«Ich würde immer Musik machen»
02.09.2025 Kultur, Reichenbach, KientalKürzlich am Thunfest aufgetreten und mit ihrer Musik brilliert, wollte der «Frutigländer» wissen, wer sich hinter der Sängerin Julia Leon verbirgt. Die junge, talentierte Musikerin aus Scharnachtal, ist im Frutigland bekannter unter dem Namen Fabienne. Warum hat ...
Kürzlich am Thunfest aufgetreten und mit ihrer Musik brilliert, wollte der «Frutigländer» wissen, wer sich hinter der Sängerin Julia Leon verbirgt. Die junge, talentierte Musikerin aus Scharnachtal, ist im Frutigland bekannter unter dem Namen Fabienne. Warum hat sie ihren Künstlernamen geändert, was treibt sie an, Musik zu machen, und warum begeistert sie sich gerade für Country-Pop? Der «Frutigländer» hat sich mit Julia Leon unterhalten.
JACQUELINE RÜESCH
Als Julia Leon in die Redaktion des «Frutigländers» tritt ist klar: Das ist Julia Leon. Eine fröhliche, junge Frau mit Cowboy-Hut, geblümtem Gilet, Blue Jeans und einer tollen, fröhlichen Ausstrahlung frischt die Mittagsruhe im Frutiger Industriegelände auf. Man kann sich vorstellen, weshalb es so schnell geht, bis sie das Publikum in ihren Bann gezogen hat. Denn, eigentlich ist sie genau so wie wir alle, nur vielleicht ein bisschen unbeschwerter, garantiert um einiges kreativer und vor allem mutig.
Julia Leon, du hast deine Musikkarriere als Strassenmusikerin in der Schweiz und später auch in England begonnen. Wie hast du diese Zeit erlebt?
Ich habe dabei sehr viel gelernt. Für mich war es besonders wichtig, routiniert zu werden und meine Stücke auswendig vor fremden Personen zu spielen. Das Feedback war durchgehend positiv und hat mich motiviert, weiterzumachen. Die Strasse ist der ehrlichste Ort und hat mich für die Anfänge im Musikbusiness bestens vorbereitet.
Das hat sicher sehr viel Mut gebraucht, auf die Strasse zu stehen und Musik zu machen. Vor all diesen unbekannten Menschen!
Nein, nicht sonderlich. Ich bin ein sehr experimentierfreudiger Mensch und wollte einfach Musik machen. Es war für mich auch nicht besonders gefährlich. Mein Vater war anfangs immer dabei, etwas beiseite, und hat geschaut, dass nichts passiert.
Du hast dann deine «reguläre» Musikkarriere mit der Gruppe «Fäbs» begonnen, dann hast du dich 2018 unter dem Namen «Fabienne» als Solistin weiterentwickelt. Warum?
Als Duo «Fäbs» habe ich recht jung, mit etwa 15 oder 16 Jahren, zusammen mit Sven Küenzi angefangen, Musik zu machen. Sven hat mich musikalisch vorangetrieben und mich in die Musikszene eingeführt. Ich habe vieles mit ihm erlebt, wozu ich mich alleine dann doch nicht getraut hätte. Mit ihm zusammen war ich auch in England und habe hier mit ihm Strassenmusik gemacht. Das war eine tolle Zeit. Dort ist man einfach jemand unter vielen und merkt, dass Musik zu machen nicht nur der eigene Traum ist.
Was hat dich dazu bewogen, den Namen schliesslich zu ändern?
Nach der Corona-Zeit, also eigentlich 2024, habe ich meinen Namen zu «Julia Leon» geändert. Die Pandemie stellte einen Bruch dar in meiner Karriere. Davor gab ich viele Konzerte, vor allem im Frutigland, aber auch in der übrigen Schweiz und im Ausland. Während Corona war das kulturelle Leben europaweit zum Stillstand gekommen. Glücklicherweise konnte ich noch Konzerte in einem Schweizer Hotel geben, welche mich als Künstlerin über Wasser hielten.
Nach der dieser Zeit war für mich ein Moment des Neuanfangs gekommen. Ich war älter geworden, wollte internationaler werden und habe meine musikalische Richtung um ein Weiteres klarer definiert. Julia ist mein zweiter Name, deshalb war dieser Name für mich so gegeben. Einen neuen Nachnamen zu finden war etwas schwieriger, aber Leon schien mir schliesslich perfekt zu passen.
Ich mag die Band «Kings of Leon», ausserdem hiess das Pony, welches ich während meiner Kindheit besass, Leon. Der somit vollständige Name spiegelt meine Persönlichkeit wider, Julia steht für meine etwas sanftere, weibliche Seite und Leon für die etwas bodenständigere, kräftigere. Der Name passt, er fühlt sich richtig an.
Was hast du mit der spanischen Sängerin Julia Léon gemeinsam?
Eigentlich nichts, ausser dem Namen ohne den Strich auf dem «e».
Du hast 2024 als Julia Leon eine Single «My Way» rausgegeben. Wann kommt das Album?
Die Single kam im Oktober 2024 heraus, meine EP plane ich für den Herbst 2025. Ich habe viele Songs komponiert und aufgenommen, bin mir über die Zusammenstellung aber noch nicht ganz im Klaren. Sobald alles ausgewählt und perfekt zusammengestellt ist, wird sie publiziert.
