Nach Einführung von Inländervorrang und Stellenmeldepflicht kritisierte der Verband Gastrosuisse das Vorgehen heftig. Und auch knapp vier Monate später zeigt sich dessen Präsident Casimir Platzer aus Kandersteg davon alles andere als überzeugt.

PETER ROTHACHER
In Berufsarten, bei denen die Arbeitslosigkeit höher als acht Prozent ist, müssen Unternehmen offene Stellen den Regionalen Arbeitsvermittlungen (RAV) melden. Und zwar wegen des auf den 1. Juli zur Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative eingeführten Inländervorrangs. Das Funktionieren des Systems wurde vorab von der Gastrobranche in Frage gestellt. Von «Ineffizienz» und «Bürokratiemonster» war die Rede.

Nun ist fast ein Vierteljahr vergangen, und auf eine entsprechende Frage des «Frutigländers» erklärt Gastro-Suisse-Präsident Casimir Platzer: «Die Situation hat sich nicht verbessert. Dem Gastgewerbe werden ja sehr hohe Arbeitslosenquoten vorgeworfen, aber wenn wir eine Stelle melden, erhalten wir keine oder fast keine Dossiers – da frage ich mich: Wo sind denn die acht bis neun Prozent arbeitswilligen Arbeitslosen?» Er vermute, dass die Branchen-Einordnung der Arbeitslosen weiterhin mangelhaft sei. Zudem erfolge diese generell nach der letzten Tätigkeit. «Wenn also ein Schreiner beispielsweise im Winter zwei Monate in einer Skihütte arbeitet und sich im März beim RAV meldet, ist er demzufolge ein Arbeitsloser des Gastgewerbes.»

Unverhältnismässiger Aufwand
Gastrosuisse habe ein Institut mit einer repräsentativen Umfrage beauftragt, sagt Casimir Platzer. 611 Betriebe seien befragt worden. Das Resultat: Von den gemeldeten Stellen konnten 13 Prozent durch Kandidaten aus dem RAV besetzt werden. «Bei 87 Prozent ist das somit nicht möglich – also ein Riesenaufwand für sehr wenig Wirkung.» Oftmals seien die RAV zudem nicht in der Lage, die festgesetzte dreitägige Frist zur Einreichung der Dossiers einzuhalten. Eigentlich sollten die Vermittlungsstellen den anfragenden Betrieben innert dieser Zeit passende Bewerbungen übermitteln.

Man sei aber in Kontakt mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und dem Bundesamt für Statistik, um die Berufsnomenklatur zu revidieren, damit Arbeitssuchende auch wirklich in die richtigen Branchen eingeteilt würden, informiert Platzer. (Anmerkung der Redaktion: Die aus dem Jahr 2000 stammende Berufsdatenbank des Bundesamts für Statistik enthält derzeit etwa 20 000 Einzelberufe. Die verwendeten Berufsbezeichnungen entsprechen oft nicht mehr der heutigen Arbeitsrealität und sind teilweise zu wenig detailliert.)

Die Saisonstellen als Spezialfall
Auf die eigene Situation im Belle-Epoque-Hotel Victoria in Kandersteg angesprochen, meint Casimir Platzer: «Von den rund 30 Mitarbeitenden sind fünf oder sechs ganzjährig angestellt, die anderen arbeiten in Saisonstellen.» Nach einer gut zweimonatigen Betriebspause werde man am 21. Dezember in die Wintersaison starten. «Und obschon wir auf viele Angestellte von vergangenen Wintern zählen können, müssen wir alle zu besetzenden Stellen melden. Aus meiner Sicht eine groteske Situation.»

Das Staatssekretariat hält dagegen
Fabian Maienfisch, Mediensprecher des Staatssekretariats für Wirtschaft, beurteilt die Situation positiv: «Der Start der Stellenmeldepflicht ist insgesamt erfolgreich verlaufen. Es werden mehr offene Stellen von den Arbeitgebenden gemeldet, als ursprünglich erwartet wurde. Mithin wird die Stellenmeldepflicht durch die Arbeitgebenden befolgt.» Durch die hohe Zahl an Stellenmeldungen – auch in Bereichen, die der Meldepflicht nicht unterstellt seien – würden sich die Chancen der Stellensuchenden erhöhen, eine Arbeit zu finden. Letztlich gehe es ja genau um dieses Ziel. Im Juli 2018 seien den RAV 30 004 und im August 36 410 offene Stellen gemeldet worden, «davon unterlagen immerhin 14 284 beziehungsweise 21 503 der Meldepflicht.»

Der Mediensprecher räumt aber ein: «Selbstverständlich existiert an einigen Orten noch Verbesserungsbedarf. So ist etwa die Überarbeitung der Befrusnomenklatur vom Bundesamt für Statistik mit Unterstützung des SECO in Angriff genommen worden.» Womit er Casimir Platzers Aussage bestätigt.

Von «fast wirkungslos» bis «grotesk»

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