Am ersten Weihnachtstag zogen die «Pelzmartiga» mit Kettengerassel und Treicheln durchs Dorf und verursachten einen Heidenlärm. Mit allerlei Schabernack stellten sie kleinen und grossen Passanten nach.
Der «Grossmarti» trägt eine Pelzhaube und ist in Fell gekleidet. ...
Am ersten Weihnachtstag zogen die «Pelzmartiga» mit Kettengerassel und Treicheln durchs Dorf und verursachten einen Heidenlärm. Mit allerlei Schabernack stellten sie kleinen und grossen Passanten nach.
Der «Grossmarti» trägt eine Pelzhaube und ist in Fell gekleidet. Der «Chindlifrässer» trägt eine Maske mit weit aufgerissenem Mund und bedrohlichen Zähnen; aus seinem Tornister baumeln Beine von Kindern. Der «Chriesmarti» ist ganz in «Tannenchries» gekleidet, der «Blätzlibueb» oder «Lumpemaa» in ein Gewand aus lauter Stofffetzen. Das «Huttefroueli» trägt in ihrer Hutte ihren in Uniform steckenden, kriegsversehrten Mann. Der «Spielkartenmann» ist über und über mit Jasskarten bedeckt. Das «Burli» ist ein einfacher Dorfbewohner mit Tabakpfeife und Zipfelmütze. Der «Lyrimaa» trägt umgestülpte Kleider und kurbelt an einem Leierkasten. Das «Heri» ist ein vornehm gekleideter Herr mit Frack und Zylinder, der die wilde Bande mit der Peitsche zusammenhält und bei Bedarf in die Schranken weist.
Historisch betrachtet hat der Kandersteger Brauch mit all seinen kuriosen Figuren einen ernsten Hintergrund: Die lauten Gestalten sollen die Geister des alten Jahres vertreiben und vor neuem Unheil schützen. Nicht nur Wolf und Bär bedrohten früher die Dorfbewohner, sondern auch Hungersnöte und Krankheiten, Armut, Krieg, Trunk- oder Spielsucht. Viele der wilden Gesellen stehen für eine dieser Gefahren.
Wer die «Pelzmartiga» am ersten Weihnachtstag verpasst hat, kann sich freuen oder das Fürchten lernen: Bereits am 1. Januar sind sie wieder unterwegs.
SONJA REICHEN, TOURIST CENTER KANDERSTEG /REDAKTION