Schlammschlacht um den Mitholz-Schlamm
29.01.2021 Kandergrund, Blausee, Mitholz, Analyse, WirtschaftDie Vorgänge im Steinbruch Mitholz beschäftigen die Justiz seit Monaten. Daneben wird vor Gericht auch noch um eine andere Frage gerungen: Welche Infos über die Affäre an die Öffentlichkeit dringen dürfen. Die Blausee AG hat nun klar gemacht, dass sie sich den Mund nicht verbieten ...
Die Vorgänge im Steinbruch Mitholz beschäftigen die Justiz seit Monaten. Daneben wird vor Gericht auch noch um eine andere Frage gerungen: Welche Infos über die Affäre an die Öffentlichkeit dringen dürfen. Die Blausee AG hat nun klar gemacht, dass sie sich den Mund nicht verbieten lassen will.
MARK POLLMEIER
Zwischenzeitlich hatte es so ausgesehen, als könnte sich die aufgeheizte Stimmung in der Affäre Blausee wieder ein wenig abkühlen. Ende November und Mitte Dezember hatten sich Beteiligte und Kontrahenten an einem runden Tisch zusammengesetzt. Zuletzt war ein unabhängiges Fachbüro mit Untersuchungen beauftragt und ein externer Moderator für kommende Treffen benannt worden. Doch die Ruhe war trügerisch.
Erst letzte Woche enthüllte die Berner Zeitung, dass zweifelhafte Abfälle offenbar schon jahrelang nach Mitholz gekarrt und dort deponiert wurden – teils über weite Strecken, etwa aus dem Kanton Zürich. Gestern sorgte schliesslich die Blausee AG für die nächste Episode der Endlosgeschichte. Nach Darstellung des Blausee-Verwaltungsrats versucht die Vigier AG mit juristischen Mitteln zu verhindern, dass weitere Infos zu den Umweltvergehen an die Öffentlichkeit gelangen. «Den Blausee-Besitzern soll ein Maulkorb umgehängt werden», so der erste Satz der entsprechenden Medienmitteilung.
Virtuose Medienarbeit
Bei Skandalen dieser Dimension geht es stets auch darum, wer die Deutungshoheit hat. Bislang liegt diese eindeutig bei der Blausee AG. Sie hat überhaupt erst dafür gesorgt, dass die Vorgänge im Steinbruch Mitholz publik wurden und sich dabei auch virtuos der Medien bedient. Alle übrigen Beteiligten sind seit dem vergangenen September ins Hintertreffen geraten, die Behörden ebenso wie die Justiz und die beschuldigten Unternehmen. Es ist insofern nachvollziehbar, dass die Vigier AG hinter den Kulissen alle Möglichkeiten nutzt, um Schadensbegrenzung zu betreiben. Schon jetzt hat das Unternehmen, dem der Steinbruch Mitholz gehört, durch die ständigen Enthüllungen einen beträchtlichen Imageschaden erlitten.
Doch die Blausee AG ist nicht irgendwer. Die Eigentümer des bekannen Tourismusmagneten sind prominent, haben gute Kontakte und die finanziellen Ressourcen, sich zu wehren. Und wie die gestrige Medienmitteilung zeigt, beherrschen sie die Krisenkommunikation nach wie vor besser als alle anderen. Selbst wenn die Anwälte der Vigier AG bei der Staatswanwaltschaft Erfolg haben sollten: Mit ihrem Vorpreschen sind die Blausee-Eigentümer einem «Maulkorb» geschickt zuvorgekommen und haben damit erneut gepunktet. In der Öffentlichkeit bleibt nun der Eindruck, dass hier mit juristischen Tricks etwas verschleiert werden soll.
Die Vigier AG dagegen steht weiter unter Druck und reiht einen PR-Gau an den nächsten. Sicher, die Betreiberin des Steinbruchs Mitholz ist in einer ungünstigen Situation: Sie kann immer nur reagieren, während die Blausee AG und die Medien den Takt vorgeben und man von Seiten der Justiz wenig bis gar nichts hört. Und doch ist es erstaunlich, wie der mächtige Vigier-Konzern sich derart ungeschickt in die Defensive manövriert hat.
Ob der Umweltskandal in Mitholz restlos aufgeklärt werden kann, bleibt weiter abzuwarten. Für Kommunikationsexperten ist der Fall jedenfalls schon jetzt ein Lehrstück.