HONDRICH Regionale Politiker kämpften noch 2023 dafür, dass die Bergbauernschule auf dem Hondrich als Standort erhalten bleibt und gestärkt wird. Dazu gehörte auch der Neubau eines modernen Milchviehstalls für die Pächterfamilie – der nun aber ...
HONDRICH Regionale Politiker kämpften noch 2023 dafür, dass die Bergbauernschule auf dem Hondrich als Standort erhalten bleibt und gestärkt wird. Dazu gehörte auch der Neubau eines modernen Milchviehstalls für die Pächterfamilie – der nun aber umstritten ist.
Das Inforama Berner Oberland ist das regionale Kompetenzzentrum für Berglandwirtschaft und Alpwirtschaft. Die Aufrechterhaltung des Landwirtschaftsbetriebs in Hondrich ist nötig, um die Anforderungen des Bildungs- und Beratungsauftrags zu erfüllen und vor allem, um die Existenz der jungen Pächterfamilie zu erhalten. Der Pachtbetrieb liegt auf einer Höhe von 780 Metern über Meer und verfügt über eine landwirtschaftliche Nutzfläche von rund 11 Hektaren.
Bis im Juni 2027 soll dort ein neuer Rinderstall gebaut werden – und zwar ein Laufstall. Dieser soll 3,85 Millionen Franken kosten und Platz bieten für 44 sogenannte Grossvieheinheiten (GVE). Umgerechnet ergeben sich also Baukosten pro GVE von CHF 87500 Franken.
Die Bau-, Energie-, Verkehrs- und Raumplanungskommission beantragt dem Grossen Rat, dem Kredit für den Neubau des Rinderstalls zuzustimmen.
Kritik an Kosten und Haltungsform
Nicht mit diesen Plänen einverstanden ist die IG Anbindestall. Dort ist man überzeugt, dass man den geplanten Stall deutlich günstiger bekommen kann – und erst noch in einer Variante, die der im Berggebiet verbreiteten Haltungsform entspricht. Bereits vor einem Jahr habe man das Gespräch mit den zuständigen Behörden gesucht und sei dort auf taube Ohren gestossen, klagt die Interessengemeinschaft in einer Medienmitteilung. Schliesslich habe man in Eigeninitiative bei einem lokalen Bauunternehmer eine Offerte für einen modernen Anbindestall für 45 GVE eingeholt, Kostenpunkt: 1,33 Millionen Franken (siehe Grafik unten). Die Kosten pro GVE belaufen sich demnach auf nur noch 29700 Franken, also etwa ein Drittel der Kosten des geplanten Laufstalls.
Der Präsident der IG Anbindestall, Nationalrat Thomas Knutti (SVP), schickte die Offerte vom Januar 2024 zusammen mit den Bauplänen an Christoph Neuhaus, den Vorsteher der Bau- und Verkehrsdirektion, sowie an Michael Gysi, den Vorsteher des kantonalen Amts für Landwirtschaft und Natur (LANAT). Von beiden habe er allerdings nie eine Antwort erhalten, heisst es in der von Knutti unterschriebenen Medienmitteilung.
Zurückweisung der Stallpläne gefordert
Auch an der Hauptversammlung der IG Anbindestall Schweiz, die am 22. Februar stattfand, wurde das Thema von anwesenden Mitgliedern aufgegriffen und rege diskutiert. Der Vorstand der IG sehe sich nun in der Pflicht, den Grossen Rat aufzufordern, den Kreditantrag für den geplanten Laufstall zurückzuweisen und nennt dafür mehrere Gründe. So habe der Kanton Bern 2019 beim Inforama Rütti in Zollikofen bereits einen neuen Laufstall gebaut, der weit über 4 Millionen Franken gekostet habe – und das, obwohl die öffentliche Hand nicht gerade auf Rosen gebettet sei. Das Inforama Berner Oberland brauche nun einen Stall, der in die Strukturen der Berglandwirtschaft passe. «Gerade in kleineren Mehrstufenbetrieben sowie Alp- und Sömmerungsbetrieben, die für die Erhaltung und Förderung der Biodiversität eine immense Rolle spielen, funktioniert die Anbindehaltung noch immer bestens», heisst es dazu in der Medienmitteilung. Neben weiteren Argumenten für diese Haltungsform wird auch der nachweislich geringere Ammoniak-Ausstoss im Anbindestall ins Feld geführt.
Traktandiert ist das Geschäft für die Frühlingssession des Grossen Rates, die gestern begonnen hat. Es wird sich also bald zeigen, ob die Politik den Vorschlägen aus der Landwirtschaft etwas abgewinnen kann.
PRESSEDIENST IG ANBINDESTALL/ MARK POLLMEIER