Gesperrte Strassen, beschädigte Brücken
16.08.2024 RegionUNWETTER Das Starkgewitter vom Montag hat die Region zwar nicht so schwer getroffen wie das östliche Oberland. Gleichwohl hat es auch hier Schäden angerichtet – vor allem im Suld- und im Kiental.
BIANCA HÜSING
«Nach dem Gewitter ist vor ...
UNWETTER Das Starkgewitter vom Montag hat die Region zwar nicht so schwer getroffen wie das östliche Oberland. Gleichwohl hat es auch hier Schäden angerichtet – vor allem im Suld- und im Kiental.
BIANCA HÜSING
«Nach dem Gewitter ist vor dem Gewitter», schrieb am Montagabend ein Kandersteger zu seinem Regenbogenfoto – und trifft die aktuelle Wetterlage damit noch immer ziemlich gut. Nach einer mehrtägigen Hitzephase ist zeitweise täglich ein Gewitter aufgezogen. An sich ist das kein ungewöhnlicher Vorgang, doch die Intensität der Gewitter ist durchaus bemerkenswert. Wer am Dienstagabend aus dem Fenster schaute, sah Blitze im Sekundentakt. Das Naturspektakel bot einen interessanten Anblick und war ein beliebtes Fotosujet. Es richtete aber auch Schäden an: In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch gingen 90 Meldungen bei der Kantonspolizei Bern ein, mehr als die Hälfte bezog sich auf vollgelaufene Keller oder Unterführungen. Noch mehr Anrufe musste die Kapo zwischen Montagabend und Dienstagmorgen entgegennehmen. In jener Nacht wurde das östliche Oberland besonders schwer getroffen. In Brienz trat der Milibach über die Ufer und trug eine Schlamm- und Gerölllawine in verschiedene Dorfteile. 70 Anwohner mussten evakuiert werden. In Grindelwald sassen derweil 200 Touristen fest, weil sowohl die Bahnstrecke als auch die Strasse verschüttet worden waren.
Der Geschiebesammler hat Schlimmeres verhindert
Von derlei Verheerungen blieb das Frutigland zwar verschont. Doch auch hier hinterliess das Gewitter vom Montag Spuren. Besonders in Aeschi: Gemäss Gemeindeschreiber Lukas Berger ist der Suldbach Montagabend zwischenzeitlich um fünf Meter angestiegen und hat «massive Schäden» angerichtet. Weil es mehrere Murgänge gegeben hat und diverse Brücken beschädigt wurden, sind bis auf Weiteres «sämtliche Wanderwege im Suldtal, die Route der Via Berna nach Saxeten und der Wanderweg ab Aeschiried auf das Morgenberghorn gesperrt». Zu einem grösseren Hangrutsch kam es auch bei der Suldstrasse im Bereich grosser Stein. Ab sofort ist die Strecke nur noch mit Fahrzeugen von bis zu 3,5 Tonnen befahrbar. Der Suldtalbus kann hier vorerst nicht mehr verkehren. Oberhalb des Gasthauses Suldtal ist ein Gewässer über die Ufer getreten und hat dort ebenfalls einen Murgang ausgelöst. Die Aufräum- und Sicherungsarbeiten dürften die Gemeinde noch mehrere Wochen beschäftigen. Die finanziellen Folgen kann Lukas Berger zu diesem Zeitpunkt noch nicht beziffern. Er geht von einer sechsstelligen Summe aus. Trotzdem betont er: «Wir hatten Glück im Unglück. Der neue Geschiebesammler hat Mülenen vor einer Katastrophe bewahrt», ist der Gemeindeschreiber überzeugt. Der 2020 für 6 Millionen Franken fertiggestellte Sammler sei voll und müsse – wie viele andere Geschiebesammler im Suldtal – alsbald geleert werden. Ganz besonders erleichtert ist Berger darüber, dass zur Zeit des Unwetters keine Wanderer in dem Gebiet unterwegs gewesen seien. Zudem seien die Gewitter am Dienstag und am Mittwoch weitgehend folgenlos geblieben.
Vor allem Kulturland betroffen
Wie Lukas Berger streicht auch Peter Bettschen, Präsident der Schwellenkorporation Reichenbach, den Wert des Geschiebesammlers im Suld heraus. «Ohne diese Schutzvorkehrung wäre die Bahnlinie überflutet worden und hätte möglicherweise für Wochen oder sogar Monate gesperrt werden müssen. Auch die Niesenbahn hätte immense Schäden davongetragen.» Nicht überall konnten Schäden verhindert werden. Etliche Bäche im Kiental waren gemäss Bettschen mit «extrem viel Geschiebe» gefüllt und haben sich teils komplett neue Wege gebahnt. Kurzzeitig ist sogar ein neuer Tschingelsee entstanden. Nachdem Bagger ihn von Geröll und Geäst befreit hatten, ist das Wasser inzwischen aber wieder abgelaufen. Praktisch alle Wanderwege in Richtung Griesalp sind gesperrt, sollen aber in den nächsten zwei Wochen notfallmässig instandgesetzt werden. Ansonsten sind vor allem Landwirte betroffen. Die überlaufenen und verklausenen Gewässer haben laut Peter Bettschen massiven Schaden an Kulturland hinterlassen, der den Eigentümern wohl noch wochenlang zu tun geben wird.
Ähnliches ist auch in Kandergrund passiert. Gemäss Gemeindeschreiber Martin Trachsel ist es an verschiedenen Orten zu Übersarungen von Weideland und zu Beschädigungen von Alperschliessungsstrassen gekommen (Gebiet Schlafegg / Grimer und Lauenenstrasse). Die Nebenstrasse zwischen Innerkandergrund (altes Kraftwerk) bis Underem Büel ist durch die Seitenbäche teilweise überflutet worden und wird nun wieder passierbar gemacht. Kurzzeitig war auch die Nationalstrasse betroffen, nachdem der Rotbach über die Ufer getreten war.
Glück in den anderen Gemeinden
Die übrigen Gemeinden sind nach eigenen Angaben glimpflich davongekommen. In Frutigen musste die Feuerwehr mehrmals wegen weggespülter Schachtdeckel und Wasserschäden in Häusern ausrücken, konnte aber alle Meldungen binnen zwei Stunden abarbeiten. Die Gemeinde Krattigen hat, abgesehen von etwas Windfall in den Wäldern, keine nennenswerten Schäden zu beklagen. Ähnlich klingt es aus Kandersteg und Adelboden.
Gasthof geöffnet
Die Strasse ins Suldtal muss auf einem Teilstück repariert werden. Während der rund zweiwöchigen Bauzeit bleibt der Gasthof Suldtal geöffnet. Zur Erreichbarkeit geben die Betreiber folgende Hinweise:
• Die Strasse ist bis zum Fuchsgraben offen, den Rest geht’s zu Fuss über den offenen Wanderweg
• Es gibt täglich drei Zeitfenster für den Verkehr: 9 bis 9.30 Uhr, 12 bis 12.30 Uhr, 16 bis 16.30 Uhr und ab 20 die ganze Nacht
• Biker benützen den Wanderweg
HÜS