Ab heute sind die Gastrobetriebe zu – auch jene in den Skigebieten. Während die einen kurzfristig Alternativen schaffen, hoffen andere bereits auf die Sportferien.

RETO KOLLER
Es kam, wie es kommen musste: Am vergangenen Freitag verschärfte der Bundesrat die Covid-19-Vorschriften ein weiteres Mal und verfügte die Schliessung aller Restaurant- und Barbetriebe ab heute Dienstag. Das Skigebiet Adelboden-Lenk ist bekannt für seine originellen Pistenbeizen und die grossen, leistungsfähigen Bergrestaurants.

Imbiss auf Strohballen
Toni Hersche ist Restaurantleiter auf dem Sillerenbühl. Er ist einerseits enttäuscht über die Schliessung «seines» Bergrestaurants. Andererseits ist er nicht unglücklich über das klare Verdikt. «Nun wissen wir für den kommenden Monat Bescheid, was gilt. Das fast wöchentliche Umschreiben der Schutzkonzepte und der Personaldienstpläne aufgrund der ständig wechselnden Vorgaben dürfte nun bis am 22. Januar 2021 ein Ende haben», meint er. Die 50-Gäste-Regel sei für seinen grossen Betrieb mit vielen Hundert Innen- und Aussenplätzen ohnehin sehr unbefriedigend gewesen und habe mehr Kosten als Erträge gebracht, zieht er über das bis gestern Montag gültige Regime Bilanz. Die Miete des Drehkreuzes zur Gästeregulierung und die zusätzlichen Toiletten hätten den Betrieb bisher rund 20 000 Franken gekostet.

Der gestandene Berg-Gastronom wird zusammen mit seinem Team das bereits bestehende Take-away-Angebot weiter ausbauen. «Es ist bereits während der letzten Tage gut gelaufen», so Hersche. Zurzeit sei die Verordnung über das Einrichten von Picknickzonen noch nicht im Detail bekannt. Es würden jedoch mit Sicherheit die heute schon geltenden Vorschriften in Kraft bleiben, insbesondere die Distanzregel und die Maximalzahl von 15 Personen. Hersche will mittels Strohballen zusätzliche Sitzgelegenheiten schaffen, damit sich die Schneesportler-Innen einigermassen bequem ihren Chicken Nuggets, ihrem Salat oder ihrer warmen Suppe widmen können. «Es ist zurzeit das Einzige, was wir anbieten können», kommentiert Hersche. Er wird seinen 38 Mitarbeitenden Kurzarbeit verordnen müssen: «Das reduzierte Angebot schaffen wir mit etwa sechs Arbeitskräften pro Tag», schätzt er. Trotz aller Enttäuschung hätten die vielen Skigäste auf die ausserordentliche Lage bisher sehr verständnisvoll reagiert. «Ich habe sogar häufig tröstende Worte empfangen dürfen», sagt Hersche mit Galgenhumor.

Keine Ravioli mehr in der «Chüejerstube»
In «normalen» Zeiten gehört das Pistenbeizli Chüejerstube nicht weit von der Talstation des Lavey-Liftes zu den Geheimtipps im Skigebiet. Im Innenraum und auf der Sonnenterrasse verpflegen sich an Spitzentagen jeweils rund 100 Gäste mit den legendären Ravioli und geniessen ein Glas ausgesuchten Schweizer Weines dazu.

Ab heute müssen die beiden Besitzer Toni und Martin Gempeler aber kapitulieren. «Ein Take-away ist für unseren kleinen Betrieb zu aufwendig», erklärt Martin Gempeler. Auch er nimmt den Beizli-Lockdown mit der gebotenen Gelassenheit entgegen: «Wir führen die ‹Chüejerstube› nun seit 25 Jahren und haben in dieser langen Zeit schon manches erlebt. Er erinnert an den Februar 1999, als alle Anlagen wegen hoher Lawinengefahr auch während der Hochsaison eine ganze Woche lang stillstanden – dies trotz schönsten Wetters. «Als wir Mitte März 2020 wegen des ersten Corona-Lockdowns vorzeitig schliessen mussten, waren wir dankbar, dass uns dieses Schicksal nicht während der Festtage getroffen hatte. Nun ist es halt doch Tatsache geworden.» Gempeler hofft, dass sich die Situation nach dem 22. Januar wieder einigermassen beruhigen wird. Immerhin beginnen dann die lukrativen Sportferien, die jeweils Tausende von Schneesportlern in die Berge locken. Ob dies auch während der kommenden vier Wochen so sein wird, ist sehr ungewiss. Für viele Skifahrer und Snowboarderinnen gehört der Besuch auf der Sonnenterrasse einfach zu einem gelungenen Schneesporttag dazu.

Picknickzonen am Pistenrand

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