Mit dem Velo vom Oberland ins Emmental
09.08.2022 RegionETAPPE 5 (19. Mai) Obwohl ich entlang der Stromleitung unterwegs bin, verzichte ich ganz bewusst auf ein E-Bike, denn nicht verbrauchte Energie ist gesparte Energie. Meine Strecke Wimmis – Bowil ist zwar grösstenteils asphaltiert, doch flach ist sie keineswegs.
...ETAPPE 5 (19. Mai) Obwohl ich entlang der Stromleitung unterwegs bin, verzichte ich ganz bewusst auf ein E-Bike, denn nicht verbrauchte Energie ist gesparte Energie. Meine Strecke Wimmis – Bowil ist zwar grösstenteils asphaltiert, doch flach ist sie keineswegs.
KATHARINA WITTWER
Im Unterwerk Wimmis vereinen sich «meine» und die KWO-Leitung aus Innertkirchen. Durchs Stockental verlaufen sie mehr oder weniger parallel, bis sie ab Blumenstein wieder «eigene Wege gehen». Kurz vor meinem Ziel werde ich die Leitung erneut kreuzen.
Zwischen Stockhorn, Thun und Falkenfluh hat der Aaregletscher bei seinem Rückzug jede Menge Geschiebe in Form von Moränen hinterlassen. Während die Leitung in gerader Linie querfeldein verläuft, sind die Strassen ganz anders angelegt: Sinnvollerweise verbinden sie Dörfer und Weiler. Um einigermassen in der Richtung zu bleiben, konsultiere ich bei fast bei jeder Abzweigung die Karte und entscheide mich vor Ort, ob rechts, links oder geradeaus. Als Liebhaberin von Überraschungen und spontanen Entscheidungen plane ich nämlich Ausflüge selten genau.
Geschichte des Bad Heustriches
Die kleine Siedlung Kienersrüti ist aus meiner Richtung nicht ausgeschildert und bloss auf einer naturbelassenen Hofzufahrt erreichbar. Von hier stammte Johann(es) Hofstetter, der 1831 die Weiden am Fusse des Niesen mit der Schwefelquelle ersteigerte und daraufhin das Kurhaus Bad Heustrich erbaute. War er ein reicher Bauernsohn? Hat sein jüngster Bruder den Hof geerbt und deshalb mussten die älteren Söhne woanders Land erwerben? Auf Nachfrage bei der Gemeindeverwaltung Uttigen (Kienersrüti ist seit dem 1. Januar 2014 Teil dieser Gemeinde) wohnen erst seit zehn Jahren wieder zwei Personen mit dem Namen Hofstetter in der Gemeinde. Ob sie Nachfahren ebendieser Familie sind, bleibt ebenfalls unbeantwortet.
Invasive Neophyten zuhauf
Meine Zweifel, ob ich mit meinem Vehikel den Knotenpunkt Aare, Jabergbrücke, Autobahnauffahrt Kiesen, doppelspurige Eisenbahnlinie und Golfplatz überhaupt passieren darf, entpuppen sich als nichtig. Für einen Radstreifen reichte der Platz zwar nicht aus, die Gefahr, von einem grossen Fahrzeug in die Enge getrieben zu werden, besteht zum Glück aber auch nicht. Am Strassenrand wächst jede Menge Einjähriges Berufskraut. Es blüht zwar noch nicht, ist jedoch bereits an den typischen Blattrosetten zu erkennen. Bekämpft hier niemand invasive Neophyten? Falls dies zutrifft, wird sich diese gebietsfremde Pflanze rasant vermehren.
Am Dorfeingang von Oberdiessbach verlasse ich die Leitung, denn sie führt via Aeschlen über den bewaldeten Kurzenberg. 400 Meter Aufstieg – nein, das tue ich mir nicht an! Von einer letztjährigen Wanderung sind mir zudem dort mehrere von Bikern «ausgefahrene» Wanderwege in schlechter Erinnerung. Ich schäme mich nicht, das Velo Richtung Freimettigen zu schieben, auch wenn mich E-Biker und «Gümeler» (Rennradfahrer) auf der ausgeschilderten Veloroute lächelnd überholen.
In Rünkhofen bei Bowil nahe der Bahnlinie Bern-Luzern steht der letzte Mast meiner heutigen Strecke. Er trägt die Nummer 058. Da ich am Morgen bei Nummer 142 angefangen habe, ist das der Beweis, dass man mit der neuen Beschilderung irgendwo dazwischen verblieben ist.
Die Autorin folgte zwischen Frühling und Sommer zu Fuss der Gemmileitung und schildert ihre Erlebnisse, Beobachtungen sowie die dazugehörigen Hintergründe in einer siebenteiligen Serie.
Torfabbau im Zwieselberger Moor
Im Zwieselbergermoos wurde bis 1987 (Annahme der Rothenthurm-Initiative durchs Stimmvolk) Torf abgebaut. Bauernfamilien ermöglichte dies einen Zusatzverdienst. Von Frühjahr bis August wurde mit Schaufeln und Gabeln Torf gestochen, die so gewonnenen Würfel zum Trocknen zu Türmen aufgestapelt und ab August ausgeliefert. Das im Herbst gestochene Material wurde während des Winters in den Torfoder Turben-Hütten zum Trocknen gelagert. Für Abbau, Handel und Transport der einstigen Energie war eine Bewilligung erforderlich. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden zur Torfgewinnung vielerorts schwere Maschinen eingesetzt, die in der Natur noch «gröbere» Wunden hinterliessen. Mit dem Aussterben dieses Handwerkes sind auch die Ausdrücke für die Arbeitsgänge und die Werkzeuge in Vergessenheit geraten. Fritz Rothenbühler (1933 bis 2022) war der letzte Torfstecher, der die Tradition innerhalb seiner Familie bis zum Schluss pflegte.Die Torfhütten sind in Privatbesitz und werden heute meistens als Abstellräume genutzt. Aktuell sind einige noch im Ortsbildschutzperimeter aufgeführt. Dieser wird aber mit der bald genehmigten Teil-Ortsplanungsrevision der Gemeinde Zwieselberg gelöscht.
WI
Geschichte der Torfstecherei: tinyurl.com/4bkp2hvk