Zwei statt neun Papierdossiers
14.01.2020 Frutigen, Wirtschaft, PolitikVERWALTUNG
Möglichst bald sollen Baugesuche nur noch online bei den lokalen Behörden eingereicht werden. Aktuell braucht es zwar immer noch Papier, doch erste Erfahrungen mit dem eBau-System des Kantons sind positiv.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Es geht wie mit der ...
VERWALTUNG
Möglichst bald sollen Baugesuche nur noch online bei den lokalen Behörden eingereicht werden. Aktuell braucht es zwar immer noch Papier, doch erste Erfahrungen mit dem eBau-System des Kantons sind positiv.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Es geht wie mit der Online-Steuererklärung. Einmal beim Kanton anmelden – das Login für die Online-Steuererklärung ist dafür nutzbar –, dann kann das Dossier mit dem Baugesuch eröffnet werden. Sollten erforderliche Angaben oder Unterlagen fehlen, wird dies rot angezeigt. Wenn alles grün abgehakt ist, kann das Gesuch bei der Gemeinde eingereicht werden. Die weitere Verarbeitung in der Bauverwaltung – vom Versand an Sachbearbeiter, an beteiligte Ämter und bis zur Genehmigung – erfolgt ebenfalls elektronisch.
«Ich empfehle jedem Bauherrn, das auszuprobieren.» Peter Wenger, der Bauverwalter von Frutigen, ist nach der Bewältigung der Anfangsprobleme überzeugt von eBau. Acht von gut 120 Baugesuchen in Frutigen sind im laufenden Jahr elektronisch eingereicht worden. Mit diesen habe man seit dem Start im letzten August auch selber Erfahrungen sammeln können – obschon die Schnittstelle zum eigenen Geschäftsverwaltungsprogramm der Gemeinde noch nicht bereitsteht. Dies wird voraussichtlich ab Mai 2020 funktionieren. «Das hat noch einen gewissen Mehraufwand zur Folge, aber wir wollten jetzt schon mitmachen», ergänzt Wenger.
Das Problem Unterschrift
Nachdem das System im letzten Jahr im Emmental als Pilotprojekt mit mehreren Hundert Gesuchen getestet worden war, war die Einführung eigentlich flächendeckend auf Mitte 2019 vorgesehen. Nun ist der 1. Juli 2020 das Ziel, etliche Gemeinden müssen noch die Schnittstellen zu ihrer bisherigen Software realisieren. Im Idealfall vereinfacht das Onlinesystem dann den Austausch zwischen den verschiedenen Behörden und den Bauherren und spart viel Papier. Statt wie bisher neun identische Dossiers müssen nur noch zwei in Papierform eingereicht werden.
Aber wieso noch Papierausdrucke? «Massgebend dafür ist die handschriftliche und damit rechtsgültige Unterschrift auf diesen Papieren. Sobald die gesetzlichen Voraussetzungen für eine elektronische Identifizierung vorliegen, werden die Baugesuche wirklich komplett digital», erklärt Peter Wenger. Doch das könne noch dauern. Auf absehbare Zeit wird deshalb auch der bisherige Gesuchsantrag auf Papier parallel zum Onlinesystem weitergeführt. «Nicht jeder hat einen Scanner zu Hause und kann Pläne digital anhängen.»
Kontrolle bleibt beim Personal
Wenger betont, dass in Frutigen die eingereichten Akten heute schon digitalisiert werden und so als PDF-Dateien weiterverarbeitet werden können. Dass künftig Baugesuchsteller in die Verwaltung kommen und dort die Online-Formulare ausfüllen können, sieht er derzeit noch nicht als realistisch an. Für die Verwaltung unverändert bleibt natürlich die manuelle inhaltliche Kontrolle der Gesuche, aber die Vereinfachung der Abläufe sei spürbar. «Vom Garagenumbau bis zum Mehrfamilienhaus-Neubau ist das System nutzbar», bekräftigt Peter Wenger. Bei Grossprojekten würden normalerweise Vorabklärungen gemacht, bis das Gesuch gestellt werde, relativiert er.
