Nichts geht ohne den Steinbruch
06.10.2020 Kandergrund, Blausee, Mitholz, Wirtschaft, PolitikDie Klärung der Frage, was das Forellensterben am Blausee ausgelöst hat, steht noch aus. Was jetzt schon absehbar ist: Das Steinbruchgelände oberhalb des Sees wird noch viele Jahre für Grossprojekte genutzt werden.
MARK POLLMEIER
Am 25. September hatten das ...
Die Klärung der Frage, was das Forellensterben am Blausee ausgelöst hat, steht noch aus. Was jetzt schon absehbar ist: Das Steinbruchgelände oberhalb des Sees wird noch viele Jahre für Grossprojekte genutzt werden.
MARK POLLMEIER
Am 25. September hatten das Bundesamt für Verkehr und das Bundesamt für Umwelt einen gemeinsamen Ortstermin im Steinbruch Mitholz. Überprüft werden sollte, ob die «Materialbewirtschaftung» nun vorschriftsmässig erfolgt. Das betraf zum Beispiel rund 1000 Tonnen belasteten Schotters, der wieder ausgebaggert und entsorgt werden musste.
Alle, die in die festgestellten Unregelmässigkeiten involviert waren, achten nun sehr darauf, dass die Arbeiten korrekt ablaufen. So hatte die SHB Steinbruch + Hartschotterwerk Blausee-Mitholz AG bereits am 22. September mitgeteilt, «dass sämtliches Ausfallkornmaterial aus dem Gleisaushub entfernt wurde und keinerlei Hinweise auf noch vorhandene Belastungen im Bereich des Steinbruchs bestehen». Die Vertreter der Bundesämter hatten offenbar nichts zu beanstanden.
Erhöhte Aufmerksamkeit
Seit diesem Monat müssen nun alle potenziell belasteten Materialien aus dem Lötschbergtunnel in geschlossenen Containern umgeschlagen werden, und die beteiligten Firmen wissen, dass sie sich keine gröberen Schnitzer mehr erlauben dürfen. Nach den Negativschlagzeilen der letzten Wochen werden Politik und Behörden nun ganz genau hinschauen – zum Beispiel der zuständige Berner Regierungsrat Christoph Neuhaus. Nachdem er durch die «Schotteraffäre» selbst unter Druck geraten war, hatte er öffentlich damit gedroht, die Arbeiten zu stoppen, sollte es weitere Verstösse geben. Jedem war klar: Es wäre ein Desaster, sollte dieser Fall eintreten.
Abgesehen vom aktuellen Sanierungsprojekt im Scheiteltunnel haben Politik und Wirtschaft auch langfristig grosses Interesse daran, dass im Steinbruch von Mitholz alles mit rechten Dingen zugeht. Und das aus gutem Grund: Wegen seiner Lage ist das Areal gleich für zwei künftige Grossprojekte von Bedeutung.
Sprengstoff und Bauarbeiter
Zunächst wird es gebraucht, wenn dereinst der Lötschberg-Basistunnel ausgebaut wird, sei es nun teilweise oder komplett. Gemäss BLS ist vorgesehen, auf dem Steinbruchareal die Unterkünfte für die Arbeiter zu errichten. Das freilich geht nur, wenn das Gelände nicht als belastet deklariert wird.
Wäre der Lötschberg-Basistunnel fertiggestellt, würde gleich das nächste Mammutvorhaben relevant: die Räumung des ehemaligen Munitionslagers. Nach heutigem Zeitplan des VBS könnte es 2030 so weit sein, und auch für dieses Projekt eignet sich der Steinbruch wegen seiner räumlichen Nähe ideal – zum Beispiel, um dort geborgene Sprengkörper zwischenzulagern oder zu entschärfen.
Die aktuellen Besitzer des Blausees werden an all dem wenig Freude haben. Zum einen wirken ihre Forellen-Probleme neben all den Milliardenprojekten geradezu winzig. Zum anderen könnten auch der Ausbau des Basistunnels und die Sprengstoffräumung ökologisch heikle Nebenwirkungen haben. Sollte sich die These vom kontaminierten Grundwasser also bestätigen, wäre das nicht nur für den Blausee eine schlechte Nachricht.