Die Gemeinde betreibt günstige Kulturförderung
29.05.2018 Frutigen, Kultur, Politik2016 versenkte die Stimmbevölkerung das Aula-Projekt endgültig. Im Sinne der Kulturvereine investieren will die Gemeinde aber trotzdem. Nun hat sie dafür eine elegante Variante gefunden. Reicht sie aus?
JULIAN ZAHND
Die Aula ist vom Tisch. Rund 10 Millionen Franken ...
2016 versenkte die Stimmbevölkerung das Aula-Projekt endgültig. Im Sinne der Kulturvereine investieren will die Gemeinde aber trotzdem. Nun hat sie dafür eine elegante Variante gefunden. Reicht sie aus?
JULIAN ZAHND
Die Aula ist vom Tisch. Rund 10 Millionen Franken hätte ein Neubau für Kulturveranstaltungen gekostet, was der Frutiger Bevölkerung offensichtlich zu teuer war. Vereine, die im Dorf die entsprechende Infrastruktur benötigen, gibt es aber sehr wohl. Am ehesten fündig werden sie derzeit im Simplonsaal. Zentral an der Kanderstegstrasse gelegen, bietet dieser rund 250 Sitz- oder 400 Stehplätze. Der Zahn der Zeit aber nagt an ihm.
«Ich bin nicht auf den Simplonsaal angewiesen»
Gruppierungen wie der Trachtenverein, der Jodlerklub oder die Musikgesellschaft, aber auch Schulen nutzen den Saal samt Bühne für Proben und Kulturabende. Miete bezahlen müssen sie dafür nicht, der Besitzer holt die Einnahmen über die Gastronomie herein. «Wir schenken entweder selber aus oder verkaufen unsere Getränke zu einem vereinbarten Spezialpreis an die Vereine, welche danach selbstständig wirten», sagt Andreas Hossmann, Eigentümer des Hotels Simplon und des dazugehörigen Simplonsaals. Einträglich sei aber beides nicht. Die Einnahmen der Vereine würden bloss ungefähr zwei Prozent seines Jahresumsatzes ausmachen. Zähle man Anlässe wie Bankette oder Beerdigungen hinzu, steige der Anteil auf zirka sechs Prozent. «Ich bin somit nicht auf den Saal angewiesen», schliesst Hossmann.
Verzicht aufs Giesskannenprinzip
Im Gegenzug verursacht die mittlerweile in die Jahre gekommene Infrastruktur Kosten. Im nächsten Jahr etwa sollen Bühne und Beleuchtung erneuert werden, die Investition schlage mit 30 000 bis 40 000 Franken zu Buche, wie Hossmann sagt. Wobei er wenig Lust verspüre, den gesamten Betrag selbst zu übernehmen, der ausschliesslich den Vereinen zugute komme. «Das ist lokale Kulturförderung.»
Daher gelangte Hossmann mit einem Schreiben an die Gemeinde. Darin ersuchte er den Gemeinderat um eine Unterstützung von 10 000 Franken. Bestärkt wurde sein Anliegen von diversen Vereinspräsidenten. Die Botschaft überzeugte: «Der Gemeinderat hat den Betrag bewilligt», bestätigt Obmann Hans Schmid. Darf die öffentliche Hand Geld für Privatprojekte sprechen? Man habe die Argumente sorgfältig abgewogen und sei zum Schluss gekommen, dass der Beitrag im vorliegenden Fall gerechtfertigt sei, so Schmid. Allerdings verlange der Gemeinderat genaue Angaben, wofür das Geld eingesetzt werde. «Wir wollen sicher sein, dass der Betrag ausschliesslich den kulturellen Vereinen zugute kommt. Wir verteilen unser Budget nicht nach dem Giesskannenprinzip», so Schmid.
Die offene Rechnung der Kulturvereine
Es sei sinnvoller, in bestehende Infrastruktur zu investieren, statt in einen Neubau, findet Hossmann. Die Zahlen geben ihm recht, der jüngst gesprochene Betrag der Gemeinde beträgt gerade einmal 0,1 Prozent der Kosten des ehemaligen Aula-Projekts. Für Hans Schmid kommt ein Neubau somit ebenfalls nicht infrage. «Das Volk hat Nein gesagt, den Entscheid akzeptieren wir.»
Dennoch steht die Gemeinde gewissermassen in der Schuld der Kulturvereine. Als die Widi-Halle gebaut wurde, war eine Aula ebenfalls angedacht. Das entsprechende Projekt wurde 1997 an der Urne angenommen, kam aber nie voran. Die budgetierten Kosten stiegen im Laufe der Zeit, weshalb es knapp 20 Jahre später zur erneuten Abstimmung kam. Der Entscheid fiel äussert knapp aus, eine Mehrheit von 50,8 Prozent (42 Stimmen) sprach sich 2016 gegen ein neues Projekt aus.
Dass der Simplonsaal nun von der öffentlichen Hand unterstützt wird, bewerten die nutzenden Vereine positiv. Spürbar ist aber ebenfalls eine weitergehende Erwartungshaltung gegenüber der Gemeinde. Als «Trostpflaster» bezeichnet etwa Werner Schmid vom Jodlerklub Frutigen den Beitrag. Toni Stoller von der Brass Band bestätigt: «Der Entscheid der Gemeinde ist ein guter erster Schritt. Weitere müssen aber folgen.»
Klar ist, dass Andreas Hossmann mittelfrisitig noch mehr investieren will. Kann er dabei auf weitere Unterstützung vonseiten der Gemeinde hoffen? Hans Schmids Signal ist unverbindlich, aber verhalten positiv: «Das wäre durchaus denkbar», so der Obmann.