Kein Gehör für die Oberwalliser
04.10.2024 RegionLÖTSCHBERG Die Verbindung in die «Üsserschwiz» ist für Walliser mitunter problematisch – vor allem im Winter, wenn die Pässe geschlossen sind. Den Lötschbergtunnel für Autos umzunutzen, ist für den Bundesrat dennoch keine Option. ...
LÖTSCHBERG Die Verbindung in die «Üsserschwiz» ist für Walliser mitunter problematisch – vor allem im Winter, wenn die Pässe geschlossen sind. Den Lötschbergtunnel für Autos umzunutzen, ist für den Bundesrat dennoch keine Option.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Entweder einen Umweg durchs Waadtland in Kauf nehmen oder Wegzoll bezahlen: Diese Möglichkeiten haben Oberwalliser, um zur Winterzeit in die Deutschschweiz zu gelangen. Dieser Zoll ist sowohl für den Autoverlad durch den Realp- als auch den Lötschbergtunnel zu entrichten. Man müsse zudem gut planen, da vor dem Verlad oft stundenlanger Stau entstehe und dieser nur tagsüber betrieben werde, erklärt der SVP-Nationalrat Michael Graber in einer Motion, die er 2022 einreichte. In der aktuellen Session wurde sein Anliegen – die Umnutzung des Lötschbergtunnels zwischen Goppenstein und Kandersteg als Autotunnel – nun behandelt. Der Oberwalliser bezeichnet den Vollausbau des Neat-Tunnels mit seiner grossen Kapazität für den Gütertransport als «einmalige Chance», um die Bergstrecke für die Autos freizumachen.
Verlockende Aussicht
Während der Planung des Rawiltunnels, der die Autobahn N6 via Simmental ins Mittelwallis führen sollte, wurde einst eine Tarifverbilligung beim Verlad in Aussicht gestellt. Das Projekt wurde vom Bund aber 1986 endgültig verworfen, seither sind das Kandertal und der Verlad als Ersatzstrecke festgelegt, mittlerweile auch als Nationalstrasse klassiert. Beachtliche 1,2 Millionen Fahrzeuge werden pro Jahr auf der Bahn ins oder aus dem Wallis transportiert, aber eben nicht gratis: «Erst vor wenigen Tagen hat die BLS die Preise für den Verlad schon wieder erhöht. Mit Verlaub: Das ist unverschämt», argumentierte Michael Graber im Nationalrat weiter. Per 1. September wurden die Tarife um durchschnittlich fünf Prozent erhöht.
Natürlich wäre die Aussicht auf eine ganzjährig durchgehende Strassenverbindung für die Kantonsnachbarn verlockend, doch herrscht bereits mit der heutigen Kapazität des Autoverlads viel Transitverkehr im Kandertal. Der Nutzen einer Strassenverbindung wird diesund jenseits des Lötschbergs wohl unterschiedlich bewertet. Graber selbst sieht sogar Möglichkeiten für den öV: «Wie schön wäre es doch, wenn in Zukunft statt ratternder Güterzüge elektrische Postautos von Kandersteg direkt ins Lötschental fahren würden?»
Gotthard als «Lehrblätz»
Doch daraus wird wohl nichts: Der Bundesrat hat die Motion zur Ablehnung empfohlen, und UVEK-Vorsteher Albert Rösti aus Kandersteg vertrat diese Ansicht auch gegenüber Graber – insbesondere nach den Erfahrungen am Gotthard. «Der Unfall im Gotthardtunnel hat uns vor Augen geführt, wie wichtig eine redundante Strecke für den Personenund Güterverkehr ist.» Wäre auf der Nord-Süd-Achse durch die Innerschweiz auch die Bergstrecke geschlossen gewesen, wäre das Problem «gewaltig grösser» geworden», so Rösti. Und eine solche Situation sei auch im Lötschberg denkbar. Um den Tunnel zu einem Strassentunnel umfunktionieren zu können, müsste man gewaltig investieren, beispielsweise in den grösseren Querschnitt und in einen Sicherheitsstollen. Diese finanziellen Mittel werden gemäss Bundesrat andernorts benötigt.
Das Fazit der Debatte: 57 ParlamentarierInnen stimmen für die Motion (u.a. Ernst Wandfluh SVP / Kandergrund) und 125 dagegen (z.B. Jürg Grossen GLP / Frutigen).