Ab Sonntag gilt die «Lightversion»
29.06.2018 Region, PolitikErst war es ein Inländervorrang, nun heisst es Stellenmeldepflicht: Am Sonntag tritt ein wichtiges Element der Masseneinwanderungs initiative in Kraft. Doch der SVP geht die jetzige Variante nicht weit genug – mit einer neuen Initiative hat sie bereits nachgelegt.
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Erst war es ein Inländervorrang, nun heisst es Stellenmeldepflicht: Am Sonntag tritt ein wichtiges Element der Masseneinwanderungs initiative in Kraft. Doch der SVP geht die jetzige Variante nicht weit genug – mit einer neuen Initiative hat sie bereits nachgelegt.
MARK POLLMEIER
Der Inländervorrang war ein zentrales Element zur Begrenzung der Zuwanderung, wie sie die SVP in ihrer Initiative gefordert hatte. Die Umsetzung ist ein nach zähen Verhandlungen gefundener Kompromiss. Ab Sonntag sind Unternehmen bestimmter Branchen verpflichtet, ihre offenen Stellen den Behörden zu melden. Inländer sollen dadurch bei der Stellenbesetzung zumindest einen zeitlichen Vorsprung haben. Diesen sollen sie nutzen, um sich rasch und aus eigener Initiative auf freie Stellen zu bewerben.
Empfangspersonal, Küchenhilfen, Bauberufe
Welche Branchen der Meldepflicht unterliegen, ist abhängig von der jeweiligen Arbeitslosenquote. Ab dem 1. Juli 2018 gilt ein Schwellenwert von 8 Prozent und ab dem 1. Januar 2020 ein Schwellenwert von 5 Prozent. Auf der aktuellen, vom Bundesrat abgesegneten Liste finden sich auch zahlreiche Tätigkeitsfelder, die für die Region relevant sind, so etwa Empfangs- und Servicepersonal, Etagen- und Wäscherei-Kräfte, Küchenpersonal, hauswirtschaftliche BetriebsleiterInnen, landwirtschaftliche Aushilfen oder Berufe des Bauhauptgewerbes. Die Aufzählung gilt bis und mit 31. Dezember 2019.
Bei der Umsetzung des Inländervorrangs steckte das Parlament in einem Dilemma: Es musste abwägen zwischen Personenfreizügigkeit und Verfassungstreue – und gewichtete den bilateralen Weg höher. Als Inländervorrang light wurde die jetzige Lösung verabschiedet.
«Nie da gewesener Verfassungsbruch»
Die SVP, die die Masseneinwanderungsinitiative lanciert hatte, findet die Umsetzung skandalös. Sie sei ein nie da gewesener Verfassungsbruch. Als Reaktion hat die Partei bereits nachgelegt und zusammen mit der Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS) die sogenannte Begrenzungsinitiative auf den Weg gebracht.
Wie die Masseneinwanderungsinitiative verlangt auch der neue Vorstoss eine eigenständige Steuerung der Zuwanderung. Dazu soll der Bundesrat den Auftrag erhalten, das Freizügigkeitsabkommen mit der EU innerhalb eines Jahres ausser Kraft zu setzen und notfalls auch zu kündigen. Laut Parteipräsident Albert Rösti hat die SVP die nötige Unterstützung bereits organisiert: 125 000 Unterschriften seien bereits zusammengekommen. Die Sammelfrist für die Begrenzungsinitiative dauert noch bis am 16. Juli 2019.
Informationen des SECO zur Stellenmeldepflicht finden Sie in unserer Web-Link-Übersicht unter www.frutiglaender.ch/web-links.html
Die neue Regelung in der Praxis
Arbeitgeber sind verpflichtet, den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) freie Stellen aus den meldepflichtigen Berufsgruppen mitzuteilen. Das RAV muss den Arbeitgebern dann binnen drei Arbeitstagen rückmelden, ob passende Dossiers vorliegen. Ist dies der Fall, laden die Arbeitgeber geeignete Stellensuchende zu einem Bewerbungsgespräch oder zur Eignungsabklärung ein. Danach müssen sie dem RAV mitteilen, ob eine Anstellung erfolgt. Gibt es keine einheimischen Bewerber, die in Frage kommen, stehen die freien Stellen auch ausländischen Arbeitsuchenden offen. Meldepflichtige Stellen unterliegen somit einem Publikationsverbot von fünf Arbeitstagen. Diese Frist beginnt am Arbeitstag nach Versand der Bestätigung, dass die Stelle durch das RAV erfasst wurde – und zwar unabhängig davon, ob das RAV den meldenden Arbeitgebern passende Dossiers übermitteln konnte. Zu dieser Regelung gibt es allerdings drei Ausnahmen. Offene Stellen müssen nicht gemeldet werden,
• wenn sie innerhalb eines Unternehmens, einer Unternehmensgruppe oder eines Konzernes besetzt werden mit Personen, die seit mindestens 6 Monaten dort angestellt sind. Dies gilt auch für Lernende, die im Anschluss an die Lehre angestellt werden;
• wenn die Beschäftigung maximal 14 Kalendertage dauert;
• wenn Personen angestellt werden, die mit Zeichnungsberechtigten im Unternehmen durch Ehe oder eingetragene Partnerschaft verbunden oder in gerader Linie oder bis zum ersten Grad in der Seitenlinie verwandt oder verschwägert sind.
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