Woher bezieht der Körper seine Energie?
21.10.2022 GesundheitTeures Öl und Gas sind in aller Munde. Eine drohende Energiekrise und mögliche Mangellagen beherrschen die Medien. Wie produziert eigentlich der menschliche Körper die benötige Energie und wie setzt er sie ein, um die lebenswichtigen Bedingungen im Organismus konstant ...
Teures Öl und Gas sind in aller Munde. Eine drohende Energiekrise und mögliche Mangellagen beherrschen die Medien. Wie produziert eigentlich der menschliche Körper die benötige Energie und wie setzt er sie ein, um die lebenswichtigen Bedingungen im Organismus konstant zu halten?
Um tagtäglich richtig zu funktionieren, benötigt der Mensch Energie. Selbst kann er sie nicht produzieren und muss sie daher über die Nahrung zu sich nehmen. Kurzfristig dienen körpereigene Zuckervorräte in den Muskeln und der Leber sowie überschüssig «angelegte» Fettreserven als Brennstoffe. Aber auch die gehen irgendwann zur Neige, wenn sie über längere Zeit angezapft werden. Nur bei regelmässiger und ausreichender Ernährung läuft der Stoffwechsel rund, arbeiten die Organe, Muskeln, die Verdauung und die geistigen Funktionen korrekt und kann die Körperwärme konstant gehalten.
Getreide und Zucker sind die wichtigsten Lieferanten
Die tägliche Energiezufuhr wird ideal gedeckt, wenn etwa 55 bis 60 Prozent der Nahrungsmittel aus Kohlenhydraten (Getreide, Zucker) bestehen und bis zu 15 Prozent über Eiweisse (Proteine) zugeführt werden. Der Fettanteil der konsumierten Lebensmittel sollte 30 Prozent nicht übersteigen.
Die Kalorie, abgeleitet vom lateinischen calor = Wärme, ist die geläufige, wenn auch veraltete Einheit der verwertbaren Energie in Lebensmitteln. Meist wird sie in Kilokalorien (kcal) oder Kilojoule (kJ) angegeben (siehe Kasten «Energieversorgung und körperliche Leistung»).
Im Prinzip können sich Fette, Kohlenhydrate und Eiweisse bei der Energiegewinnung gegenseitig «vertreten». Sie besitzen jedoch unterschiedliche Brennwerte: Aus einem Gramm Kohlenhydrate gewinnt der Stoffwechsel etwa 4 kcal, gleichviel Energie liefern Proteine. Fette verfügen über einen Brennwert von 9,3 kcal. In der täglichen Energiebilanz gilt es zudem, den Alkohol zu beachten. Dieser besitzt einen hohen Brennwert und liefert pro Gramm etwa 7 kcal.
Zuviel konsumierte Energie wird unter relativ geringem Energieaufwand als Fett eingelagert. Eiweisse sind wichtige Bausteine für Knochen, Muskeln und Organe, als Energielieferanten spielen sie erst bei knappem Nahrungsangebot eine Rolle.
Im Schnitt konsumiert jede Person in der Schweiz täglich gut 3000 kcal. Der jährliche «Energieverzehr» blieb über die letzten zehn Jahre relativ konstant, Tendenz minim sinkend. Etwa 20 Prozent davon stammen aus Getreide und je circa 15 Prozent aus Zucker sowie Milchprodukten. Pro Person gehen jährlich 91 kg Getreide, 36 kg Zucker (knapp 100 g pro Tag!) und gut 301 kg Milchprodukte (ca. 800 g pro Tag) durch Mund und Magen (Zahlen: Bundesamt für Statistik, Ernährung).
Wie wird aus Nährstoffen Energie?
Die Verdauung zerlegt die Speisen in ihre verwertbaren Bausteine, damit diese anschliessend ins Blut aufgenommen und im Körper verteilt werden können. Stoffwechselvorgänge in den Geweben verarbeiten sie dann und gewinnen daraus Energie.
Die körpereigene «Währung» der Energie oder der «Treibstoff», der den Zellen schliesslich zur Verfügung steht, ist eine energiereiche Phosphor-Verbindung mit dem Namen ATP (Adenosin-Tri-Phosphat). Täglich werden im Körper Abermilliarden ATP-Moleküle umgesetzt, entsprechend etwa dem halben Körpergewicht.
