Verzögert der Neat-Ausbau die Munitionsräumung?
30.06.2020 Kandergrund, Blausee, Mitholz, Wirtschaft, PolitikDie Gemeindeversammlung genehmigte die gute Jahresrechnung 2019 und einen Parkplatz. Zudem wurden die Anwesenden über die Planungen und möglichen Folgen des Lötschbergtunnel-Ausbaus informiert.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Die beiden traktandierten Sachgeschäfte der ...
Die Gemeindeversammlung genehmigte die gute Jahresrechnung 2019 und einen Parkplatz. Zudem wurden die Anwesenden über die Planungen und möglichen Folgen des Lötschbergtunnel-Ausbaus informiert.
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Die beiden traktandierten Sachgeschäfte der Gemeindeversammlung gingen innert kürzester Zeit über die Bühne (siehe Kasten). Gemeindepräsident Roman Lanz konnte dafür umso ausführlicher darüber informieren, was seit dem letzten Informationsanlass zum Munitionslager Mitholz passiert ist.
Er zeigte eine Präsentation der BLS, aus der hervorging, wie komplex die Planung ist. Aktuell haben insbesondere das VBS, die BLS sowie der Steinbruch und das Hartschotterwerk SHB Koordinationsbedarf. Auf dem SHB-Areal sollen auch die Munitionsentsorgungsanlage und der zentrale Installationsplatz für den Ausbau des Lötschberg-Basistunnels aufgebaut werden. Das Parlament hat den Teilausbau für 920 Millionen Franken bewilligt. Nach dem Ausbruch der noch fehlenden zweiten Bahnröhre zwischen Ferden und Mitholz muss diese ans bestehende Tunnelsystem angeschlossen werden. Dies erfordert eine Komplettsperrung von acht Monaten, wie Lanz erklärt. In dieser Zeit wird ein Grossteil des Bahnverkehrs über die Bergstrecke fahren, was in Mitholz nicht unbedingt Freude macht.
Alternative Vollausbau
Der Mehrverkehr auf der Bergstrecke beisst sich zudem mit dem Vorhaben, während der Räumung der Munition möglichst wenige Personen im Gefahrenperimeter zu haben. Also muss der für 2022–28 vorgesehene Neat-Ausbau vor der Munitionsräumung beendet sein. «Die Baupublikation für den Teilausbau soll Mitte August erfolgen. Der Basistunnel wäre also mit mehr Kapazität als heute nutzbar, wenn die Munitionsräumung 2030 / 31 beginnen soll», so Roman Lanz. Soweit die aktuellen Terminplanungen.
Es gibt aber eine Alternative, die der Gemeindepräsident ebenfalls vorstellte: Die BLS arbeitet parallel zum Teilausbau das Vorprojekt eines Vollausbaus für 1,34 Milliarden Franken aus. Sollte das Parlament 2023 zum Schluss kommen, dass dies doch die bessere Variante ist, wären die Planungen weit fortgeschritten. «Allerdings hätte der Vollausbau zur Folge, dass die Räumung aufgrund der Planungen und der verlängerten Bauzeit erst etwa zwei Jahre später beginnen könnte. Die Bergstrecke wäre dann allerdings komplett vom Güterverkehr entlastet, was auch auf die Schutzmassnahmen an der Bahn Auswirkungen hätte.» Bisher wurden über den Planungsstand dieser von der BLS kapazitätsmässig favorisierten Variante ausschliesslich die politischen Behörden des Kandertals informiert.
Bauland für Mitholzer?
Lanz informierte am Freitag – fast genau zwei Jahre, nachdem Bundesrat Guy Parmelin die neue Risikoeinschätzung verkündet hatte – über weitere wichtige Punkte aus Sicht der Gemeinde. Insbesondere wies er darauf hin, dass auf Kosten des VBS eine zusätzliche 60-Prozent-Verwaltungsstelle geschaffen wird, die sich ausschliesslich um das Projekt Munitionslager kümmert und Verwaltung sowie Gemeinderat entlasten soll. Kandergrund und Kandersteg wollen zudem in der ab 2021 eingesetzten neuen Projektorganisation für die Umsetzung des Räumungsprojektes Einsitz haben.
