Adolf Ogi: «Nie ein Verwalter, stets ein Gestalter»

  30.06.2017 Region, Kultur

«Unser Dölf», der Buchtitel benennt es, war ein Magistrat, der dem Volk gehörte, mit dem man sich gerne identifizierte, der echte Volksnähe hatte, der sagte, was er meinte und tat, was er sagte. Zu seinem bevorstehenden 75. Geburtstag fanden die Herausgeber Annette Weber vom Werd & Weber Verlag und Lukas Heim vom Weltbild-Verlag 75 Wegbegleiter, die von ihren Begegnungen und Erlebnisse mit Adolf «Dölf» Ogi berichteten. Dabei entstand ein interessantes und unterhaltsames, reich bebildertes Buch, welches zugleich auch ein Stück Politikgeschichte widerspiegelt.

Erlebnisse mit Dölf
René Maeder, zur Amtszeit Adolf Ogis Gemeindepräsident von Kandersteg, berichtete von den Anforderungen an die Gemeinde, welche die Empfänge mit sich brachten, von Sicherheitsmassnahmen, die getroffen werden mussten – und von einem verschwundenen Dölf, der in der Kirche sass und die Aufregung um seine Person gar nicht mitbekam. Dann aber auch vom grossen Gewinn, den das Dorf Kandersteg durch Ogi erfuhr, und so gesehen sei Dölf für ihn auch der weltbekannteste Kurdirektor.
Franz Steinegger wusste von seiner Tour mit Dölf auf das Matterhorn zu berichten und wie dabei Konflikte freundschaftlich beigelegt werden konnten. Ulrich Gygi gestand, dass er und Dölf sich oft in den Haaren lagen, sich in Finanzfragen nicht immer einigen konnten. Da sei die Verschuldung durch die Neat gewesen und Otto Stich, welcher in dieser Zeit dreimal Nierensteine hätte operieren müssen. Dölf sei eben nicht nur ein Brückenbauer, sondern auch ein Tunnelbauer gewesen und hätte oft für dicke Luft gesorgt. Auf die Frage Peter Rothenbühlers an Nationalrat Norbert Hochreutener, in welcher Rolle er Adolf Ogi denn in einem Krimi sehen würde, antwortete dieser: «Als Detektiv. Einer wie Columbo, zwar nicht verknautscht mit Regenmantel, aber klug wie dieser, immer prüfend, zurückkehrend und den richtigen Zeitpunkt abwartend, um die Täter zu überführen».
Albert Rösti erinnerte sich gerne daran, wie sie sich in der Schule darüber freuten, als Dölf Nationalrat wurde: «Der wird noch einmal Bundesrat», prophezeiten sie damals – und sollten recht behalten. Zur Zeit der grossen Empfänge sei er noch als Tambour Mitglied der Kandersteger Musikgesellschaft gewesen und hätte mit gros­sem Stolz für Dölf und sein Gefolge getrommelt. Viel später, so Albert Rösti, durfte er von Ogi viel Unterstützung und Rat entgegennehmen. Hansruedi Wandfluh würdigte  die Haltung Ogis, der immer, allen Widrigkeiten zum Trotz,  zur Partei gestanden habe. Durch diese Gespräche erfuhr man Neues, Begebenheiten, welche im Buch nicht vorkommen.

Dölf, die Kunst und die Künstler
Auch Kunstschaffende fanden sich zur Buchvernissage ein. Zu allererst sei Ted Scapa genannt. Der betagte Mann kam angereist, um Dölf das Original des Buchumschlages zum Buch «Freude herrscht» zu überreichen. Auch der Musiker Peter Reber zählte zu den Gästen. Zwar hätte er keinen Buchbeitrag geschrieben, aber durch Dölf ein Interesse an der Politik entwickelt. Christine Lauterburg spielte mit der Geige ihren Ogi-Jutz, fetzig und heiter: «Freude herrscht, we e ne gseh o ghöre.»
Nebst Toni Vescoli, durften auch die «Swiss Ländler Gamblers» nicht fehlen. Viele Anlässe von Dölf bereicherten sie musikalisch, so auch die aktuelle Buchvernissage. Der Künstler Christoph R. Aerni, welcher das gelungene Cover des neuen Buches gestaltete, erzählte von seiner Arbeit. Gerne habe er dieses Porträt gemalt, eine Ehre sei es für ihn gewesen. Das Bild geht nun in den Besitz der Stiftung «Freude herrscht» über, deren Schirmherrin Ogis Tochter Caroline Ogi ist. Die Stiftung wurde zum Gedenken an Ogis verstorbenen Sohn Mathias gegründet.

Es soll das letzte Buch sein
«Genug ist genug» – so Adolf Ogi in seiner Schlussrede. Als die Verleger mit der Idee eines weiteren Buches an ihn herantraten, sei er zunächst erstaunt gewesen. Das Konzept, 75 Wegbegleiter und Zeitzeugen zu Wort kommen lassen, sagte ihm dann aber zu: «So kann man mal den Kropf leeren, auf mir rumtrampeln.» Er entschied, keine einzige Zeile des Manuskripts zu lesen, informierte sich auch nicht darüber, wer die Verfasser waren und sei über das Resultat nun sehr erfreut. «Dankbarkeit herrscht!», formulierte er sein Lob an die Autorinnen und Autoren.
In seiner Schlussrede war Ogi der leidenschaftliche Redner, den alle kennen und schätzen: «Als Politiker muss man auch viel Glück haben. Ohne Sapporo würde ich heute nicht hier stehen, das weiss ich.» Nie sei er ein Verwalter, immer ein Gestalter seines Landes gewesen und habe sich immer als Diener für die Sache verstanden.
«Ich schaue auf die Blümlisalp, die war lange vor mir da und wird noch lange nach mir da sein. Das relativiert doch alles, die eigene Wichtigkeit und so auch die kurze Amtsdauer eines Bundespräsidenten.»

 


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