Aus Kohlenhydraten entsteht Traubenzucker (Glucose), der wichtigste Energielieferant. Je nach Angebot und Nachfrage wird Glucose zur raschen Energiegewinnung direkt verbrannt oder aber als Glykogen, einem speziellen Zuckerspeicher, in der Leber und den Muskeln gespeichert. Glucose liefert Energie für kurzfristige, intensive Anstrengungen wie beispielsweise einem Sprint. Muskelglykogen reicht für etwa 90 Minuten Belastung, danach benötigt der Körper wieder neue Kohlenhydrate oder er zapft die Fettreserven an.
Weil Fett der energetisch hochwertigste Brennstoff ist, speichert ihn der Körper vorausschauend und nutzt ihn bei länger andauernden Leistungen mit geringer oder mittlerer Intensität zur Gewinnung von Energie. Fettgewebe selbst verbraucht im Ruhezustand fast keine Energie (sehr zum Leidwesen übergewichtiger Personen).
Eiweisse tragen unter normalen Umständen kaum zur Energieversorgung bei. Bei langanhaltenden Leistungen (Ausdauersport) oder bei Hunger, wenn die Zuckerspeicher leer sind, kann der Körper ausnahmsweise auf Eiweissreserven zurückgreifen.
Wie gross ist der Bedarf?
Der Energiebedarf des Menschen setzt sich aus dem Grund- und dem Leistungsumsatz zusammen. In Ruhe und bei gleichbleibender Umgebungstemperatur hält der Grundumsatz die lebenswichtigen Funktionen Atmung, Herz-Kreislauf sowie den Stoffwechsel am Laufen und hält die Köpertemperatur konstant. Je nach Alter, Geschlecht und Körperbau variiert der Grundumsatz. Bei Männern ist er auf Grund des höheren Muskelanteils gegenüber Frauen um 20 bis 30 Prozent höher.
Gemessen in Kalorien beträgt er nach abgeschlossenem Wachstum bei Männern zwischen 1700 bis 1800 kcal, pro Tag (bei Frauen etwa 1300 bis 1400 kcal). Nach dem 50. Altersjahr nimmt er ab.
Eine durchschnittliche Person, die ruhig sitzt, produziert pro Sekunde 100 J (24 cal) Wärme. Dies entspricht etwa der Energie, die nötig ist, um zwei Kilogramm Kartoffeln vom Keller zwei Stockwerke nach oben zu tragen. Bei jeglicher Aktivität, geistiger Arbeit oder leichter körperlicher Tätigkeit kommt der Leistungsumsatz in Schwung und benötigt Energie. Zudem konsumieren Wachstum, Regeneration nach sportlichen Aktivitäten oder nach Krankheiten und vor allem die Wärmeregulation bei wechselnden Umgebungstemperaturen Energie. Der zusätzlich benötigte Bedarf beträgt bei ausschliesslich sitzendenden, wenig anstrengenden Tätigkeiten plus 40 bis 50 Prozent (ca. 500–900 kcal), bei vorwiegend stehender oder gehender Arbeitsweise plus 80 bis 90 Prozent (ca. 1000–1600 kcal) und bei schwerer körperlicher Arbeit bis zu 250 Prozent (3000–4500 kcal).
Was leisten Herz und Hirn?
Das Herz ist ein elektrischer Selbstversorger. Spezielle Herzmuskelzellen produzieren regelmässig Strom, um das Blut in den Kreislauf zu pumpen – 70 ml pro Schlag, fünf Liter pro Minute. Bei täglich rund 100 000 Herzschlägen pumpt es 7000 Liter (entspricht etwa dem Volumen von 47 Badewannen) pro Tag, bei Anstrengung kann das Volumen um das Vier- bis Fünffache ansteigen.
Die Herzarbeit muss zuerst den Druck gegen den Gefässwiderstand aufbauen und dann noch das Blut hinaus in den Kreislauf beschleunigen. Bei hohem Blutdruck und steigender Herzfrequenz ist die zu leistende Arbeit höher. Die normale Leistungsaufnahme des Herzens beträgt mit 1,2 bis 1,5 Watt deutlich weniger als die einer üblichen Glühbirne mit 40 bis 60 W. Zum Vergleich: Ein junger, gesunder Mensch kann durchschnittlich pro Tag eine maximale, rein körperliche Arbeitsleistung von 285 Watt erreichen.
Einen deutlich grösseren Energieverbrauch hat das Gehirn (siehe Kasten).
BEAT INNIGER, OFFIZIN-APOTHEKER FPH, ADELBODEN
Weiterführende Links finden Sie online unter www.frutiglaender.ch in der Rubrik Web-Links.
