Junge Menschen im Autogewerbe
18.07.2025 Bildung|SchuleAm 26. Juni 2025 feierten die AbsolventInnen der Automobilbranche des Berner Oberlands ihren erfolgreichen Lehrabschluss im Expo-Areal in Thun. Bestimmt erleichtert darüber, stellt sich für sie nun aber die Frage, wie es weiter geht.
JACQUELINE RÜESCH
Am 26. Juni 2025 feierten die AbsolventInnen der Automobilbranche des Berner Oberlands ihren erfolgreichen Lehrabschluss im Expo-Areal in Thun. Bestimmt erleichtert darüber, stellt sich für sie nun aber die Frage, wie es weiter geht.
JACQUELINE RÜESCH
«Unsere Branche steht vor der grössten Veränderung ihrer Geschichte oder befindet sich vielleicht bereits mittendrin. Ihr versteht Motoren und Software – Handwerk und Technik –, das macht euch genau zu den Fachkräften, die unsere Branche braucht», äussert sich Marco Frozza, Präsident des Autogewerbeverbands, Untersektion Berner Oberland, bei der diesjährigen Lehrabschlussfeier.
Aber wie genau erleben die jungen Berufsleute heute die Arbeit in der Autobranche? Worin besteht ihre Hoffnung, was macht ihnen Angst, wo sehen sie ihre Zukunft? Der «Frutigländer» hat die diesjährigen frisch diplomierten neuen Automobil-Mechatroniker und -Fachpersonen aus dem Frutigland befragt – ohne Jan Teuscher aus Reichenbach, welcher derzeit in der Rekrutenschule verweilt.
Mark Germann
Die Technik der Autos, die Motoren, das Design und die Idee des automatisierten Fahrens, die ganze Entwicklung, welche die Autobranche momentan durchläuft, war das, was Mark Germann (19) aus Adelboden dafür begeisterte, eine Lehre als Automobil-Mechatroniker zu machen. Auch wenn er in anderen Branchen schnupperte, war er nach den Schnupperlehren in verschiedenen Garagen davon überzeugt, seine Karriere in der Autobranche starten zu wollen. Das Interessante am Auto ist für ihn, dass von aussen einfach alles passt, schön aussieht und seinen Job erledigt. Im Inneren aber läuft sehr viel ab, um den ganzen Komfort des Autos, die Sicherheitsvorrichtungen, die Beschleunigungs-, Geschwindigkeits- und Kraftleistung bereitzustellen, so, dass man sich am Schluss um nichts Sorgen zu machen braucht.
Für Mark Germann war dieser Beruf die richtige Wahl. Es ist genau das, was er wollte. Sein Diplom mit einer Abschlussnote von 5,3 in der Tasche, kann er bis zu Beginn der Rekrutenschule in seinem Lehrbetrieb, der Service-Garage Margeli GmbH in Adelboden, bleiben. Was danach kommt, steht noch in den Sternen. Es kommt drauf an, wie viele Mitarbeiter längerfristig in der Garage benötigt werden, oder ob sich sonst etwas ändern wird. Irgendwann möchte er sich auf jeden Fall weiterbilden, und dass er in der Autobranche bleibt, davon ist er überzeugt.
Auch überzeugt davon ist er, dass die Verbrennermotoren bleiben. «Die Elektroautos sind nicht die eigentliche Zukunft der Branche», meint er. In seinem Lehrbetrieb gibt es nur drei Elektroautos, zudem aber sehr viele Hybridfahrzeuge, welche regelmässig in den Service gebracht werden. Auch erscheint es ihm unlogisch, auf der einen Seite den Stromverbrauch einschränken und auf der anderen Seite die Elektrofahrzeuge zur Regel machen zu wollen. Die Autobranche und der Konsument sollten die Wahl haben, welche Fahrzeuge sie bevorzugen. Bei solchen Entscheidungen sollte es keine Vorschriften geben. Besonders weil Elektroautos, genauer betrachtet, auch nicht sehr nachhaltig seien. «Es wird etwas Neues sein, das schliesslich als Ersatz, wenn es einen braucht, für die Verbrennermotoren eintreten wird», sagt er. Eine interessante Idee wäre zum Beispiel das E-Fuel, ein synthetischer Kraftstoff, der aus Wasser und Kohlenstoffdioxid (CO2) hergestellt wird. Ein Labor-Öl, das im geschlossenen Kreislauf, nach dem Ausstoss während des Verbrauchs, wiederverwendet werden kann.
