Ein Bekenntnis zu den Skitagen
04.10.2019 Adelboden, Wirtschaft, Tourismus, Sport100 Tage vor dem Weltcup 2020 wollten die Verantwortlichen von ihren Partnern wissen: Soll der defizitäre Event auch in Zukunft ausgetragen werden? Die grosse Mehrheit war dafür – trotz der finanziellen Mehrbelastung, die das für sie bedeuten könnte.
BIANCA ...
100 Tage vor dem Weltcup 2020 wollten die Verantwortlichen von ihren Partnern wissen: Soll der defizitäre Event auch in Zukunft ausgetragen werden? Die grosse Mehrheit war dafür – trotz der finanziellen Mehrbelastung, die das für sie bedeuten könnte.
BIANCA HÜSING
«Dies war der Anfang von der Zukunft des Weltcups.» Christian Haueter tönt nach wie vor zuversichtlich. Der Geschäftsführer der Ski-Weltcup Adelboden AG hatte zum runden Tisch geladen, um ein zentrales Problem zu besprechen: das wiederkehrende Minus in der Jahresrechnung. Am Dienstagabend fand die Zusammenkunft statt, und schon die Tatsache, dass über 100 Teilnehmer kamen, wertet Haueter als positives Signal: «Die Anwesenden haben ein klares Bekenntnis zum Weltcup ausgesprochen.» Dies sei anhand einer konsultativen Abstimmung erfragt worden. Doch um den Anlass mittelfristig zu retten, ist es mit Bekenntnissen allein nicht getan – das weiss auch Haueter.
Fonds für Extremereignisse
Doch zumindest kurzfristig sind die Handlungsoptionen begrenzt. Zum einen sind da die äusseren, nicht kalkulierbaren Risiken, denen der Weltcup Jahr für Jahr ausgesetzt ist, allen voran: das Wetter. Wird wie 2016 ein Rennen wegen Nebels abgesagt, schlägt sich das zwangsläufig in den Einnahmen nieder. Bricht ein Teil der Hauptzufahrtsstrasse weg, wie 2018, entstehen zusätzliche Kosten. All das gehört jedoch zu den Höhen und Tiefen, mit denen auch andere Veranstalter zu kämpfen haben. Ausserdem steht die AG in Extremsituationen nicht ganz allein da, gibt es doch den Weltcupfonds der Gemeinde Adelboden. Dieser wird jährlich mit 25 000 Franken geäufnet, bis er den Deckel von 150 000 Franken erreicht hat. Wird dieses Geld verwendet, beginnt die Äufnung von vorn. Allerdings kommt der Fonds nur bei nicht versicherbaren Schäden oder ausserordentlichen Ereignissen zum Einsatz und auch nur dann, wenn alle Partner (TALK AG, Bergbahnen Adelboden AG, Ski-Weltcup Adelboden AG, Gemeinde Adelboden) zustimmen. Ein «ganz normales» Defizit wird damit nicht aufgefangen.
«Der Umsatz steigt nicht in dem Masse wie der Aufwand»
Die finanzielle Schieflage des Weltcups allein aufs Wetter zu schieben, wäre ohnehin zu einfach und überdies nicht korrekt. «Wir haben seit einigen Jahren ein strukturelles Problem», erklärt Haueter. Sprich: Das Budget geht – auch ohne unvorhergesehene Ereignisse – nicht mehr auf. «Der Umsatz steigt zwar, aber längst nicht in dem Masse wie der Aufwand zunimmt.» Neue Auflagen seitens der FIS oder aus der Politik gehen schnell ins Geld. Allein das durch den Grossen Rat beschlossene Verbot von Einweggeschirr kostet den Weltcup rund 40 000 Franken zusätzlich.
