Mehr Lohn für Klassenlehrer?
11.08.2023 Bildung|SchuleAm Montag geht es wieder los: Das neue Schuljahr beginnt – mit den alten Herausforderungen. Die Bildungsdirektion des Kantons schlägt gegen den Lehrkräftemangel Lohn- und Pensenerhöhungen vor. Entscheiden wird darüber die Politik.
HANS RUDOLF ...
Am Montag geht es wieder los: Das neue Schuljahr beginnt – mit den alten Herausforderungen. Die Bildungsdirektion des Kantons schlägt gegen den Lehrkräftemangel Lohn- und Pensenerhöhungen vor. Entscheiden wird darüber die Politik.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
In der Schule Kandergrund-Kandersteg beginnt nächste Woche mit Barbara Bär-Luginbühl eine neue Schulleiterin. In Frutigen konnte laut der Abteilungsleiterin Bildung, Heidi Schmid, jede offene Stelle besetzt werden, dies unter anderem mit drei Quereinsteigern. In Adelboden sind dank acht Quereinsteigern alle elf vakanten Stellen – davon zwei Stellvertretungen – besetzt, wobei alle diese Personen einen «schulnahen» Berufsabschluss haben, wie die Schulleiterin Andrea Schranz sagt. Auch Bruno Grossen, Schulleiter in Reichenbach, hat in jeder Klasse eine Lehrperson, wenn am Montag 470 Schülerinnen und Schüler Platz nehmen. Diese erfreulichen Rückmeldungen täuschen aber darüber hinweg, dass der Lehrkräftemangel akut bleibt.
Mehr Anreize schaffen
Offiziell sind im Kanton Bern wenige Tage vor Schulbeginn wie im Vorjahr noch rund 30 unbefristete Stellen ausgeschrieben. Diese tiefe Zahl kommt aber nur dank des Einsatzes vieler Studierender und Quereinsteiger zustande. Auch einzelne Klassenzusammenlegungen werden nicht ausgeschlossen. Wie die kantonale Bildungsdirektion darauf reagiert, hat sie am Mittwoch zusammen mit Vertretern des Bernischen Gemeindeverbandes, des Berufsverbandes Bildung Bern sowie des Verbandes Schulleitungen Bern dargelegt.
Neben der Weiterführung von erfolgreich lancierten Sommercamps für Quereinsteiger, dem Einsatz von Studierenden der Pädagogischen Hochschule bereits während deren Ausbildung sowie zusätzlichen Ressourcen für die Stellenvermittlung sollen künftig Schulleitungen und KlassenlehrerInnen gestärkt werden. So schlägt es zumindest die Bildungsdirektorin Christine Häsler vor.
Was ist geplant?
KlassenlehrerInnen erledigen ausserhalb des Unterrichts administrative Aufgaben oder führen intensiv Gespräche mit Eltern. Dies soll ab 2024 statt mit den heute zwei Entlastungslektionen pro Woche (nur auf Antrag) mit zusätzlich fünf Stellenprozenten sowie einer fixen Funktionszulage ausgeglichen werden. Mittel- und langfristig prüft die Bildungsdirektion eine Erhöhung der Gehaltsklassen für alle LehrerInnen der Volksschule.
Bei den Schulleitungen reagiert der Kanton ebenfalls auf die Forderung der Berufsverbände. Im Idealfall sollen auf das Schuljahr 2025 hin deren Stellenprozente erhöht werden, damit sie den wachsenden Anforderungen gerecht werden können. Wie dies in der Realität umgesetzt wird – ob durch zusätzliche Personen oder Pensenerhöhungen – soll den Gemeinden überlassen werden. Die Berufsverbände haben bei der Ausarbeitung des Massnahmenpakets mitgearbeitet und stehen dahinter, machten am Mittwoch aber auch klar, dass es weitere Anreize brauche, um die Situation in den Schulhäusern zu verbessern.
Politische Hürden warten
All die Massnahmen freuen Reichenbachs Schulleiter Bruno Grossen. Dass Personen in seiner Funktion sowie KlassenlehrerInnen für ihre Aufwände ausserhalb des Unterrichts besser entlohnt werden sollen, müsse allerdings erst noch durch die Politik bestätigt werden. Die Mehrausgaben betreffen sowohl den Kanton als auch die Gemeinden direkt und werden Diskussionen auslösen. Die Bildungsdirektorin hat denn auch die Formulierung «Wir gehen jetzt auf den politischen Weg» gewählt, als sie am Mittwoch nach den Kosten gefragt wurde. «Wir können diese noch nicht beziffern.» Klar ist, dass es sich um Beträge in Millionenhöhe handeln wird.
