrer Ausbildung als Wasser-Sommelier begründen …?
Natürlich. Es spielt eine wichtige Rolle, was beim Essen sonst noch getrunken wird und ob die Speisen eher leicht oder kräftiger sind. Die Zusammensetzung beeinflusst das Geschmackserlebnis.
Den Lehrgang zum Wasser-Sommelier gibt es erst seit 2019 in der Schweiz. Was hat Sie bewogen, diese nicht alltägliche Ausbildung zu machen?
Ich bin gelernter Koch und habe deshalb schon eine besondere Faszination für Lebensmittel. Als ich das Wirtepatent machte, wurde für mich die breite Vielfalt an Spirituosen sichtbar – es packte mich. Dasselbe passierte nun auch beim Wasser. Als Verkaufsleiter der Mineralquelle Adelboden erhielt ich Gelegenheit, mich bei GastroSuisse zum Wasser-Sommelier weiterzubilden.
Wein-, Bier- oder Käse-Sommeliers sind bekannt. Aber Wasser? Werden Sie auch belächelt?
Ich bin ehrlich, im ersten Augenblick dachte ich auch: Was soll das? Wasser ist doch einfach Wasser! Dass andere Leute genauso wie ich damals reagieren, ist also normal.
Also ist Wasser nicht einfach Wasser?
Definitiv nicht! Meist hat man zuhause ja eine Sorte Mineralwasser. Wer aber wie beim Wein oder Bier einmal verschiedene probiert, merkt den Unterschied durchaus. Zentral dabei ist der Gehalt an verschiedenen Mineralien.
«Adelbodner» gilt als eines der mineralhaltigsten Wasser der Schweiz. Wie merkt oder schmeckt man das – ein blumiges Bouquet wie beim Wein oder eine herbe Note wie beim Bier kanns ja nicht sein?
Ich trinke und teste natürlich auch Bier und Wein, am liebsten aus der breiten Schweizer Produktepalette. Die blumigen Beschreibungen wie beim Wein passen für mich aber nicht zum Wasser. Ich versuche bei den Degustationen, die Leute auf die Feinheiten aufmerksam zu machen. Einige Wasser hinterlassen einen leicht trinkbaren Eindruck, andere sind ein bisschen kräftiger, also gehaltvoller. Schliesslich ist es aber wie immer: Es muss einfach schmecken!
Wasser ist Geschmackssache?
Ob ein Wasser 500 Milligramm Mineralien oder über 2000 Milligramm enthält wie das «Adelbodner», ist ein grosser Unterschied. Es sieht oft im Glas auch ein bisschen anders aus – das eine ein bisschen grauer, das andere hat einen leichten Silberschein, und das dritte ist glasklar.
Wie kommen die Mineralien überhaupt ins Wasser?
Das Wasser sickert durch die verschiedenen Gesteinsschichten und löst dabei Mineralien heraus und reichert sich an. «Adelbodner» hat sechs Quellen, die unterschiedliche Zusammensetzungen an Mineralien haben, obwohl sie aus derselben Region stammen. Dieses Regenwasser ist sieben bis zehn Jahre unterwegs vom Schwandfeldspitz hinunter bis zu den Fassungen. Es tritt dort einfach aus dem Berg aus, wir fassen es, füllen es vor Ort ab, und dabei müssen und dürfen wir gemäss Lebensmittelgesetz auch nichts an den Inhaltsstoffen ändern. Der Hauptunterschied zum Leitungswasser ist die Reinheit – Hahnenwasser kann auch Grund-, Fluss- oder Seewasser sein.
Welche der Mineralien im Wasser sind für uns Menschen wichtig oder nützlich?
Mit ein bisschen Übung sind die fünf wichtigsten spürbar: Calcium ist für Knochen und Bindegewebe positiv, Natrium reguliert unseren Flüssigkeitshaushalt, Magnesium ist Kraftstoff für den Körper, Hydrogenkarbonat unterstützt die Verdauung und hilft gegen Sodbrennen, und Sulfat entgiftet die Leber, ist also harntreibend. Unser Wasser wird beispielsweise wegen des hohen Calciumgehalts insbesondere für ältere Menschen zur Vorbeugung von Osteoporose empfohlen.
Oft wird dem Mineralwasser Kohlesäure beigefügt. Was verändert das Gas?
Es wird erfrischender und spritziger, je nach Menge der Zugabe. Sonst ändert sich am Wasser nichts, der Mineraliengehalt bleibt gleich.
Zurück zu Ihrer Tätigkeit: Wie sieht Ihre Arbeit bei der «Quelle» konkret aus, wie profitieren Ihr Arbeitgeber oder Ihre Kunden davon?
Ich kann jetzt im Verkauf unsere Kunden besser beraten, wir sind mittlerweile drei Wasser-Sommeliers hier und bieten auch ab und zu Degustationen an. Ich sehe meine Aufgabe aber auch darin, Wirte für Wasser als hochwertiges Lebensmittel zu sensibilisieren. Bei GastroBern gebe ich bei den angehenden Wirten einen Kursblock. Ich will aufzeigen, wie kostbar unser Wasser ist – und sie zum Probieren in den eigenen Betrieben animieren.
Sie kennen alle möglichen Mineralwasser aus der Schweiz und aus dem Import. Ist Ihnen auch mal ein richtig schlechtes Wasser begegnet?
Grundsätzlich nein, aber ein natürliches Mineralwasser ziehe ich dem aufbereiteten Hahnenwasser klar vor. Eigentlich hat jedes Mineralwasser seine Berechtigung, wobei billiges Importwasser in PET-Flaschen natürlich nicht unser Ziel ist.
Und was kommt an den Festtagen bei Ihnen zuhause auf den Tisch?
Als Hauptgang steht Rehrücken auf dem Menuplan, dazu sicher einen passenden Wein sowie verschiedene Wasser mit und ohne Kohlensäure – und zum Abschluss einen Digestiv. Das gehört sich doch so für ein Festessen – auch für einen Wasser-Sommelier.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Mehr über die Ausbilung zum Wasser-Sommelier finden sie unter www.frutiglaender.ch im Bereich Web-Links
Mineralwasser in der Schweiz
Im Wasserschloss Europas wurden 2022 rund 980 Millionen Liter Mineralwasser getrunken. Die letzten verfügbaren Zahlen des Verbands der Schweizerischen Mineralquellen und Soft-Drink-Produzenten zeigen, dass mit 440 Millionen Litern ein grosser Teil davon importiert wird, vornehmlich günstiges Wasser in PET-Flaschen. Exportiert wurden dagegen nur 3,7 Millionen Liter. Die Mineralquellen Adelboden AG ist die einzige Mineralwasserquelle im Kanton Bern, die abgefüllt wird. Die Produktionszahlen der verschiedenen Marken aus ihren unterschiedlichen Quellen werden nicht preisgegeben. Die beste und nachhaltigste Verpackung für Mineralwasser ist übrigens die Glasflasche, wie Wasser-Sommelier Eugen Maurer betont.
HSF