Wie bist du denn eigentlich zur Musik gekommen?
Mein Vater hat mich musikalisch sehr geprägt. Er liebt den Western Style, spielte früher auch Gitarre und mag die Country-Musik ganz besonders, wie beispielsweise Johnny Cash und Emmylou Harris. Er hat mich an viele Konzerte mitgenommen und mir seine Liebe zur Gitarre vererbt.
Als Kind war ich auch ein Fan der TV-Serie Hannah Montana, worin ein Mädchen im Schulalter ein Doppelleben führt. Auf der einen Seite ist dieses Mädchen ein ganz gewöhnliches Schulmädchen, auf der anderen aber eine erfolgreiche Musikerin.
Die Serie hat mich inspiriert und mich auf die Idee gebracht, eine Karriere als Musikerin als Berufsziel zu wählen. Ich lehrte mich dann selbst, Gitarre zu spielen, und nach einer Weile haben meine Eltern auch gesehen, dass ich Talent habe, worauf sie mir Musikunterricht geben liessen. Ich wurde eine Schülerin von Rolf Lüthi, einem bekannten Gitarristen in der Schweizer Musikszene.
Ist es richtig, dass du deine Texte alle alleine textest?
Ich texte tatsächlich alle meine Songs selbst. Anfangs machte ich viele Cover-Songs, vor allem während der Strassenmusiker-Zeit. Doch als Julia Leon spiele ich ausschliesslich von mir selbst getextete und komponierte Stücke. Manchmal mache ich bei Songwriting-Sessions mit, wo wir uns gegenseitig inspirieren und uns neue Perspektiven eröffnen, um Ideen für coole Songs zu erhalten.
Lässt du dich auch von deinem Leben im Berner Oberland inspirieren? Oder hat deine Musik irgendeinen Bezug zur Heimat, ausser natürlich der Vogellisi-Song?
Im Moment ist der Vogellisi-Song der einzige Text, den ich als Sängerin, damals noch als Fabienne, mit Bezug auf das Frutigland, mitproduziert habe. Ich freute mich sehr darüber und fühlte mich auch geehrt, da mitzumachen. Alle Songs, welche ich zurzeit mache, haben sonst allerdings nichts mit dem Frutigland zutun, ausser vielleicht, dass es Songs sind, die alle Menschen irgendwie berühren sollten. Aber wer weiss, vielleicht werde ich dies später einmal ändern und mal einen Song über meine Heimat schreiben. Ich bin schon recht stolz, wenn ich Bekannten aus dem Ausland, die aus irgendeinem Grund den jetzt beinahe überall bekannten Oeschinensee erwähnen, sagen kann, dass ich aus dieser Region komme.
Bist du in Scharnachtal aufgewachsen? Oder wohnst du derzeit einfach da?
Ich bin in Scharnachtal aufgewachsen und hier zur Schule gegangen. Meine Eltern besitzen hier ein Bauernhaus und haben auch viele Pferde und andere Tiere. Aber im Moment wohne ich in Krattigen, zusammen mit meinem Partner. Ich liebe den Ausblick auf den Thunersee und wohne sehr gerne hier.
Was war dir während deiner Kindheit besonders wichtig?
Während meiner Kindheit haben mich besonders meine Eltern geprägt. Beide liessen mir und meiner nun für den Zirkus arbeitenden Schwester viel Freiraum, sodass wir uns entsprechend frei entwickeln konnten. Auch der Blick aus dem Scharnachtal heraus auf die Berge prägte mich. Das Leben hier liess mir immer die Sicht offen für Dinge, die es auch noch sonstwo geben könnte.
Gab es einen speziellen Moment, der dich besonders geprägt hat?
Als ich mein erstes Konzert spielte, für welches ich eine Gage erhielt, habe ich gemerkt: Wow, ich könnte anstatt einen normalen «9 to 5»-Job einen Beruf ausüben, den ich liebe, und zwar die Musik. Ich habe schliesslich die Wirtschaftsmittelschule am Gymnasium Thun abgeschlossen und anschliessend ein Studium in Wirtschaftspsychologie begonnen. Ich entschied mich aber danach für die Musik und verfolge seither meinen Traum.
Was machst du, wenn du nicht Musik machst?
Musik ist mein Leben. Ich kann mir nicht vorstellen, etwas anderes zu machen. Auch wenn ich nicht von meiner Musik leben könnte, würde ich dennoch versuchen, Musik zu machen: An Hochzeiten zu singen, an Geburtstagen oder nebenher Musikunterricht zu geben.
Wo wird man Julia Leon in Zukunft antreffen? Welche sind deine nächsten Ziele?
Der nächste Schritt wird sein, mein neues Album herauszugeben und weitere Konzerte zu geben. Am 13. September singe ich zum Beispiel nochmals in Thun, dieses Mal am Generationenfestival im Seefeld. Auch möchte ich gerne international etwas bekannter und auch im Frutigland wieder gehört werden. Seit ich mich Julia Leon nenne, kennt man mich im Frutigland weniger. Das finde ich sehr schade.
Weitere Infos sowie Konzertdaten unter:
www.julialeonmusic.com