Wie viel dürfen junge Asylsuchende kosten?
19.10.2018 Region, PolitikDer Asylsozialhilfekredit ist vom Berner Stimmvolk bereits einmal verworfen worden. Die daraufhin erfolgten Sparmassnahmen der Regierung gingen der bernischen SVP nicht weit genug. Ein Komitee ergriff darum erneut das Referendum.
PETER ROTHACHER
Mit 54,3 Prozent haben ...
Der Asylsozialhilfekredit ist vom Berner Stimmvolk bereits einmal verworfen worden. Die daraufhin erfolgten Sparmassnahmen der Regierung gingen der bernischen SVP nicht weit genug. Ein Komitee ergriff darum erneut das Referendum.
PETER ROTHACHER
Mit 54,3 Prozent haben die Stimmberechtigten des Kantons Bern im Mai 2017 den Asylsozialhilfekredit in der Höhe von 105 Millionen Franken abgelehnt. Der für vier Jahre bestimmte Kredit war hauptsächlich zur Betreuung und Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden (UMA) vorgesehen. Mit tieferen Tagespauschalen glaubte die Regierung in der Folge dem Sparauftrag der Abstimmungssieger nachzukommen. Den entsprechend angepassten Kredit hat der Grosse Rat mit 100 Ja- zu 47 Nein-Stimmen genehmigt.
Im Vergleich zum heutigen Konzept «Spezialisierung» ermöglicht das neue Unterbringungskonzept allerdings nur eine Kostenreduktion von rund 5,4 Millionen Franken über die neue Vertragslaufzeit von 26 Monaten. Diese Einsparung sei viel zu gering, fand die Berner SVP. Sie hat in der Folge per Referendum (mit 10758 gültigen Unterschriften) eine erneute Abstimmung erzwungen.
Der Kanton geht von 370 UMA aus
Das Referendumskomitee spricht von einer allzu grosszügigen Kalkulation im Asylwesen. Dass der Kanton in der Kreditvorlage mit monatlichen Ausgaben von bis zu 4400 Franken pro unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden rechne, sei «horrend». Der Bund bezahle den Kantonen heute schon 1500 Franken pro Asylsuchenden und Monat für Unterbringung, Versorgung und Krankenversicherung. Da dieser Betrag künftig für UMA fast verdoppelt werde, brauche es also nicht noch Geld vom Kanton.
«Wollen Sie den Kredit für die Unterbringung und Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden 2018–2020 annehmen?», lautet jetzt die Frage am 25. November. Der Kanton Bern geht bei seinen Berechnungen von durchschnittlich 370 UMA aus. Der nun zur Abstimmung gelangende Kredit sei nötig, um deren durch den Bund nicht gedeckte Kosten nach neuem Konzept zu finanzieren. «Dieses trägt dem in der Bundesverfassung verankerten Schutz der Kinder und Jugendlichen weiterhin Rechnung», wird im Abstimmungsbüchlein betont. Dazu gehöre, dass Mädchen und Knaben unter 18 Jahren weiterhin grundsätzlich nicht mit Erwachsenen untergebracht, sondern in besonderen Unterkünften betreut werden.
Auch eine Ablehnung verursacht Kosten
Mit der Betreuung und Unterbringung der UMA hat der Kanton Bern die «Zentrum Bäregg GmbH» beauftragt. Nach der Ablehnung des Kredits für die gesamte Asylsozialhilfe im Mai 2017 konnte der Kanton mit dieser den Leistungsvertrag auf das neue Konzept anpassen. Darauf beruht der vorliegende Kredit.
In der Abstimmungsbotschaft findet sich darum folgender Hinweis: «Lehnen die Stimmberechtigten den Kredit für die Unterbringung und Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden 2018–2020 ab, ist der neue Vertrag mit der ‹Zentrum Bäregg GmbH› ungültig.» Es gelte dann weiterhin bis am 31. Dezember 2019 der teurere Vertrag mit dem ursprünglichen Konzept «Spezialisierung» und der bisherigen Tagespauschale von 171 Franken. Mit einer Senkung der Kosten wäre demzufolge erst ab 1. Januar 2020 zu rechnen.
Bei einer Annahme des Kredits könne das neue Konzept nun jedoch – weil die Volksabstimmung verlangt wurde – auch nicht, wie vom Grossen Rat verabschiedet, am 1. November 2018 umgesetzt werden. Der Vertrag werde frühestens Anfang 2019 und spätestens am 1. März 2019 Gültigkeit erlangen. Dies führe zu Mehrkosten von rund 160 000 Franken pro Monat.