Elisabeth Ungerer
Die Krattigerin Elisabeth Ungerer (18) absolvierte eine Lehre bei der Belwag AG Bern in Thun. Sie wollte schon immer etwas mit den Händen machen und hat sich dazu entschieden, Automobil-Fachfrau zu werden, nachdem sie den Beruf durch Schnupperlehren kennengelernt hat. Mit ihrem Beruf bricht sie aus der Familientradition heraus, welche mehr akademisch geprägt ist, und erforscht für sich neues Gebiet. Es macht ihr einfach Spass, sich handwerklich zu betätigen.
Auch jetzt, nachdem sie das Diplom als Automobil-Fachfrau EFZ in den Händen hält, gefällt ihr der Beruf noch immer. Ob sie allerdings auch später noch in ihrem Beruf arbeiten möchte, darüber ist sie sich nicht sicher. «Beim Schnuppern sieht vieles anders aus, als es dann tatsächlich ist», meint sie. Das Problem aber sind sicher nicht die Menschen, mit denen sie während der Arbeit konfrontiert wird, sondern die Entwicklung in der Autobranche selbst. Auch wenn es vielleicht immer noch selten ist, als Frau eine Lehre in der Autobranche zu absolvieren, war sie doch nicht die einzige in ihrer Klasse. Allerdings ist sie die erste Frau, die in diesem Lehrbetrieb die Ausbildung absolviert hat. Die Arbeitskollegen seien nett zu ihr und akzeptierten sie als Mitglied des Teams wie auch die Kundinnen und Kunden, mit welchen sie immer mal wieder in Berührung kommt. «Manchmal aber sind sie etwas überrascht, wenn eine Frau aus der Werkstatt zu ihnen nach vorne kommt», meint Elisabeth Ungerer.
Schade ist, dass sich ihr Berufsbild immer mehr verändert. Die Arbeit an Elektroautos gefällt ihr nicht. Die Autobranche entwickle sich in eine Richtung, bei welcher die Mechanik kaum mehr eine Rolle spiele; «alles wird mehr und mehr elektronisch geprägt», bedauert sie. Deshalb erwägt sie, einen Zweitberuf zu erlernen. Wenn sie etwas Neues lernt, möchte sie aber wieder etwas Handwerkliches lernen.
Fabrice Weckert
Aus Frutigen kommt Fabrice Weckert (20). Der Automobil-Mechatroniker der Widi Garage AG in Frutigen mag Autos, ihre Technik, ihr Äusseres und dass man mit ihnen schnell von A nach B kommt. Im Auto stecken alle möglichen Technikarten; es ist die Vielfalt der Autos, die ihn fasziniert. Einerseits gefällt ihm die Vielfältigkeit des Autos an sich, die verschiedenen Komponenten, aus denen es besteht, andererseits aber auch die der Autos allgemein, die verschiedenen Fahrzeuge, welche auf dem Markt sind oder waren. Er mag die Geräusche der Autos, das Handwerk. Einen Bürojob wollte er nicht, sondern einen Job, bei dem er etwas Konkretes erarbeiten kann.
Seinen Beruf mag er so, wie er ist. Fabrice möchte später einmal eine eigene Garage haben, das wäre sein Traum. Auch wenn der Lohn wichtig ist, findet er seinen Beruf vor allem deshalb den besten, den man haben kann, weil man immer etwas Neues lernen kann: Man wird mit der neusten Technik konfrontiert, lernt, sie zu verstehen, und sieht alle möglichen Arten von Autos, die er sonst vielleicht nie selbst fahren würde. Im Berner Oberland gibt es auch immer noch mechanische, ältere Autos, an denen man etwas mehr handwerklich arbeiten kann.
