400 Kilometer Skipiste in Adelboden-Lenk-Gstaad?
29.06.2018 Region, TourismusEine Interessengemeinschaft (IG) setzt sich dafür ein, die Gebiete Adelboden-Lenk und Gstaad zu einem Super-Skiresort zu verbinden. Neben den Bergbahnen sollen davon auch andere touristische Leistungsträger profitieren. Doch würden Wintersportler das Angebot überhaupt ...
Eine Interessengemeinschaft (IG) setzt sich dafür ein, die Gebiete Adelboden-Lenk und Gstaad zu einem Super-Skiresort zu verbinden. Neben den Bergbahnen sollen davon auch andere touristische Leistungsträger profitieren. Doch würden Wintersportler das Angebot überhaupt nutzen?
MARK POLLMEIER
«Das entscheidende Kriterium für die meisten Skifahrer und Snowboarder sind die Grösse des Resorts, das Pistenangebot und die Schneesicherheit.» So äussert sich Petra Krebs, Sprecherin der neu gegründeten IG Skiverbindung, zur Motivation für den Zusammenschluss. Die Zeiten, in denen die Gäste klaglos immer wieder die gleichen Bahnen nutzten, seien schon länger vorbei. Einheimische, aber auch Stammgäste, die einmal die grossen Skiregionen Österreichs, Frankreichs oder Italiens besucht hätten, würden danach vom grenzenlosen Skivergnügen schwärmen, von den kilometerlangen Pisten und unzähligen Anlagen. «Im Vergleich zu unserer Region können sich Wintersportler dort richtig austoben», so Krebs.
Für die IG ist es deshalb naheliegend, die Skigebiete des westlichen Oberlands zusammenzuschalten. Um das volle touristische Entwicklungspotenzial der Region Obersimmental-Saanenland auszuschöpfen, sollen die Skiregionen Gstaad und Adelboden-Lenk mit einem Skibus zwischen den Talstationen Metsch (Lenk) und Ried (Gemeinde St. Stephan) verbunden werden. Aus Adelboden-Lenker Sicht gäbe es in St. Stephan somit einen Einstieg in die Skiregion Gstaad.
Gegen den Dumpingtrend
Wären Adelboden-Lenk und Gstaad verbunden, würden 400 Kilometer zusammenhängende Piste entstehen, so die Überlegung. «Ein Traumprodukt, das sich ideal vermarkten liesse», findet Marcel Bach. Der Gstaader Immobilienkönig hatte schon im vergangenen Herbst öffentlich gegen den Dumpingtrend der Bergbahnen, den sogenannten Saas-Fee-Effekt, gewettert. Für ihn, der auf einen starken Wintertourismus setzt, ist eher die Grösse entscheidend. Sein Appell lautete deshalb: «Verbinden wir Adelboden, Lenk und Gstaad zum Super-Skiresort!»
Nachdem die Bergbahnen Destination Gstaad AG Mitte April angekündigt hatte, die Sesselbahn Ried-Lengebrand zu schliessen, griff eine lose Gruppierung die Vision Marcel Bachs auf. Als IG setzt sie sich seitdem für den Zusammenschluss der Skigebiete ein. Für die Infrastruktur würde die Idee auch bedeuten: vorübergehender Erhalt des Zubringers St. Stephan – und sofortige Planung einer neuen Sesselbahn Ried-Lengebrand. Sofern die beiden Skigebiete verbunden würden, stünden private Investoren bereit, das Projekt Sessellift zu finanzieren. Die neue Bahn ist nötig, um St. Stephan ans Skigebiet Parwengesattel–Lengebrand (Saanenmöser, Zweisimmen, Schönried) anzubinden, das zur Skiregion Gstaad gehört.
TALK stellt Wirtschaftlichkeit in Frage
TALK-Direktor Urs Pfenninger sieht die Ziele der IG Skiverbindung eher skeptisch – vor allem aus wirtschaftlichen Gründen. Das heutige Gästeverhalten zeige, dass Feriengäste kaum von der Lenker Betelberg-Seite ins Gebiet Metsch wechseln würden. Und das, obwohl es hierfür eine komfortable Busverbindung gibt. Umgekehrt wechseln auch von der Adelbodner Seite kaum Gäste auf die Lenker Seite in Richtung Betelberg. «In beide Richtungen sind es keine 5 Prozent», so Pfenninger. Noch geringer sei die Wechselquote bei den Tagesgästen. Wenn aber schon zwischen diesen beiden Gebieten wenig Austausch stattfinde, sei es kaum vorstellbar, dass dies in einem noch grösseren Skiresort geschehe. Dafür eigens Angebote wie eine Busverbindung zu schaffen, lohne sich vermutlich nicht.
Zankapfel Sessellift
Bei der Plänen, die Skigebiete Adelboden-Lenk und Gstaad zusammenzulegen, spielen St. Stephan und die Sesselbahn Ried-Lengebrand eine entscheidende Rolle. Wegen der Sanierung der Anlage hatten sich der St. Stephaner Gemeinderat und die Bergbahnen Destination Gstaad (BDG) zuletzt überworfen. St. Stephan hatte aus finanziellen Gründen entschieden, sich nicht in der geforderten Höhe an den Sanierungskosten für die Sesselbahn Ried-Lengebrand zu beteiligen. Die BDG verkündeten daraufhin die Stilllegung – was man in St. Stephan als «Strafaktion» aus Gstaad verstand. Ferner bezweifelte der Gemeinderat die Gründe für die Schliessung der Anlage – ein Bericht über den angeblich maroden Zustand der Bahn sei nie vorgelegt worden.
Nach den Plänen der IG Skiverbindung sollen eine Ersatzbahn Ried-Lengebrand und die daraus resultierenden Betriebskosten voll aus privaten, externen Mitteln erfolgen. Die BDG, als jetzige Eigentümerin und Betreiberin der Sesselbahn, wären nach eigener Auskunft bereit, die Anlage künftig im Auftrag einer Investorengruppe zu betreiben. Der Vision Marcel Bachs, die Skigebiete Gstaad und Adelboden-Lenk zu verbinden, stünden die BDG aufgeschlossen gegenüber, hiess es. Bach ist nicht nur Visionär, sondern auch Verwaltungsratspräsident und Mitbesitzer der Bergbahnen Gstaad 3000 AG, besser bekannt als Glacier 3000.
POL