Jetzt gilt es ernst: Die SVP Oberland ist am Mittwoch in den kantonalen Wahlkampf gestartet. Der Startanlass war eher familiär, man war unter seinesgleichen. Die Wahlslogans hingegen tönen durchaus kämpferisch.

HANS RUDOLF SCHNEIDER
Auf der Bühne sind neben dem Rednerpult Theaterkulissen zu sehen, zwei schöne Holzchalets. Vor dem idyllischen Hintergrund spielt die Musik, zuerst die volkstümliche, dann die politische. Zum Wahlkampfstart der Schweizerischen Volkspartei sind fast alle der 37 Kandidatinnen und Kandidaten aus dem Wahlkreis Oberland nach Aeschi gekommen. Man kennt sich, ist per Du. Im Gemeindesaal gehen die wiederwählbaren Regierungsräte Pierre-Alain Schnegg und Christoph Neuhaus durch die Tischreihen, schütteln jedem und jeder Einzelnen die Hand.

Ausgangslage «so gut wie selten»
Wie so oft an öffentlichen Anlässen streikt zu Beginn der Beamer kurz. Das gibt auch dem Präsidenten der SVP Schweiz, Albert Rösti, Gelegenheit, nach der längeren Parkplatzsuche im letzten Moment auf seinen Platz auf der Bühne zu huschen. Dann gilts ernst: Die Vorstellung der Kandidaten erfolgt in angenehmer Kürze, man kennt sich ja. Moderator Christoph Berger schwört die Anwesenden ein erstes Mal auf die Wichtigkeit der Wahlen vom 25. März ein. «Der bürgerliche Zusammenhalt muss gestärkt werden, wir müssen den Kanton weiterbringen.» Zudem sei die Situation für neue Leute so gut wie selten, da es bei heute sieben SVP-Sitzen im Oberland fünf Vakanzen gibt, macht er den Kandidaten Mut.

Schnegg: «Ist das Sparen?»
Die drei Musikanten spielen in der kurzen Pause immer lauter, sie müssen sich gegen die Diskussionen an den Tischen durchsetzen. Dann erfolgt die nächste Runde: Der Gesundheits- und Fürsorgedirektor Pierre-Alain Schnegg erläuterte, was Positives in seiner knapp anderthalbjährigen Amtszeit erreicht worden sei. Man müsse aber noch vernünftiger werden. «Ich werde mit Schimpfnamen betitelt, als Sparapostel oder Staatsfeind bezeichnet, vor meinem Fenster wird lautstark demonstriert. Dabei erhält meine Direktion dieses Jahr 60 Millionen Franken mehr. In der Politik sagt man dem Sparen, denn gerechnet hat man mit zusätzlichen 90 Millionen. Kann man das einem vernünftigen Bürger erklären?», fragt er. Dass ihn die Vorwürfe treffen, lässt er kurz durchscheinen, erklärt dann aber in neun Punkten, wie er den Kanton wieder auf Kurs bringen möchte: Dazu gehören eine laufende Überprüfung der Auf- und Ausgaben, die Konzentration auf Kernbereiche, das Senken von Steuern und Schulden, Förderung der Wirtschaft und Kundenorientierung der Verwaltung – das sollten eigentlich Selbstverständlichkeiten und nicht Wahlkampfthemen sein, könnte man meinen.

Neuhaus: «Harte Linie»
Sein Kollege Christoph Neuhaus – Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektor – hat einen anderen, etwas aggressiveren Ansatz. Er hat jetzt die Erfahrung von einem Jahrzehnt mit bürgerlicher Minderheit, und nimmt in seinen Aussagen deutlich die Links-Grün-Roten-Politiker ins Visier. Allen alles zu versprechen, ohne die Finanzierung zu berücksichtigen, sei nicht ehrlich. Er bringt eine Liste negativer Beispiele, wo sich eben künftig etwas ändern müsste: bei der tiefen Finanzkraft des Kantons, den steigenden Sozialausgaben und dem zentralen Thema der Sicherheit – unter anderem im Zusammenhang mit der Reithalle. Er selber mit seiner militärischen Nahkampfausbildung habe mittlerweile Angst, dort vorbeizugehen. Und nach Polizeieinsätzen zur Herstellung von Ruhe und Ordnung brauche es dann auch die konsequente Verurteilung der Täter durch die Justiz, ist seine klare Forderung. Das gelte auch für Betrügereien im Sozialbereich auf Kosten des Staates, wo er eine harte Linie verfechte.

Die kurzen Fragerunden mit den beiden Regierungsräten werden gern genutzt. Die Fragen drehen sich um die Berechtigung des Wolfes im Oberland, die Sozialabgaben, die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde, die Raumplanung und deren Grenzen, den Kampf gegen den Hausarztmangel auf dem Land oder die Einführung von Homeoffice und der Digitalisierung in der kantonalen Verwaltung, um Arbeitsplätze von Bern ins Oberland zu verlagern statt umgekehrt. Brisante aktuelle Themen wie die unterschiedlichen Meinungen des Berner Parteivorstands und der Regierungsräte zur Basis über die «No Billag»-Vorlage werden hingegen nicht angesprochen.

«Der Kampf wiederholt sich»
Nachdem Wahlkampfleiterin Marianna Bütschi Tipps zum Ausfüllen der Wahlzettel im Sinne der Partei gegeben hat, macht Albert Rösti den Abschluss des Abends, ein Heimspiel für den Schweizer SVP-Präsidenten aus dem Oberland. Er macht vor allem klar, dass man sich gegen Einflüsse von aussen – sprich EU und Brüssel – wehren wird. Der Kampf um die Unabhängigkeit stelle die Schweiz alle 25 Jahre vor eine Bewährungsprobe – der Landesstreik vor 100 Jahren, der Zweite Weltkrieg, dann die «68er-Jahre» und später der EWR. «Und jetzt sind wir wieder so weit. Wir als Schweiz lassen uns nicht von Brüssel bestimmen.» Deshalb brauche man starke bürgerliche Kantonsregierungen und Parlamente, denn der Bund höre auf die Kantone.

Und wie es so bei Familienanlässen üblich ist, man bleibt nach dem Ende des offiziellen Teils sitzen. Mit dabei ist auch das SVP-Urgestein Fritz Hari aus dem Suldtal. Er wird nächsten Monat 90-jährig. Mit seiner Erfahrung von 16 Jahren im Nationalrat verfolgt er die Voten seiner jungen Parteikollegen gespannt. Die Diskussionen der rund 120 Anwesenden drehen sich dann bei einem Glas auch nicht mehr nur um die Politik.

Von den drei aktuellen SVP-Grossräten im Kreis Frutigen-Niedersimmental sind Christoph Berger (Aeschi) und Hans Rösti (Kandersteg) nicht wiederwählbar. Insgesamt kandidieren 37 Frauen und Männer im SVP-Wahlkreis Oberland, aus dem Frutigland sind dies Rudolf Buchser (Adelboden), Peter Bütschi (Frutigen), Nils Fiechter (Frutigen), Urs Kallen (Frutigen), Daniel Reichenbach (Aeschi), Rudolf Schneider (Reichenbach), Daniel von Allmen (Adelboden), Ernst Wandfluh (Kandergrund) und Kurt Zimmermann (Frutigen).

Die vollständigen Listen des Wahlkreises Oberland finden Sie in unserer Web-Link-Übersicht unter www.frutiglaender.ch/web-links.html

Die SVP geht in den Wahlkampfmodus

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