Neue Preispolitik bei den Bergbahnen
19.09.2023 TourismusWINTERSPORT Wie bereits beim letzten «Winterylüte» angekündigt, stellt die Skiregion Adelboden-Lenk aufs sogenannte «Dynamic Pricing» um. Statt fixer Tarife gibt es nun flexible Preise und Frühbucherrabatte. Hinter dem neuen Modell steckt eine ...
WINTERSPORT Wie bereits beim letzten «Winterylüte» angekündigt, stellt die Skiregion Adelboden-Lenk aufs sogenannte «Dynamic Pricing» um. Statt fixer Tarife gibt es nun flexible Preise und Frühbucherrabatte. Hinter dem neuen Modell steckt eine Reichenbacher Firma, die im Tal einst skeptisch beäugt wurde.
BIANCA HÜSING
Vor sechs Jahren trat ein sehr kleines Start-up mit umso grösseren Ambitionen in Erscheinung: Die skinow GmbH aus Reichenbach, geführt von drei jungen HochschulabsolventInnen, wollte nichts weniger als die Preispolitik im Wintertourismus umkrempeln. Starre Tarife und Rabattschlachten sollten der Vergangenheit angehören. Mit ihren komplizierten Berechnungen und Algorithmen etablierte die skinow GmbH stattdessen das sogenannte «Dynamic Pricing», das den Preis für ein Skiticket von Faktoren wie Wetter, Nachfrage und Wochentag abhängig macht. Während man im Tal darüber noch die Nase rümpfte, ging das Start-up weiter seines Weges. Es gewann mehrere Innovationspreise sowie Kunden in St. Mortiz und Verbier, in Obwalden und in Tirol. Sogar mit einem grossen Logistikunternehmen arbeitete die skinow GmbH zusammen, die ihre Wachstumsambitionen unterdessen mit der Umwandlung zur Pricenow AG unterstrichen hatte.
«Ich musste mich dem Zeitgeist beugen»
Die Frutigländer Bergbahnbetreiber blieben weiterhin skeptisch. Zwar zählte die Niesenbahn schon früh zu den Kunden von Pricenow. Alle anderen aber hatten ihre Mühe mit dem dynamischen Preismodell. «Solche Spielereien können zu Defiziten führen», mutmasste noch Ende 2017 Markus Hostettler, Direktor der Bergbahnen Adelboden AG (BAAG), gegenüber dem «Frutigländer». Die Zuversicht des Reichenbacher Start-ups blieb davon aber unberührt. CEO Reto Trachsel war nach wie vor überzeut, «dass künftig ein Grossteil der Skigebiete auf das System umstellen werden». Zumindest mit Blick auf Adelboden behielt Trachsel recht. Beim letzten «Winterylüte» kündigte Hostettler an, dass die Skiregion Adelboden-Lenk zum Start der Saison 2023 / 2024 das «Dynamic Pricing» einführen werde. Unumwunden gab der BAAG-Direktor zu: «Ich habe mich lange Zeit dagegen gestemmt, weil ich der Meinung war, fixe Preise seien die fairste Lösung.» Eine Befragung unter 2000 Wintergästen habe ihn jedoch zum Einlenken bewegt. «Ich musste mich dem Zeitgeist beugen und erkennen, dass ‹Gambling›, also das Vorausbuchen eines Tagespasses zu einem besonders günstigen Preis, zum heutigen Lebensgefühl gehört.» Jenen Firmen, die das neue Modell bereits eingeführt hätten, gebe der wirtschaftliche Erfolg recht.
Gästeaufkommen lenken, Teilgebiete und Nebensaison auslasten
Wie angekündigt hat die Skiregion Adelboden-Lenk mittlerweile ihr Ticketing-System umgekrempelt. Seit gestern sind im neuen Webshop Skipässe zu flexiblen Preisen erhältlich. «Die Tarife setzen sich aus verschiedenen Faktoren wie Saisonphase, Wochentag, Buchungszeitpunkt, aktueller Buchungsstand im Webshop und Wetterprognose zusammen», teilte die Skiregion am Montag mit. Dadurch könne man die Gäste gewissermassen lenken und die Anlagen respektive Teilgebiete gleichmässiger auslasten. Auch die Nebensaison könne so attraktiver werden. Nebst diesen wirtschaftlichen Überlegungen argumentiert das Skigebiet auch mit dem «unterschiedlichen Preisempfinden der Gäste». Die flexiblen Ticketpreise ermöglichten an vielen Tagen günstigeres Skifahren und könnten somit auch Kunden mit «einer tieferen Zahlungsbereitschaft» ansprechen.
«Wer zuerst bucht, bucht am besten»
Bei aller Flexibilität soll die Planbarkeit des Gästeaufkommens offenbar trotzdem noch gewährleistet bleiben. Wer früh bucht, wird mit einem Rabatt belohnt. Last-minute-Aktionen gibt es hingegen nicht. «Die Preise sinken nie», heisst es in der Medienmitteilung. «Es gilt immer: Je früher gebucht wird, desto günstiger die Preise.» Damit diese Botschaft auch ankommt, hat die Skiregion eine Werbekampagne unter dem Motto «Wer zuerst bucht, bucht am besten» lanciert. Die dynamischen Preise gelten jedoch längst nicht für alle Arten von Tickets. Vom neuen Modell ausgenommen sind Einzelund Retourfahrten, Schlitteltickets für die Engstligenalp und für Sillerenbühl, Saisonabos, Jahreskarten und Winterwanderpässe, Punktekarten, Gruppentickets, Skipässe mit Spezialkategorien, Gutscheine sowie alle Sommertickets.
Als Partner der Skiregion Adelboden-Lenk wird im Zusammenhang mit dem neuen Preismodell übrigens die Pricenow AG genannt. Der Siegeszug des Reichenbacher Start-ups scheint also weiterzugehen.
Mehr erfahren Sie unter www.frutiglaender.ch im Bereich Web-Links.