Wird es 2050 noch Schneesport geben?
07.02.2025 TourismusKürzlich fand in Interlaken der sogenannte Snow Summit statt. Das Diskussionsforum, organisiert von BKW und Swiss-Ski, hatte die Nachhaltigkeit im Wintersport und im alpinen Lebensraum zum Thema.
KURT METZ
«Wir wünschen uns mehr Nachhaltigkeit im ...
Kürzlich fand in Interlaken der sogenannte Snow Summit statt. Das Diskussionsforum, organisiert von BKW und Swiss-Ski, hatte die Nachhaltigkeit im Wintersport und im alpinen Lebensraum zum Thema.
KURT METZ
«Wir wünschen uns mehr Nachhaltigkeit im Schneesport, und wir sind uns bewusst, wie schwierig es speziell in diesem Bereich ist, den ökologischen Fussabdruck zu verringern», sagte BKW-CEO Robert Itschner zum Sponsoring-Engagement seines Unternehmens. «Gemeinsam mit Swiss-Ski engagieren wir uns und leisten unseren Beitrag, um den alpinen Lebensraum zukunftsfähiger zu gestalten». Gemeinsam würden Swiss-Ski und die BKW nachhaltige Lösungen für eine Zukunft in den Alpen suchen, damit der Schneesport auch 2050 noch statt!nden kann. «Um dieses Ziel zu erreichen und auf die Komplexität des Klimawandels reagieren zu können, brauchen wir Partner, Kompromisse und innovative Lösungen.»
Die Alpen als Teil der Schweizer Identität
Die Partnerschaft von Swiss-Ski und BKW begann 2015. «Mit den Athletinnen und Athleten sind wir ständig im Gespräch rund um Nachhaltigkeitsthemen», berichtete Walter Reusser, CEO Sport bei Swiss-Ski. «Unsere Sportler-Innen sind auch BotschafterInnen. Sie verkörpern eine Swissness – und dazu gehören die Alpen als Teil unserer Schweizer Identität. Wir müssen uns unserer Verantwortung bewusst sein, und zum Beispiel unsere Reisetätigkeit weiter optimieren.»
Gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter ist die mittlere Temperatur in der Schweiz um +2,8 Grad gestiegen. Auch die Schneemenge und Schneefallhäu!gkeit haben sich verändert: «Jede Höhenlage in den Alpen verzeichnet bereits heute eine Abnahme des Schnees. Besonders betroffen ist der Bereich auf 1500 bis 2000 m. ü. M., sagt die Frutigerin Regula Mülchi von MeteoSchweiz. «Je höher man kommt, desto kälter ist es dort auch heute noch. Die Abnahme des Schneefalls fällt entsprechend geringer aus.» Für verschiedene Klimaszenarien mit und ohne Klimaschutz modelliert Mülchi anhand wissenschaftlicher Daten die Anzahl der Neuschnee- und Eistage bis 2060. «Klar ist: In allen Szenarien und auf allen Höhenstufen werden diese Tage abnehmen. Wie stark, ist abhängig von den Massnahmen, die wir treffen, um das Klima im Alpenraum zu bewahren. Der Klimawandel !ndet statt. Wir können ihn beobachten, er ist messbar und quanti!zierbar.»
Was wollen Bewohner des Berggebiets?
Die BKW hat eine Studie zum alpinen Lebensraum in Auftrag gegeben. Sie soll dazu beitragen, die Bedürfnisse der alpinen und der nicht-alpinen Bevölkerung besser zu verstehen. Was also ist den Menschen im Berggebiet besonders wichtig? Die Antwort gibt Michael Hermann, Leiter des Forschungsinstituts Sotomo: «Die lokale Unabhängigkeit bei der Energieversorgung. Das Bedürfnis, hier selbst mitzubestimmen, ist zentral. Der gewünschte Energie-Selbstversorgungsgrad liegt bei 68 Prozent, aktuell liegt er bei nur 30 Prozent.» Das sehr schweizerische Bedürfnis, autonom zu sein und frei bestimmen zu können, liesse sich im Alpenraum strategisch nutzen, so Hermann und nennt drei Ebenen: «Lokal in Sachen Unabhängigkeit, regional bei lokaler Versorgung, individuell in jedem einzelnen Haus.»
