Ein Papier für die Natur
10.07.2020 Region, Natur, PolitikDie Landschaft verändert sich kontinuierlich durch Naturereignisse, gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen oder Bauten. Im neuen kantonalen Entwicklungskonzept sind Ziele fixiert – doch für wen gelten diese?
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Das Frutigland ist ...
Die Landschaft verändert sich kontinuierlich durch Naturereignisse, gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen oder Bauten. Im neuen kantonalen Entwicklungskonzept sind Ziele fixiert – doch für wen gelten diese?
HANS RUDOLF SCHNEIDER
Das Frutigland ist eine wunderbare Gegend. Von den grünen Talböden bis zu den schneebedeckten felsigen Gipfeln umfasst sie verschiedenste Landschaftstypen mit speziellen Eigenarten. Dazu muss Sorge getragen werden, und dennoch soll eine massvolle Entwicklung möglich sein. Dazu hat der Kanton das Landschaftsentwicklungskonzept 2020 (KLEK 2020) beschlossen, eine aktualisierte Fassung des bestehenden Papiers von 1998. Er legt darin Richtlinien fest, damit «die Schönheit und Vielfalt der Berner Landschaften in ihrer Qualität erhalten und unter Stärkung der regionstypischen natürlichen und kulturellen Eigenarten weiterentwickelt werden kann». Es wird damit kein neues Recht geschaffen, sondern bestehende Vorgaben werden zusammengefasst.
Vom Talboden bis zum Schneegipfel
Das Kantonsgebiet wurde in 20 typische Landschaftstypen eingeteilt und deren Eigenheiten wurden detailliert beschrieben. Es folgen Zielvorgaben, die von den Behörden verbindlich berücksichtigt werden müssen. Diese umfassen neben kantonsweiten Grundsätzen auch lokale Aspekte. Das Kandertal bis nach Mitholz ist dabei als höhere Tallandschaft der Nordalpen eingestuft. Sobald der Talboden verlassen wird, ist man in der Berglandschaft der Nordalpen – wie der grösste Teil des Oberlandes – und das Grenzgebiet zum Wallis ist folgerichtig als Hochgebirgslandschaft eingestuft.
Die drei Frutigland-Typen
In den besiedelten Räumen der höheren Tallandschaft wird grosser Wert auf die Erhaltung freier Räume gelegt. Neue Bauten sollen einerseits in die bestehenden Streusiedlungen passen, aber auch auf typische Ortsbilder und auf das kulturgeschichtliche Umfeld wie historische Verkehrswege Rücksicht nehmen. Aufgeführt sind insbesondere auch touristische Anlagen, die am liebsten nur in bereits genutzten respektive bebauten Zonen erstellt werden sollen.
Die Berglandschaft oberhalb der Talböden bietet eine grosse Dynamik mit der entsprechenden Lebensraumqualität, aber eben auch mit Schadenpotenzial. Durch die strukturreiche und naturnahe Landschaft stelle diese Gegend einen grossen Anteil der Lebensraumund Artenvielfalt des Kantons sicher, heisst es im Konzept, dazu kommen grossflächige Schutzwälder. Besondere Erwähnung finden die vielfältigen Formen der Landwirtschaft, aber auch die Problematik der Vergandung, wenn Alpen nicht mehr bewirtschaftet werden.
In der Hochgebirgslandschaft wird in den Zielen der Erhalt der dynamischen Entwicklung aufgeführt, das heisst beispielsweise die Bildung von Gletschervorfelder oder Schwemmebenen. Die Alpwirtschaft in den tieferen Lagen wird begrüsst, nicht mehr genutzte oder unterhaltene Bauten sollen hingegen vor allem in Landschaftsteilen von nationaler Bedeutung beseitigt werden.
Auswirkungen auf Bauvorhaben
Im Kanton Bern tragen die Gemeinden, die Planungsregionen beziehungsweise Regionalkonferenzen und der Kanton gemeinsam Verantwortung für die Landschaft. Wesentlich ist deshalb die Koordination. Beachtet werden müssen die im Konzept zusammengefassten Richtlinien vor allem bei Infrastruktur- und Bauprojekten. Diese haben den direktesten und sichtbarsten Einfluss auf die Landschaft. Die Erreichung der Konzeptziele soll übrigens durch regelmässige Landschaftsbeobachtungen überprüft werden – eine nicht einfache Aufgabe.
Die Links zu den verschiedenen Dokumenten sowie der interaktiven Karte finden Sie in unserer Web-Link-Übersicht unter www.frutiglaender. ch/web-links.html