Wann sind Kreisläufe sinnvoll?
12.11.2024 WirtschaftDie Kreislaufwirtschaft sei mehr als Marketing – sie sei ein Geschäft, erfuhr man letzten Donnerstag an einem Anlass der Volkswirtschaft Berner Oberland. Doch funktioniert das Modell auch für KMU?
Das Denken in Kreisläufen beginnt bereits beim Design; ...
Die Kreislaufwirtschaft sei mehr als Marketing – sie sei ein Geschäft, erfuhr man letzten Donnerstag an einem Anlass der Volkswirtschaft Berner Oberland. Doch funktioniert das Modell auch für KMU?
Das Denken in Kreisläufen beginnt bereits beim Design; wenn beispielsweise Bauteile so geplant und gebaut werden, dass sie als Ersatzteil aufgefrischt werden können. Dadurch können Einzelteile durchaus kostengünstiger sein als eine komplette Neufertigung. Ob solche Kreisläufe von Waren und Rohstoffen auch finanziell interessant sind, wurde am Wirtschaftstreffen der Volkswirtschaft Berner Oberland letzten Donnerstag in Interlaken thematisiert.
Plädoyer für Holz statt Beton
Kreislaufwirtschaft sollte auch im Bauwesen ein Ziel sein, findet Stefan Zöllig von der Thuner Timbatec Holzbauingenieure Schweiz AG. Allerdings: «Wenn es um nachhaltiges Bauen geht, steht die Kreislaufwirtschaft nicht an oberster Stelle.» Das grösste Potenzial dafür sieht er im Holzbau, denn hier besteht die Möglichkeit, gegenüber der traditionellen Bauweise mit Beton CO2-Emissionen zu vermeiden. Erst nachgelagert entwickeln sich daraus kreislauffähige Modelle.
Zöllig bedauerte, dass im Oberland nur ein geringer Teil von Bauten aus Holz erstellt würden, obwohl genügend Holz und Fachbetriebe vorhanden seien. Er zeigte Projekte seiner Firma – vom mehrstöckigen Bürogebäude über den Anbau des Schulhauses in Aeschi bis hin zu Versuchen, grosse Strassenbrücken aus Holz zu fertigen. Der Holzbauingenieur plädierte dafür, dass das Verbrennen von Holz zur Energiegewinnung nur die allerletzte Nutzungsstufe im Kreislauf sein dürfe – leider werde heute zu viel gutes Holz direkt so verwendet.
Interne Hürden überwinden
«Kreislaufwirtschaft bedeutet nicht Recycling plus.» Simone Rieder, Co-Leiterin Rytec Circular, zeigte in ihrem Referat aus der Praxis auf, dass Kreislaufwirtschaft nicht als Aktivität der Nachhaltigkeits- oder Marketingabteilung begriffen werden dürfe, sondern als Geschäft. «Für erfolgreiche Kreislaufprodukte braucht es das passende Modell.» Dieses zu entwickeln, erfordere eine genaue Analyse der Unternehmensprozesse. Dabei sei es unabdingbar, dass über Abteilungsgrenzen und auch über das Unternehmen hinaus gedacht werde: «Die Realität zeigt leider, dass die meisten Kreislaufprojekte nach wie vor am Silodenken innerhalb einer Unternehmung scheitern», so Rieder. Um die Kreislaufwirtschaft zu etablieren, können Anreize von aussen helfen, etwa im Beschaffungswesen. Städte und Gemeinden könnten Kreislaufthemen in Ausschreibungen integrieren und dabei massgeblich zur Verbreitung beitragen.
Viel Potenzial bei Lebensmitteln
In Interlaken wurden aktuelle praktische Beispiele dazu vorgestellt. Seit sechs Monaten ist Circunis, eine Plattform für Lebensmittelüberschuss, aktiv. Rund 60 Teilnehmende aus 13 Kantonen handeln hier mit überschüssigen Esswaren, die andernfalls wohl in der Biogasanlage oder im Müll landen würden. Geschäftsführerin Olivia Menzi zeigte den Weg auf, den sie und ihr Team von der Idee bis zur Lancierung von Circunis gegangen waren. «Unsere Vision ist eine Schweiz, die verwendet, was da ist – statt auf Kosten von Umwelt und Gesellschaft zu wirtschaften.» Auch bei Circunis steht die Vernetzung im Zentrum, der Wille, gemeinsam etwas zu bewegen und so mehr Waren im Kreislauf zu halten und die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren.
Unterstützung für Betriebe
Für die von allen Referentinnen angesprochene Vernetzung von Firmen engagierte sich die Volkswirtschaft Berner Oberland gemeinsam mit der Standortförderung des Kantons Bern. Leo Glaser, Projektleiter Volkswirtschaft Berner Oberland, zeigte auf, was sich in Sachen Kreislaufwirtschaft im Oberland bereits bewegt (siehe Kasten). Interessierte Firmen finden auch bei be-advanced Unterstützung – der Innovationsförderagentur des Kantons Bern.
Produkte secondhand erwerben, mieten, teilen, reparieren oder ausleihen, bevor man sie neu kauft – auch das ist Kreislaufwirtschaft, an der sich alle persönlich beteiligen können, so eine wichtige Aussage am diesjährigen Wirtschaftsforum.
PRESSEDIENST VOLKSWIRTSCHAFT
BERNER OBERLAND / HSF
Vernetzungsanlass
Neue Wege einschlagen und Kreislaufwirtschaft im Alltag einsetzen: Im Rahmen eines Projektes analysiert die Volkswirtschaft Berner Oberland die Bedürfnisse der lokalen Wirtschaft. Daraus sollen in einem Folgeprojekt mögliche Instrumente für die Umsetzung im Alltag der KMU aus verschiedenen Branchen erarbeitet werden. An einem ersten Vernetzungsanlass zur Kreislaufwirtschaft im Berner Oberland findet ein Austausch mit interessierten Betrieben statt. Der Termin der zweistündigen Vorabendveranstaltung wird nächstens bekannt gegeben.
PRESSEDIENST VOLKSWIRTSCHAFT BO
Den Link zur Anmeldung finden Sie unter www.frutiglaender.ch (Web-Links).