Folgen für den alpinen Tourismus
Auch wenn sie an Bedeutung gewinne, sei die Sommersaison vielen alpinen Tourismusorten vergleichsweise unwichtig, so Professor Thomas Bieger von der Universität St. Gallen. «Der Winter ist dagegen noch immer zentral. Grössere Unternehmen befürchten weniger einen Rückgang der Nachfrage nach Schneesport als vielmehr betriebliche Einschränkungen als Folge von Naturgewalten.» Es geht aus seiner Sicht also um entsprechende Anpassungsmassnahmen an den Klimawandel – von der Sicherung des Schneesportangebots bis hin zum Ganzjahrestourismus.
Auch der demogra!sche Wandel beschäftigt die Skiindustrie – vor allem mit Blick auf den Arbeitsmarkt. Die Generation der sogenannten Baby-Boomer wird in den kommenden Jahren aus dem Arbeitsmarkt aussteigen. Nachfolgende Generationen kompensieren diesen Rückgang an Arbeitslkräften nicht ausreichend, sodass hier ein Personalmangel droht. Es sei zu prüfen, inwiefern Technologie und Automatisierung den Menschen im Skibetrieb ergänzen oder sogar ersetzen können.
Bereit für die Zukunft?
Für Marlen Marconi, Leiterin strategische Projekte bei Swiss-Ski, ist die Ausgangslage klar: «Die Schneegrenze wird um 300 Meter in die Höhe wandern, und bis ins Jahr 2050 werden Alterung und Urbanisierung der Schweiz zunehmen.» Wenn aber der Schnee schwinde und Schweizer Städte wachsen, müsse sich ihr Verband überlegen, wie lange er noch sein Businessmodell leben kann. «Haben wir als Swiss-Ski noch eine Zukunft? Müssen wir uns hin zu einem Multi-Bergsport-Klub weiterentwickeln? Was ist unsere Identität im Jahr 2050?» Für Marconi ist klar: «Wir müssen diese Dinge angehen, denn unsere Vision ist: Schneesport !ndet auch 2050 noch statt!»
Infos zum Summit und Videos der Vorträge !nden Sie in den Web-Links: unter www.frutiglaender.ch
Fünf Handlungsfelder für Swiss-Ski
Unter dem Dach von Swiss-Ski sind elf Wintersportarten vereint. Swiss-Ski-Direktor Walter Reusser gab zu bedenken, dass «die Rennstrecken der Athleten die Pisten der Touristen sind». Nachhaltigkeit sei also für beide Gruppen ein Thema. Er plädierte für eine Wettkampfkalenderplanung mit vertretbarer Reisetätigkeit und zu Orten, «wo’s wirklich noch Schnee hat.»
Konkret sieht Swiss-Ski folgende weitere Massnahmen vor:
• Erarbeitung eines Masterplans für einen zukunftssicheren Wettkampfund Trainingsbetrieb
• Zusammenarbeit mit Seilbahnen Schweiz, Schweiz Tourismus und dem Verband Schweizer Tourismusmanager
• Weiterentwicklung der Swiss-Ski-Events in allen Dimensionen der Nachhaltigkeit, Investition in innovative Produkte
• dafür sorgen, dass der Schneesport auch von kommenden Generationen als begeisterndes Kulturgut wahrgenommen wird
• beitragen zu einem ökologisch nachhaltigeren Schneesport, das heisst u. a.: Erarbeitung einer Klimastrategie zur Senkung der CO2-Emissionen, umsetzen und ausgestalten der Nachhaltigkeitsstrategie von Swiss-Ski bis 2030.
KM