Das Gehirn hat immer Hunger
Das Gehirn ist das energiehungrigste Organ des Körpers. Mit nur 2 Prozent Anteil am Körpergewicht verbraucht es 20 Prozent der gesamten Energie, entsprechend 200 bis 400 kcal pro Tag. Dies entspricht einer Leistung einer 60-W-Glühbirne, die vier bis acht Stunden lang brennt. Hauptlieferant dieser Energie sind 100 g Traubenzucker pro Tag.
«Das Gehirn ist darauf angelegt, möglichst ökonomisch zu arbeiten. Es braucht 30 Watt Energie, dieses Ding, das ist schon ganz erstaunlich, das ist nicht viel … Glühbirne», beschreibt es Wolf Singer, Neurophysiologe am Max-Planck-Institut für Gehirnforschung. «Mit 30 Watt erzeugt es Welten, von denen die schnellsten Computer nur träumen können.»
Der aktive Austausch von Informationen zwischen den Abermilliarden Nervenzellen kostet Energie, weil ein elektrisches Nervensignal nicht einfach direkt von einer Zelle zur Zielzelle gesendet, sondern auf dem Weg mehrfach über chemische Übertrager weitergeleitet wird. Die Speicherung, Entleerung und Rückgewinnung dieser Neurotransmitter ist sehr energieaufwendig. Zudem sind die Speicherbläschen nicht ganz dicht, Verluste müssen ausgeglichen werden.
Daher hält das Gehirn seinen enormen Energieverbrauch selbst im Schlaf aufrecht.
BI
Coenzym Q10: «Zündkerze im Energiestoffwechsel»
Der Stoffwechsel benötigt nebst den lebenswichtigen Nährstoffen, Vitaminen und Mineralien weitere Mikronährstoffe. Coenzym Q10 ist ein solcher unerlässlicher Faktor für die Energieproduktion in allen lebenden Zellen. Herz, Muskeln, Niere oder Leber sind allesamt Organe mit grossem Energieumsatz und enthalten besonders viel Coenzym Q10. Die hoch effiziente Energieproduktion (Ausbeute von 42 Prozent!) läuft in den Zellkraftwerken (Mitochondrien), wo 95 Prozent der gesamten Körperenergie bereitgestellt werden. Mithilfe von Sauerstoff werden in der sogenannten Atmungskette Nährstoffe in chemische Energie überführt, die dem Organismus zur Verfügung steht. Als elektrochemischer Überträgerstoff spielt Coenzym Q10 dabei eine Schlüsselrolle. Die effiziente Energieproduktion benötigt eine optimale Coenzym Q10-Versorgung. Daher wird Q10 auch als «Zündkerze im Energiestoffwechsel» beschrieben.
Für seine Erkenntnisse zur Rolle von Q10 in der Atmungskette erhielt der britische Forscher Peter Mitchell 1978 den Nobelpreis für Chemie.
BI
Energieversorgung und körperliche Leistung
Kalorie und Joule – Einheiten der Energie
1000 Kalorien (= 1 Kilokalorie, kcal) entspricht der Energie, die man braucht, um einen Liter Wasser von 14,5° Celsius auf 15,5° zu erwärmen.
1 Joule entspricht 4,184 Kalorien und gilt seit 1978 als offizielle Einheit für Energie. Es entspricht der Energie, die nötig ist, um einen Apfel (100 g) um einen Meter anzuheben.
Energiegehalt ausgewählter Lebensmittel
100 g Weissbrot: 240 kcal;
1 Bier, 0,33 l, 4,8 % Alkohol: 112 kcal;
1 Glas Wein, 1 dl, 13 % Alkohol: 92 kcal;
1 Schnaps, 4 cl, 40 % Alkohol: 114 kcal;
1 Tafel Vollmilch-Schokolade, 100 g (54 g Kohlenhydrate, 7 g Eiweiss, 32 g Fett): 547 kcal.
Energiebedarf pro Tag
normale Aktivität: 1800 bis 3500 kcal; HochleistungssportlerInnen: 5000 bis 6000 kcal, Extremwerte bis zu 10 000 kcal.
Energieverbrauch pro Stunde (bei 70 kg Körpergewicht)
Liegen: 70 kcal, Bewegung im Alltag: 140 kcal; zügiges Gehen: 350 kcal; Joggen: 700 kcal; Wettkampfsport: 1050 bis 1400 kcal. QUELLE: ESTHER SEITZ,
SWISS PRÄVENSANA AKADEMIE