Planer sehen den Nutzen
Mindestens so wichtig wie die ersten Erfahrungen der Gemeinde sind jene der übrigen Nutzer. Seit Ende August hat beispielsweise das Architekturbüro Jaggi Frei Brügger (JFB) in Frutigen fünf elektronische Baugesuche eingereicht. Ein Baugesuch hat bereits alle Verfahrensschritte durchlaufen und die entsprechende Baubewilligung wurde ausgestellt. «Bisher mussten die Unterlagen – vor allem die Pläne – bis zu zehnfach abgegeben und unterschrieben werden. Mit dem eBau-System müssen die Dokumente nur noch im Doppel eingereicht werden, was für uns eine Zeit- und für die Bauherrschaft eine Kostenersparnis bedeutet», sagt die JFB-Technikerin Livia Riesen. Ein weiterer Vorteil ist, dass alle Angaben nur einmal online ausgefüllt werden müssen – bei mehrfach benötigten Angaben wie Adressen eine Vereinfachung. Zudem erfahren die Planer direkt via Plattform, wenn Bauentscheide gefällt worden sind, ohne beim Bauherrn nachfragen zu müssen. Diese Entscheide mit den Fachberichten können Auflagen betreffend Brandoder Gewässerschutz beinhalten, die sich wieder auf die Planung und Bauausführung auswirken, sagt Riesen. Die Wege würden so kürzer.
Bei so einem komplexen System bedürfen einzelne Punkte verständlicherweise noch der Verbesserung. Es sind zum Beispiel noch nicht alle Formulare integriert, die müssen wie bisher auf herkömmmliche Art und Weise ausgefüllt werden. Konkret gewünscht wird die Möglichkeit, bei den Projektangaben im Gesuchsformular individuelle Bemerkungen erfassen zu können – wie dies bislang möglich war. Aber: «Unsere bisherigen Erfahrungen sind durchweg positiv.»
Alternative: Telefon oder Füsse
Wer also seine Steuererklärung online ausfüllen kann, wird sich im neuen eBau-System rasch zurechtfinden – unter der Voraussetzung, dass er auch offline weiss, was alles zu einem Baugesuch mitgeliefert werden muss. Und wie bisher hilft ansonsten der Griff zum Telefon oder der Gang zur Bauverwaltung.
Wie machen es die anderen Gemeinden?
Rund 20 000 Baugesuche werden pro Jahr im Kanton Bern eingereicht. Damit verbunden sind bisher rund 350 000 Postsendungen. Dass das neue digitale Verfahren enorme Einsparungen bringt und ökologisch Sinn macht, leuchtet darum ein. Und die ersten Erfahrungen der beteiligten Frutigländer Gemeinden sind positiv.
In der Gemeinde Aeschi ist der Zeitpunkt der Einführung von eBau zum heutigen Zeitpunkt noch unklar, wie Gemeindeschreiber Lukas Berger sagt. Der Softwareanbieter sei gegenwärtig daran, die entsprechende Schnittstelle zu schaffen. «Ich gehe davon aus, dass die Einführung von eBau im Verlauf des nächsten Jahres sein wird.» In Reichenbach ist die Situation vergleichbar: Man verfügt über eine Geschäftsverwaltungssoftware mit der Erweiterung «Baupro» für das Baubewilligungsverfahren. «Die Schnittstelle zu eBau ist noch nicht implementiert, dementsprechend sind wir noch nicht aufgeschaltet. Der Zeitplan für die Aufschaltung ist unbekannt» gibt Gemeindeschreiber und Bauverwalter Simon Hari Auskunft. In Adelboden hat man erst vor Jahresfrist eine neue Software beschafft. Wie Gemeindeschreiberin Jolanda Lauber sagt, ist deshalb nur eine Schnittstelle zu eBau geplant, die im Laufe des 2020 realisiert werden soll. Auch aufgrund fehlender personeller Ressourcen sei man heute noch nicht so weit. Dasselbe Vorgehen über eine Schnittstelle zu den vorhandenen Fachanwendungen für die Baugesuchsverwaltung wählt Kandersteg. Gemeindeschreiberin Anita Allenbach: «Es ist geplant, dass Baugesuche ab dem 1. September 2020 in elektronischer Form eingereicht werden können.» Bereits seit August 2019 angeschlossen ist Krattigen. Bisher ist jedoch noch kein Gesuch auf diesem Weg bei der Verwaltung eingereicht worden, wie Gemeindeverwalter Philipp Schopfer sagt. Auch Kandergrund ist mit dabei. Allerdings sei die bewilligungspflichtige Bautätigkeit seit diesem Sommer ziemlich erlahmt, sodass «wir bisher erst ein Gesuch via eBau abgewickelt haben. Ein weiteres läuft noch nach altem System», bilanziert Gemeindeschreiber Martin Trachsel. Wichtig sei, dass die Bauwilligen es wagen, den elektronischen Weg einzuschlagen und keine falschen Ängste aufkommen lassen. «Und schade ist es, wenn grosse Bauunternehmer dies eben nicht machen.» Die ersten Erfahrungen seien aber gar nicht so schlecht.
HSF