Grossen betont, wie wichtig die Unterstützung durch die Quereinsteiger und Studierenden im Alltag sei. «Ich habe fünf bis sechs angestellt. Ohne sie würde der Schulbetrieb nicht funktionieren.» Er relativiert aber, dass diese natürlich viele Fragen hätten und man beim Arbeitsplan auf die Teilpensen und die laufende Ausbildung Rücksicht nehmen müsse. Dadurch würden die bestehenden Lehrkräfte zusätzlich belastet. «Ich bin dankbar für alle, die in der Schule mithelfen. Allerdings ist der Einsatz nicht qualifizierter Personen Symptombekämpfung und löst das grundsätzliche Problem der fehlenden Lehrkräfte nicht.» Studierende, die heute bereits vor einer Klasse stünden, würden nach ihrem Abschluss nicht zusätzlich zur Verfügung stehen. Sie seien ja schon auf dem Arbeitsmarkt, gibt Grossen zu bedenken. Aktuell ist er aber froh, vorerst wieder ein Schuljahr ohne Vakanzen beginnen zu können.
Weitere Details zu den Massnahmen des Kantons finden Sie Online bei den Weblinks.
Grossandrang in den Schulen
Die Gesamtzahl der Kinder und Jugendlichen in den öffentlichen Kindergärten und Volksschulen des Kantons ist im neuen Schuljahr höher als im vergangenen. Es dürften rund 111 400 Schülerinnen und Schüler sein (2022 / 23: 110 400). Diese verteilen sich auf 444 Schulen an 1110 Standorten. Rund 10 000 beginnen ihre Volksschulzeit im Kindergarten, etwa 10 600 Schülerinnen und Schüler werden das erste Schuljahr besuchen.
PRESSEDIENST BILDUNGSDIREKETION
«Gar keinen Bock auf Arbeit morgen?»
Auffallen um jeden Preis: Das Kultusministerium des deutschen Bundeslandes Baden-Württemberg sucht ebenfalls Lehrkräfte, insbesondere Quereinsteiger. Die Kampagne beinhaltete unter anderem ein Plakat auf Flughäfen mit dem Aufruf «Gar keinen Bock auf Arbeit morgen? Werde Lehrer*in». Der Realschullehrerverband reagierte umgehend auf die «geringe Wertschätzung»: «Man wusste vor dieser Kampagne nicht, wie viel Blödheit auf ein einziges Plakat passt», kommentierte die Landesvorsitzende des Verbandes die Aktion.
HSF
Sicherer Schulweg
UNFALLVERHÜTUNG «Auf Schweizer Strassen verletzen sich jährlich 900 Kinder und Jugendliche bis 14 Jahre, die zu Fuss, mit dem Trottinett, mit dem Velo oder Mofa unterwegs sind», teilt die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) mit. 145 dieser Kinder verletzten sich schwer, 4 verlören ihr Leben. 40 Prozent dieser Unfälle ereigneten sich auf dem Schulweg.
«Grundsätzlich liegt der Schulweg in der Verantwortung von Eltern und Erziehungsberechtigten», sagt BFU-Expertin Ruth Beer, aber: «Damit Kinder nicht verunfallen, ist es wichtig, dass Eltern, Lehrpersonen, Verkehrsinstruktorinnen und -instruktoren und die Gemeinden alle an einem Strang ziehen und die Kinder in ihren Lernschritten begleiten und unterstützen.» Mit ihrem neuen Bilderbuch «Zirkustag im Kindergarten» aus der «OUUPS!»*-Reihe bietet die BFU Hand für die Zusammenarbeit. Darin wird der Schulweg anhand der Figuren Lia und Luca sowie dem Papagei Pep thematisiert.
PRESSEDIENST BFU / REDAKTION
* «OUUPS!» ist ein Mix aus Infos, Tipps und Tricks zur Verhütung von Kinderunfällen – aufbereitet mit Bildern, Illustrationen und Videos (ouups.ch).