Doch auch bei den übrigen Ausgaben sieht der Geschäftsführer kurzfristig wenig Spielraum. «70 Prozent unseres Aufwands gehen in die Wettkampfrechnung.» Dies umfasse etwa die Infrastruktur, die Unterbringung der Teams, die Gastronomie, das Rennbüro und die Sicherheit. In dieser Rechnung macht die Piste gerade einmal 4 Prozent aus. Läge irgendein Posten mit relevantem Einsparpotenzial auf der Hand, so hätte man diesen laut Haueter längst gestrichen. «Wir können nicht einfach sagen: Stellen wir mal den Personentransport ein oder sparen wir an Sanitätern.» Auch am Personal und am übrigen Betriebsaufwand sei wenig zu machen.
Braucht es höhere Beiträge?
Bleiben nur noch die Einnahmen. Mit kleinen Änderungen im Angebot (siehe Kasten) versuchen die Veranstalter auch im kommenden Jahr, einen Zuwachs zu generieren. Reichen dürfte das aber wohl kaum, um ein sechsstelliges Minus auszugleichen. Erwartet die Ski-Weltcup Adelboden AG mehr finanzielle Unterstützung? Müssen die Profiteure des Events stärker in die Pflicht genommen werden? «Auch dieses Thema werden wir in der Gemeinschaft besprechen müssen», so Haueter. Doch weder hinsichtlich der Ausgaben noch der Einnahmen will sich der Geschäftsführer zu diesem Zeitpunkt konkreter äussern. «Das Treffen vom Dienstag war erst der Anfang. Es ging darum, Transparenz zu schaffen und von den Partnern zu erfahren, ob sie voll hinter dem Weltcup stehen.» In weiteren Treffen müssen dann handfeste Massnahmen folgen – und zwar von beiden Seiten.
Eine der wichtigsten Weltcup-Partnerinnen ist die Gemeinde Adelboden. Entsprechend war auch deren Obmann Markus Gempeler vor Ort. «Die Geschäftsführung hat ihre Situation klar und offen dargelegt», lobt er. Erfreulich sei auch das mehrheitliche Bekenntnis der anwesenden Gewerbler, Touristiker und Landeigentümer pro Weltcup gewesen. Nun seien diese aber auch gefragt, ihren Teil zum Erhalt des Anlasses beizutragen. «Nur mit Worten zahlt man keine Rechnung», so Gempeler. Auch die Gemeinde werde eine Beitragserhöhung prüfen müssen. Bereits heute unterstützt sie den Event mit 40 000 Franken (fix) und 60 000 Franken (auf Antrag) sowie mit diversen Sachleistungen. Einen festen Beitrag von 125 000 Franken hatte die Gemeindeversammlung 2014 abgelehnt. Wäre eine weitere Erhöhung also überhaupt vermittelbar? «Das ist eine Frage der Kommunikation», meint der Obmann, «aber klar ist: Adelboden kann die Last als kleines Dorf nicht allein stemmen und ist auch nicht der einzige Profiteur der Veranstaltung», sagt er mit Blick auf Kanton, Swiss-Ski und FIS. Gleichzeitig begreift er das konsultative Ja auch als Auftrag an den Weltcup, Sparvorschläge und eine Strategie zu erarbeiten.
Der Ticketvorverkauf für den Ski-Weltcup 2020 beginnt heute Freitag um 8 Uhr.
Weltcup 2020: Was ist neu?
Im kommenden Jahr präsentieren sich die Adelbodner Skitage mit einem neuen Logo (siehe oben). Darauf zu sehen ist ein schemenhafter Skifahrer, der den Hang hinuntersaust. Das Logo soll die Dramatik des Rennens und die Steilheit des letzten Streckenabschnitts vermitteln. Auch das Wort «Chuenis» ist als neue Marke abgebildet.
Passend dazu hat die Ski-Weltcup Adelboden AG auch ihre «Sky-Lounge» in «Chuenis-Lounge» umbenannt. Diesen Bereich oberhalb der Tribüne können Kunden als Upgrade dazubuchen.
HÜS