Auch der Kundenkontakt hat ihm in der Zeit seiner Ausbildung sehr gut gefallen. Dabei hat er gelernt, wie man mit Kunden umgeht, Gespräche führt und Vertrauen aufbaut. Von den Änderungen in der Automobilbranche hat Fabrice Weckert während der Lehre nicht viel gemerkt. Dafür seien die vier Jahre nicht aussagekräftig genug. Allerdings habe er während der Lehre mehr Begeisterung für seinen Beruf entwickelt. Er freut sich, dass er mehr von Autos und der Technik versteht, die dahintersteckt. Vor der Lehre gab es vieles, das er erst jetzt realisiert und zu schätzen wisse. Er sieht nun wirklich, was möglich ist und was vielleicht noch möglich sein wird. Er habe schon Elektroautos verkauft, meint er, mag aber die Verbrenner-Autos etwas lieber. Bei den Elektroautos zahle man viel Geld für ein Auto, von welchem man nicht weiss, wie lange es einem erhalten bleibe. Ein Elektroauto, das kaputt ist, sei schwieriger und sehr viel teurer zu reparieren. Der Job der Reparatur sei nicht gleich und die Technik der Autos oder die Herstellung sei noch nicht ganz durchdacht. Auch trotz der Neuerungen in der Automobilbranche ist er begeistert von seinem Job und weiss: «Eine Werkstatt braucht es immer. Kaputt geht immer etwas.» Damit er für die Zukunft gewappnet ist, hat er in der Schule auch den Umgang mit IT gelernt, vor allem die Anwendung der verschiedenen Software. Zurzeit muss er noch nichts programmieren, aber vielleicht könnte das später mal kommen als Weiterbildung. Genau diese Vielfalt gefällt ihm an seiner Arbeit. Er ist nicht nur für die Autos zuständig, sondern auch für deren Reinigung und die der Werkstatt sowie für den Unterhalt der Werkstatt. Dazu gehört auch Werkstoffkunde und somit etwas Chemie und handwerkliches Geschick, etwa für kleinere Reparaturen an der Werkstatt oder dem Gebäude, mit Schreinerarbeiten für die Installation von Regalen und vieles mehr.
Sven Grossen
Er habe sich schon immer für Autos interessiert, sagt Sven Grossen (19) aus Kandergrund. Schon als Kind hat er Gegenstände seines Vaters auseinandergenommen, um zu schauen, wie sie funktionieren – deshalb auch die Faszination für Autos, die Mechanik, die Ästhetik, alles, was zum Auto gehört, ist für ihn interessant.
Angefangen hat er als Automobil-Mechatroniker. Aus gesundheitlichen Gründen wechselte er auf die ein Jahr kürzere Lehre als Automobil-Fachmann, so begründet er dann auch seine gute Abschlussnote von 5,6. Die Lehre als Mechatroniker dauert vier Jahre und geht etwas tiefer als die zum Fachmann.
Zwar bedauert er, nicht den ursprünglichen Plan verfolgt haben zu können, aber Möglichkeiten gäbe es genug. Also auch die, doch noch den gewünschten Abschluss nachholen zu können. «Irgendwie geht immer eine Türe auf», meint er. Die Lehre im Autogewerbe allerdings gefällt ihm noch immer. Hier gibt es viel Abwechslung, verschiedene Arbeiten und immer wieder andere Autos. Denn, obwohl sein Lehrbetrieb, die Garage P. Wyssen in Reichenbach, Vertreter der Marke KGM ist, reparieren sie alle Autos. Wenn es mal etwas schwieriger wird, weil er gewisse Dinge an einem Modell nicht kennt, weiss der Chef immer Bescheid. Sven Grossens Lieblingsauto ist der BMW E30. Die Form, das Aussehen und dass er einen Verbrennermotor hat, gefällt ihm. Besonders deshalb, weil man an diesem Auto noch viel selbst herrichten könne. Ausserdem sei es langlebiger als neuere Modelle, meint er.
Grundsätzlich mag er aber auch Elektroautos. «Sie haben sowohl Vor- als auch Nachteile», meint er. «In manchen Fällen kann ein Elektroauto zu Hause nicht optimal aufgeladen werden, wenn zum Beispiel bei Mietwohnungen der Elektroanschluss fehlt. Der Markt ist momentan eher gesättigt, der Verkauf wird sich irgendwann aber einpendeln.» Er selbst hat bislang nur mit Verbrennermotoren gearbeitet. Allerdings hat er die Prüfung für den Umgang mit Hochvolt-Strom bereits absolviert. Dort lernte er den Umgang und die Sicherheitsmassnahmen für die Arbeit an Elektroautos. Sven Grossen möchte in der Autobranche bleiben und wird sich an die Veränderungen im Autogewerbe mit Zusatzkursen, Ausund Weiterbildungen anpassen.