«Geniessen geht bis zum Schluss»

  20.06.2023 Frutigen, Reichenbach, Kiental

Am Freitag stellten die jetzt Frutigland AG und die jetzt Niedersimmental AG ihr neustes Marketinginstrument vor: ein regionales Lagerbier mit eigenem Etikett. Dabei betonten die Verantwortlichen, dass Alkohol in Altersheimen kein Tabu sein sollte.

BIANCA HÜSING
Hauseigenes Bier ist für die BewohnerInnen des Reichenbacher Seniorenheims eigentlich nichts Neues. Hier gab es schon vor Jahren Flaschen mit einem speziellen Fröschenmoos-Etikett zu kaufen. Wobei «hauseigen» nicht ganz korrekt ist: Das Bier wurde nicht vor Ort, sondern von der Simmentaler Braumanufaktur GmbH hergestellt. «Weil die Produktion für eine einzige Institution ein bisschen schwierig war, ist das mehr oder weniger nebenher gelaufen», erklärt Stefan Schranz, Marketingverantwortlicher der jetzt Frutigland AG. Durch den Zusammenschluss der beiden ehemaligen Pro-Senectute-Häuser Frutigen und Reichenbach sowie die Gründung der jetzt AGs (siehe Kasten) hätten sich jedoch neue Möglichkeiten ergeben. «Bei einem der regelmässigen Treffen mit der jetzt Niedersimmental AG kam der Wunsch auf, in allen vier jetzt-Heimen eigenes Bier anzubieten.» Und weil das Fröschenmoos-Team offenbar gute Erfahrungen mit der Kleinbrauerei an der Lenk gemacht hat, wird die Zusammenarbeit ab sofort intensiviert – wenn auch mit einer anderen Biersorte. Statt des eher eigenwilligen Red Ales gibt es nun gefälliges Lager. Die Standardsorte der Simmentaler Brauerei «rutscht besser», wie Stefan Schranz es formuliert.

Bleibende Bedürfnisse
«So macht das Leben Spass», sagt Franziska Schranz lachend, als sie zu Demonstrationszwecken einen Schluck «jetzt»-Bier nimmt – und antwortet damit bereits auf eine kritische Rückfrage, die erst später gestellt wird. Sollte man in Altersheimen wirklich Alkoholkonsum propagieren? Die Leiterin der beiden jetzt-Heime Frutigen und Reichenbach hat dazu eine klare Haltung: «Menschen haben Bedürfnisse. Die verschwinden nicht einfach, wenn man älter wird.» Zwar gebe es durchaus Institutionen, in denen Alkohol verboten sei. Dies entspreche aber nicht dem Konzept der jetzt-Einrichtungen. Zur guten Pflege gehört aus ihrer Sicht auch, den BewohnerInnen im Rahmen ihrer gesundheitlichen Möglichkeiten Lebensfreude zu schenken. «Geniessen geht bis zum Schluss», pflichtet ihr Stefan Schranz bei. Zudem sei das Bier auch ein Angebot für die BesucherInnen. «Das soziale Leben unserer Bewohnenden findet hier statt. Man kann nicht mehr gemeinsam in die Beiz gehen, also möchten wir vor Ort ein ansprechendes Angebot bereitstellen.»
Die Frage, ob eine alkoholfreie Variante in Planung sei, bejaht der Brauereileiter David Ziörjen. Man arbeite an einer Rezeptur, die authentisch nach Bier schmecke – was jedoch nicht ganz einfach sei. «Für uns wäre das natürlich super, da wir auch Suchtpatienten haben», so Franziska Schranz.

«Erfrischend andere» Werbemassnahme
In erster Linie ist das Bier gemäss Stefan Schranz ein Marketinginstrument. Indem man es an Mitarbeiteranlässen ausschenke oder zum Weiterverschenken verkaufe, stifte man Identifikation mit den jetzt-Häusern. Stephan Simon, Leiter der jetzt Niedersimmental AG, bestätigt: «Wir haben von unseren Mitarbeitern sogar Applaus für die Idee bekommen.» Damit komme man vom verstaubten Image weg und könne sich – beispielsweise an den regionalen Märkten – «erfrischend anders» präsentieren als mit den typischen Strickwaren.


Die jetzt AGs

Bis 2019 wurden die ehemaligen Pro-Senectute-Häuser Reichenbach und Frutigen mit je einer Heimleitung eigenständig unter einer Trägerschaft in Vereinsform geführt. Nachdem die Stiftung Pro Senectute Schweiz jedoch beschlossen hatte, nicht mit stationären Institutionen in Verbindung gebracht werden zu wollen, wurde als neue Gesellschaftsform für beide Einrichtungen im Tal eine gemeinnützige Aktiengesellschaft gegründet. Geschäftsführerin ist seither Franziska Schranz. Der Entscheid der Pro Senectute betraf damals auch die beiden Institutionen im Niedersimmental. Die Präsidien beider Trägervereine einigten sich auf eine neue Organisationsstruktur und gründeten die jetzt Frutigland AG sowie die jetzt Niedersimmental AG. Letztere wird geleitet von Stephan Simon.
Formal sind die beiden AGs unabhängig voneinander. Sie stehen jedoch im steten Austausch und begreifen sich nach eigenen Angaben als «regionales Versorgungsangebot rund um den Niesen im Fachbereich Alter».

HÜS / PRESSEDIENST JETZT FRUTIGLAND AG


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