Ebenfalls als zentral eingestuft werden die ersten Gespräche mit VBS und Kanton im Zusammenhang mit der Umzonung von Land innerhalb der Gemeinde, um neuen Wohnraum für die zum Umzug gezwungenen Mitholzer zu schaffen. Grundbesitzer, deren Land infrage kommt, wurden angefragt. Sie sollen sich bis Mitte Juli äussern, ob sie allenfalls Flächen zur Verfügung stellen würden.
Blausee in Grün-Gelb
Ein Punkt betraf die Markierversuche des VBS in den letzten Wochen. An zwölf Stellen wurde Farbe in den Untergrund gegeben, um die Fliesswege des Grund- respektive Quellwassers herauszufinden. Diese Kenntnisse sind wichtig, sollten Schadstoffe im Munitionsstollen freigesetzt werden. Nun färbte sich plötzlich der Blausee grün-gelb, was Besucher und Besitzer aufschreckte. Proben seitens VBS vom 26. Mai ergaben, dass kein Zusammenhang besteht. Insbesondere Blausee-Mitbesitzer Stefan Linder ist aber skeptisch und verlangt weitere Untersuchungen. Er hat eine erneute Durchführung der Färbetests gefordert, da vorher keine Vergleichsproben aus der Erlibrunnenquelle, die einen Grossteil des Wassers liefert, oder aus dem See genommen wurden. Eine Antwort auf Linders Anliegen sowie die Resultate eigener Wasserproben sind noch ausstehend und werden mit Spannung erwartet, da auch die Bio-Fischzucht von der Qualität des Wassers abhängt.
Einstimmigkeit bei den Sachgeschäften
Die ordentlichen Traktanden wurden diskussionslos und einstimmig genehmigt. Kein Wunder, denn Finanzverwalter Leander Inniger konnte die Rechnung 2019 mit einer Besserstellung gegenüber dem Budget von 400 000 Franken und mit einen Überschuss von 200 000 Franken präsentieren. Massgebend dafür sind unter anderem Überschüsse in den Spezialfinanzierungen Abwasser und Abfall, tiefere Schulgelder, eine Wertberichtigung der Gemeindeliegenschaften im Perimeter des Munitionslagers sowie ein Beitrag der Patenschaft Berggemeinden von 300 000 Franken für den neu gebauten Kindergarten. Der Aufwand des Gesamthaushaltes betrug 3,23 Millionen Franken, Ende Jahr befanden sich 2,84 Millionen Franken Eigenkapital in der Kasse.
Die bewilligte Anpassung der Überbauungsordnung Blausee umfasst die Sicherung des Parkplatzes Tiefenmatti. Dieser soll helfen, dem Verkehrsandrang zu Spitzenzeiten besser Herr zu werden (der «Frutigländer» berichtete). Das auf drei Jahre bewilligte Provisorium kann nun unbeschränkt weiterbetrieben werden.
HSF
Widerstand gegen eine 5G-Antenne
Die Diskussion um die neue Mobilfunkgeneration 5G hat auch Kandergrund erreicht. Aktuell ist ein Baugesuch für eine Antenne auf Privatgrund im Bunderholz publiziert. Ein Anwohner informierte darüber, dass Einsprachen vorbereitet würden, denn die Antenne verschandele den Talboden und man habe schliesslich genug Belastungen – etwa durch die Starkstromleitung. Eine Petition soll die ablehnende Haltung verstärken. Sinn mache die Antenne nur für den Durchgangsverkehr, für Einheimische sei die vorhandene Abdeckung ausreichend.
Roman Lanz konterte die Kritik, die Gemeinde lasse das einfach geschehen. Da es sich um einen Vertrag zwischen Sunrise und dem Liegenschaftsbesitzer handle und alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten würden, behandle die Behörde das Gesuch wie jedes andere auch. Die Gemeinde selbst hat klargemacht, dass auf ihren eigenen Liegenschaften keine Antennen installiert werden sollen. Baubewilligungsbehörde sei das Statthalteramt, gab der Gemeindepräsident auch gleich die richtige Adresse für die Proteste an.
HSF